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Konflikte: Wie bleibe ich fair?

Konflikte gehören zu jeder Beziehung. Darum ist es sinnvoll, dass du dir eine gute Technik angewöhnst, über Konflikte zu reden. Ganz wichtig dabei ist, welche Haltung du gegenüber deiner Partnerin*deinem Partner hast.

So werden Konflikte nicht gelöst

Eine Frau und ein Mann streiten, sie wirft einen Teller auf den Boden

Bei Meinungsverschiedenheiten kannst du beleidigt sein und deine*n Partner*in mit Schweigen und Liebesentzug bestrafen. Du kannst auch vorwurfsvoll darauf bestehen, dass du recht hast und sie*er nur etwas einsichtiger sein müsste, dann wäre alles wieder in Ordnung. Solche Verhaltensweisen wirken mit der Zeit wie Gift auf Beziehungen. Denn der*die andere gibt vielleicht klein bei, um die Stimmung wieder besser zu machen, aber baut insgeheim einen Groll gegen dich auf und wendet sich von dir ab.

Geht es um Rechthaben oder Problemlösen?

Wenn dein einziger Wunsch ist, den*die Partner*in davon zu überzeugen, dass du recht hast, ist euer Gespräch zum Scheitern verurteilt. Konflikte können nur dann gelöst werden, wenn du die andere Person ernst nimmst und dich wirklich dafür interessiert, was sie denkt, braucht und will. Es geht schliesslich nicht darum, wer recht hat, sondern dass ihr gemeinsam eine Lösung findet. Kannst du auch mal zwei Meinungen bestehen lassen? Ihr seid zwei unterschiedliche Menschen mit zwei unterschiedlichen Köpfen. Eigenständigkeit ist sehr wichtig für gute Liebesbeziehungen.

Warum ist Fairbleiben so wichtig?

Es ist eine gute Idee, dir eine gute Technik anzugewöhnen, über Konflikte zu reden. Es gibt Methoden, miteinander über Konflikte zu reden, die euch weiterbringen. Andere Methoden führen zur Eskalation – sprich: zu einem bösen Streit und immer weiteren Verletzungen. Jeder unfaire Streit ist Wasser aufs Feuer der Liebe. Zu viel Wasser löscht das Feuer. Die Fronten verhärten sich; das Gefühl des «Miteinander» geht verloren. Deshalb: Paare, die im Konflikt fair bleiben, gewinnen. Als Paar.

Kann ich zuhören?

Um herauszufinden, was die andere Person denkt, musst du ihr zuhören. Wir lesen alle gern Gedanken, aber Zuhören bringt uns viel weiter. Zuhören ist eine Fähigkeit, die jeder Mensch lernen kann. Dazu muss er das Zuhören üben. Beschimpf die andere Person also nicht, wenn ihr das Zuhören nicht gleich gelingt. Bei schwierigen Themen regt man sich auf – und fällt dem anderen vielleicht ins Wort. Kehre immer wieder zum Zuhören zurück und frag nach, wenn du etwas nicht verstehst.

Interessanterweise kann der Mensch im Stress tatsächlich nicht so gut zuhören. Denn dein Körper wähnt sich dann in Gefahr. Die Ohren sind dann eher für schrille und dumpfe Töne sensibel, aber nicht für die menschliche Stimme. Das hängt mit deinem autonomen Nervensystem (ANS) zusammen. Wir empfehlen dir dazu diesen Text.

Wie bewahre ich Ruhe?

Ihr habt einen Konflikt? Oder du hast dich über deine*n Partner*in geärgert? Kannst du trotzdem abwarten und das Thema einigermassen ruhig ansprechen? Oder schreist du los, explodierst vor Wut und zeigst deutlich deinen Frust? Was tut dein*e Partner*in in einem solchen Fall? Bei einem Konflikt ist es ganz wichtig, dass du probierst, ruhig zu bleiben. Wenn du aufgeregt bist, kannst du nicht mehr klar denken. So sagst du wirklich verletzende Dinge, die du nachher bereust. Verlieren tut ihr dann beide. In diesem Text erfährst du, wie du dich besser beruhigen kannst. Wenn du merkst, dass du aufgeregt wirst, nimm dir eine Streitauszeit mit vorher vereinbarten Regeln. Mehr dazu erfährst du in diesem Text.

Wieso hilft mir Eigenständigkeit?

Je schwieriger oder heikler das Thema, desto eher sollest du vorsichtig und tolerant sein. Oft passiert allerdings genau das Gegenteil. Da wird mit Methoden gegeneinander gekämpft, die jeder Schiedsrichter verbieten würde. Diese Methoden kommen zum Einsatz, wenn ihr euch im Streit in eurer Person angegriffen fühlt. Deshalb ist im Streit oft kein Mittel zu schade, um Angriffe abzuwehren und die andere Person anzugreifen.

Du kannst mit solchen Angriffen besser umgehen, wenn du eigenständiger bist. Eigenständig heisst, dass du dich besser selbst beruhigen und trösten kannst und nicht so von der anderen Person abhängig bist. Lies dazu bitte unsere Tipps für mehr Eigenständigkeit.

Warum sind die Worte «immer» und «nie» tabu?

Versuch, bei der Sache zu bleiben. Egal was dein*e Partner*in früher verbrochen hat. Vermeide Worte wie «immer», «nie», «typisch», «alles» und «schon wieder». Falls du diese Wörter doch verwendest, ist es eine gute Idee, wenn du dich nachher entschuldigst. «Nie spülst du das Geschirr!», brüllt man im Streit. Vielleicht hat er*sie heute morgen wirklich nicht abgespült. Wenn du aus dem «heute morgen» ein «nie» machst, bläst du das Problem auf. Und es klingt so, als ob nicht das Geschirr von heute morgen dich stört, sondern er*sie als Person dich ganz grundsätzlich stört. Das bringt jeden Menschen dazu, sich zu verteidigen. Bezieh dich deshalb auf die Dinge, die dein*e Partner*in gerade konkret macht, und verallgemeinere nicht.

Warum ist «ich» besser als «du»?

Die meisten Sätze, die im Streit mit «du» beginnen, sind Vorwürfe. Vorwürfe sind Angriffe. Überleg mal, wie du selbst auf Vorwürfe reagierst. Wahrscheinlich wirst du frustriert und wütend – wie die meisten Menschen. Dann hörst du nicht mehr zu. Die Folge ist: dein*e Partner*in ist enttäuscht und du bist ärgerlich. Ihr kommt im Gespräch nicht weiter, und ihr werdet das Thema in der Zukunft vielleicht vermeiden. Rede über dich. Darüber wie es dir geht und was du willst. Da fühlt sich die andere Person nicht so angegriffen.

Was will ich?

Sehr oft werfen sich Partner*innen an den Kopf, was alles nicht stimmt. Dabei vergessen sie, einander mitzuteilen, was sie sich wünschen. Da heisst es: «Nie spülst du das Geschirr!» statt «Ich würde mich darüber freuen, wenn du das Geschirr spülst». Versuch ihr immer mitzuteilen, was du willst. Wenn du einer anderen Person sagst, was du nicht willst, fühlt sie sich eher kritisiert. Wenn du ihr sagst, was du willst, hat sie ein konkretes Bild davon, was sie tun kann.

Wie geht es mir?

Ein Mann und eine Frau gehen nebeneinander und reden. Beide haben ernste Gesichtsausdrücke.

Ja, es ist sinnvoll, wenn du deine Partnerin*deinen Partner wissen lässt, wie es dir geht. Das heisst: Schau erst mal nach, wie es dir geht. Oftmals vergessen wir das. Welche Gefühle rumoren durch dich, wenn du an das Konfliktthema denkst? Welche Gedanken? Warum? Hinter Wut verstecken sich oft andere Gefühle. Oft ist das Angst: Angst, nicht gehört oder nicht ernst genommen zu werden. Unterzugehen. Zu versagen. Nicht geliebt zu werden. Zurückgewiesen zu werden. Verlassen zu werden. Partner*innen können uns gehörig an die Nieren gehen, weil sie uns so nahe stehen. Da kann schon mal dein Selbstwert oder dein Selbstbild gehörig ins Wanken geraten.

Lass dir Zeit, rauszufinden, was dich wirklich plagt. Rede mit Vertrauenspersonen darüber, falls das möglich ist. Du kanst deine Gedanken auch aufschreiben. Es lohnt sich. Stell dir vor, du sagst nach längerem Nachdenken auf einem Spaziergang deinem Partner*deiner Partnerin: "Ich hab eigentlich total Angst, dass das zwischen uns nicht klappt, weil ich mir eigentlich wünsche, dass du mehr Verantwortung für den Haushalt übernimmst, weil ich eigentlich mit dir Kinder will und Angst habe, dass wir das nicht stemmen. Ich glaube, für mich ist Geschirrspülen so ein Zeichen von Veratwortung übernehmen. Verstehst du?"

Kannst du dir vorstellen, dass daraus ein konstruktives Gespräch werden kann?

Warum ist weniger mehr?

Faires Reden über Konflikte funktioniert nicht nach dem Motto: «Wenn wir schonmal dabei sind, kann ich dir ja alles auftischen, was mich an dir stört». Es ist ganz einfach weniger überwältigend, der anderen Person mundgerechte Zwiebelringe zu servieren, statt ihr die ganze Zwiebel auf einmal in den Mund stopfen zu wollen. Die wird sie nämlich angewidert ausspucken. Die Ringe schluckt sie wohl eher. Also: Bleib bei einem Thema, und verschiebe andere Themen. Du wirst sie sicherlich nicht vergessen, und der Zeitpunkt wird nächsten Sonntag definitiv besser sein. Bei wichtigen Sachen ist es besonders geschickt, einen günstigen Zeitpunkt dafür abzuwarten.

Warum hilft Mitgefühl?

Hab Mitgefühl. Merke: Je stärker jemand explodiert, desto mehr ist er unter Stress. Desto mehr fühlt er sich bedroht in seinem Selbstwert, seinem Selbstbild. So ungeschickt er es tut, er will hier etwas mitteilen. Nichts beruhigt Menschen so sehr wie mitfühlendes Zuhören. Wenn deine Partnerin*dein Partner «Ja», «Ich verstehe dich» oder «Das tut mir leid» hört, fühlt sie*er sich ernst genommen.

Warum ist «aber» gefährlich?

Schau genau, wie du das Wort «aber» verwendest. Jedes «aber» macht das, was vorher gesagt wurde, zunichte: «Ich verstehe dich, aber versteh du auch mich?» – da hört die andere Person nur den Vorwurf, dass sie dich nicht versteht. Wenn du hingegen sagst: «Ich bin frustriert, weil ich mich nicht verstanden fühle – aber ich glaube, ich versteh deine Wut», dann fühlt sich die andere Person verstanden.

Was, wenn der andere nicht aufhört, zu streiten?

Es braucht immer zwei zum Streiten, aber nur einen, um einen Streit aufzuhören. Diese Person kannst du sein. Lass dich nicht mehr auf den Streit ein und bleib dabei. Zu einem späteren Zeitpunkt kannst du ein Treffen für ein klärendes Gespräch vereinbaren.

Wir empfehlen dir auch den Text Ich werde in meiner Beziehung immer kritisiert – was tun?

Wann ist Hilfe nötig?

Wenn es euch nicht gelingt, einen Konflikt zu lösen, können euch vielleicht andere Personen weiterhelfen. Gibt es unter euren Familienmitgliedern, Freund*innen oder Kolleg*innen vertrauensvolle Ansprechpersonen? Auch eine professionelle Paarberatung ist kein Luxus.