Hallo liebes Lilli-Team,
ich bin weiblich, 28 Jahre alt und lebe in Deutschland. Erst einmal wollte ich euch sagen, dass ich es ganz toll finde, dass Ihr euch so viel Mühe gibt, alle Fragen so gut Ihr könnt zu beantworten. Ich bewundere euer Engagement.
Nun zu mir. Ich habe ein Problem, dass mich seit einigen Wochen beschäftigt. Da ich niemanden habe, der mir bei meinen Sorgen helfen könnte, möchte ich es an dieser Stelle versuchen, da ihr mir bereits zweimal gute Tipps gegeben habt. Die haben jedoch mit meiner derzeitigen Situation nichts zu tun.
Erst einmal eine gute Sache vorweg. Da ich in meinem jetzigen Job sehr unzufrieden bin, habe ich mich dazu überwinden können, mich an anderer Stelle zu bewerben. Ich habe auch eine Zusage bekommen. Der Job ist wirklich gut. [...] Jetzt aber zu meinem Problem: Seit meiner Kindheit leide ich an psychischen Problemen. Unter anderem Depressionen, einer shizoiden Persönlichkeitsstörung (bitte nicht mit Schizophrenie verwechseln!) und an einer dependenten Persönlichkeitsstörung. Daher bin ich auf den regelmäßigen Besuch bei einem Psychotherapeuten angewiesen.
Zur Zeit besuche ich eine Therapie. Ich habe das Gefühl, dass es mir sehr gut tut. Die Therapiesitzungen finden jetzt und in Zukunft Nachmittags statt. Aufgrund meiner jetzigen Arbeitszeiten kann ich direkt nach der Arbeit zu meinem Therapeuten gehen, ohne dass ich früher Feierabend machen muss. Niemand weiß, dass ich zum Psychologen gehe. Sobald ich jedoch meine andere Stelle antrete, habe ich eine Stunde später Feierabend. Dass heißt, dass ich, obwohl sich mein Therapeut im gleichen Stadtteil aufhält, mindestens eine halbe Stunde früher Feierabend machen muss. Leider kann mein Therapeut mir keinen späteren Termin anbieten. Mir ist zwar bewusst, dass ein Arbeitgeber den Arbeitnehmer für ärztliche Termine freistellen muss, jedoch würde das irgendwann Fragen aufwerfen, wieso ich einmal in der Woche bzw. alle vierzehn Tage früher Feierabend machen muss, abgesehen davon, dass es einen schlechten Eindruck auf mich macht.
Daher bin ich der MEining, dass ich mit meinem neuen Arbeitgeber über meine Situation sprechen muss, was mir wiederum große Sorgen bereitet. Menschen wie ich haben im allgemeinen ein schlechtes Image und gelten als weniger leistungsfähig. Ich habe große Angst, dass ich dadurch meinen Job verlieren werde. Andererseits, weiß ich nicht, ob ich mit der Therapie einfach so aufhören kann, da sie sehr wichtig für mich und meinen Alltag ist. Mit meinem Therapeuten habe ich noch nicht darüber gesprochen, ich habe mich noch nicht getraut.
Was soll ich tun?
Unsere Antwort
Erst einmal vielen Dank für dein Lob. Es freut mich, dass du unsere Antworten bisher hilfreich fandest.
Du beweist viel Mut und Kraft dadurch, dass du eine Therapie machst. Und du merkst, dass es dir hilft. Ich verstehe dennoch deine Sorge. Es ist sehr schade, dass Menschen immer noch Angst davor haben müssen, dass sie benachteiligt werden, wenn ihr Arbeitgeber von ihrer Psychotherapie erfährt. Denn eigentlich verdienen Menschen Respekt und Anerkennung dafür, dass sie an sich arbeiten wollen.
Für die meisten Berufe gilt, dass du deinem Arbeitgeber nicht sagen musst, dass du in psychologischer Behandlung bist. Du kannst den Job also guten Gewissens annehmen. Auch bei anderen gesundheitliche Beschwerden kann es schließlich sein, dass eine Person regelmäßig zu Terminen muss. Zum Beispiel zur Physiotherapie. Natürlich musst du deinem Arbeitgeber aber ankündigen, wenn du früher gehen musst. Sag deinem Chef, dass du regelmäßige Arzttermine wahrnehmen musst und dass ein späterer Termin leider nicht möglich ist. Er darf dann eigentlich nicht fragen, um was es dabei geht. Eine halbe Stunde früher zu gehen, sollte hoffentlich kein großes Problem darstellen. Du kannst deinem Arbeitgeber anbieten, dass du dafür früher kommst oder an einem anderen Tag länger bleibst. Sicher findet sich hierfür eine Lösung. Wenn du Einsatz zeigst und dein Chef mit deiner Arbeit zufrieden ist, wird ihn diese eine Sache vermutlich eher nicht stören.
Ich empfehle dir außerdem sehr, mit deinem Therapeuten darüber zu sprechen. Du schreibst, du hast dich bisher nicht getraut. Wovor hast du Angst? Du stellst eine völlig berechtigte Frage und dein Therapeut wird sicher verstehen, dass dich das beschäftigt. Er kann dir vielleicht noch weitere Tipps geben oder dir helfen, das Gespräch mit deinem Chef vorzubereiten. Dein Therapeut könnte dir auch bescheinigen, dass ein späterer Termin nicht möglich ist. Dann erfährt dein Arbeitgeber aber natürlich, dass du zu einem Psychotherapeuten gehst.
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