Hallo, mein Freund (m,24) und ich (21,w ) haben folgendes Problem: Beim Sex kann er meist nicht in mich eindringen, da sein Penis kurz davor oder auch währenddessen wieder weich wird. Die Erektion ist zwar noch da, aber reicht wohl nicht so ganz aus.
Ich habe auf euer Seite nun viel zum Thema "Üben" und sexueller Erregung gelesen. Das macht alles Sinn.
Jedoch frage mich: Warum liest man so wenig über sexuelle Probleme bei Teenagern, die ihre ersten Erfahrungen machen? Wenn man sexuelle Erregung erst lernen muss, müssten dann nicht viele bei ihren ersten Sexversuchen Probleme mit der Erektion haben? Auch das Thema Selbstbefriedigung wird nie damit in Verbindung gebracht.
Wir haben auch schon nach Erektionsproblemen gegoogelt, und auch dort ist immer nur von älteren Menschen mit viel Erfahrung die Rede. Genannt werden dann nur psychische Ursachen oder körperliche.
Von sexuellem Lernen wird da nie gesprochen. Warum nicht? Und kann es wirklich so einfach sein? Dass man nur ausreichend üben muss und sich dadurch probleme lösen können? Das ist alles so abstrakt und ich kann mir so schlecht vorstellen, dass das Training alleine wirklich dafür sorgrn soll, dass ich als frau mehr spüre oder dass der mann seine erektion besser halten kann. Es klingt auf der einen Seite total simpel, gleichzeitig aber wahnsinnig mühselig, als müssten wir jetzt monatelang für unseren Sex üben. Dank für eure Antwort.
Unsere Antwort
Du stellst ausgesprochen spannende Fragen.
Es braucht ein gewisses Selbstverständnis, um sich aktiv um die Überwindung der Grenzen in der eigenen Sexualentwicklung zu bemühen. Da sind wir heute in einer ganz neuen Zeit angelangt, wo schon viele junge Menschen sich früh Unterstützung suchen. Wir erhalten regelmässig Fragen von jungen Menschen, die Probleme in sexuellen Begegnungen erleben. Wir wollen dazu beitragen, dass es sich mehr und mehr Menschen wert sind, bei vorliegenden sexuellen Problemen in die Überwindung der Grenzen ihres sexuellen Lernprozesses zu investieren. Denn unsere sexualtherapeutische Erfahrung zeigt, dass viele Menschen jahrelang ihre sexuellen Ängste und Sorgen mit sich herumtragen, bevor sie sich Hilfe holen und mit jemandem reden.
Das liegt auch daran, dass keine menschliche Fähigkeit in ihrer Entwicklung von den Eltern und der Gesellschaft so wenig unterstützt, begleitet und verstanden wird wie die Sexualität. Im Gegenteil: Viele Eltern sind froh, wenn Sexualität im Leben ihrer Kinder möglichst lange keine offensichtliche Rolle spielt. Unter anderem, weil ihnen das Wissen fehlt, wie sie unterstützen können, ohne übergriffig oder selbst überfordert zu sein.
Deshalb ist es umso wünschenswerter, dass sich heutzutage Menschen schon in jungen Jahren Hilfe holen. Gerade bei jungen Männern spielt auch die Menge an Testosteron eine grosse Rolle. Das Testosteron gleicht in jungen Jahren also noch einiges aus. Da funktioniert die Erektion einfach schon bei kleinen Reizen ziemlich gut. Die Probleme treten erst dann in Erscheinung, wenn das Testosteron mit dem Alter weniger wird. Das wird bei vielen Männern ungefähr mit 40 Jahren spürbar.
Nun noch ein paar Gedanken zum sexuellen Lernen: Du schreibst, als würde nur dann Lernen stattfinden, wenn man sich aktiv dazu entscheidet. Doch wir üben und lernen ununterbrochen. Jede Wiederholung dessen, was wir schon können, bedeutet, dass wir es noch ein bisschen mehr in unserem Gehirn verankern. Die Grundlage für das sexuelle Lernen ist unser plastisches Gehirn. Das bedeutet unser Gehirn, also auch deins und meins, verändert sich ständig und ein Leben lang. Also haben alle Menschen auch schon als Teenager eine ganz eigene sexuelle Lerngeschichte, die sich in den Nervenbahnen im Gehirn spiegelt. Ältere Menschen mit viel Erfahrung hatten unglaublich viele Gelegenheiten, ihre Muster so richtig einzuschleifen. Das kann, aber muss nicht, zu sexuellen Problemen führen.
Du fragst zurecht, wieso an anderer Stelle nicht vom sexuellen Lernen die Rede ist. Das liegt daran, dass es in unserer komplexen Welt immer verschiedene Ansätze gibt, um die Welt zu verstehen und zu beeinflussen. Es braucht Zeit und das Engagement vieler Personen, damit sich neue wissenschaftliche Erkenntnisse etablieren. Wenn sich das Verständnis wandelt, braucht das Zeit, um neue Konzepte zu entwickeln und sie dann hinaus in die Welt zu tragen. Menschen wissen das, was einer breiten Masse an Wissen zur Verfügung gestellt wird, zum Beispiel an Schulen und Universitäten oder über Medien, die viele Menschen nutzen. Dafür braucht es also Veranstaltungen, an denen das Wissen geteilt wird, es braucht Ausbildungen, Menschen, die darüber sprechen und Medien, die das neue Wissen aufgreifen. Das dauert viele, viele Jahre und es werden stets mehrere Erklärungswege nebeneinander existieren.
Das sexuelle Lernen widerspricht ausserdem ganz grundlegend der Vorstellung von Sex, als etwas, das spontan funktioniert, wenn man „Hindernisse“ entfernt. Das war aber jahrzehntelang die einzige gängige Vorstellung, wie Sex funktioniert. Die Fachwelt ging davon aus, dass Sex einfach von allein funktioniert, wenn keine psychischen oder körperlichen Faktoren sie behindern. In der Praxis zeigten sich aber viele Fälle, wo trotz erfolgreicher Psychotherapie oder erfolgreicher Behandlung körperlicher Probleme, die Probleme in der Sexualität weiterhin bestanden.
Ich möchte dich zum Vertiefen auf diese Beschreibung des Konzepts Sexocorporel auf ziss.ch verweisen. Für deine Frage ist insbesondere Punkt 5 interessant.
Nach diesem Abstecher in die Theorie noch zu deiner ganz praktischen Frage: Müsst ihr jetzt monatelang mühselig für euren Sex üben? Ja und nein. Das entscheidende am Lernen ist die Neugier und die Bereitschaft, Neues zu erkunden. Und dann braucht es noch etwas Geduld. Wenn es euch jetzt gar zu mühselig erscheint, könntet ihr schauen, wie ihr es euch spaßiger gestaltet. Wie wäre es zum Beispiel, wenn ihr gemeinsam seinen Penis an das gewöhnt, was er in der Vagina erlebt. Zum Beispiel mit einer ordentlichen Portion Öl und er bewegt mit Beckenbewegungen seinen Penis in deinen öligen Händen.
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