Hallo,
ich (w,32) bin dabei mich in meinen Psychotherapeuten zu verlieben. Wie komme ich aus dieser Sache wieder raus?
Ich bin seit über einem Jahr in Traumatherapie und möchte mir die hart erarbeiteten Erfolge und die therapeutische Beziehung nicht kaputt machen.
Dennoch merke ich, dass ich mich immer mehr zu ihm hingezogen fühle und mir in Gadanken mehr mit ihm vorstelle. Selber bin ich seit Jahren in einer festen und glücklichen Partnerschaft. LG
Unsere Antwort
Du bist in grosser Gesellschaft. «In einer Studie von 2017 aus Österreich gaben 31 % von 2000 Befragten an, eine erotische Anziehungskraft ihres Therapeuten empfunden zu haben.»
Das ist leicht zu verstehen: Der Therapeut erwartet dich, ist immer freundlich, ist vertrauter als die meisten Menschen deines Beziehungsnetzes. Du musst dich nie mit seinen Macken abgeben. Wenn er ein guter Profi ist, ist er in der Sitzung nur für dich da. Hast du so viel Aufmerksamkeit, Intimität und Einseitigkeit schon mal mit einem anderen Menschen erlebt? Deine Gefühle erleben bei ihm eine ganz neue Freiheit. Die wollen sie nicht verlieren. Dein Fantasie wird dir bereits erzählen, was du alles wie mit ihm teilen wirst. Gefühle denken nicht viel nach und irren sich manchmal bei den Bedürfnissen. Und Therapeuten sind nur so lange ideale Partner, wie sie in ihrer Therapeutenrolle bleiben.
Du hast dir auch schon selbst überlegt: Weder die Erfolge noch die tragende therapeutische Beziehung möchtest du aufs Spiel setzen. Das macht Sinn! Wahrscheinlich liegt dir auch an deiner festen und glücklichen Partnerschaft, die du auf Augenhöhe führst und nicht in der Schieflage einer therapeutischen Beziehung.
Darum solltest du deinen Gefühlen jetzt beim Nachdenken helfen. Als Partnerin oder Geliebte deines Therapeuten hättest du die besondere Position der Patientin nicht mehr. Dieser Teil deines Therapeuten würde dann den anderen Patient*innen zugute kommen. Du hättest den privaten Mann, dessen Patientin du mal gewesen bist. So eine Konstellation macht eigentlich immer unglücklich. Im Deutsches Ärzteblatt findest du einen langen Artikel, der Psychotherapeut*innen berät, wie sie sich in Verliebtheitsfällen verhalten sollen. Wenn dein Therapeut ein guter Profi ist, wird er deine Verliebtheit verstehen und mit dir voller Respekt besprechen können. Er wird keine sexuellen Handlungen machen und auch keine Liebesbeziehung anbieten. Vielleicht merkst du selbst schon, dass deine grossen Gefühle der Grund für deine Heilungserfolge sind. Er wird es hoffentlich schon wissen.
Die Fakten weisst du wahrscheinlich schon: Psychotherapeut*innen, die sexuelle Handlungen mit Patient"innen machen, verstossen gegen ihre Berufsethik. Das kann sie die berufliche Zulassung kosten. Die Verantwortung für die sexuellen Handlungen liegen bei den professionellen. Es gibt unter Behandelnden auch 'schwarze Schafe', die sexuelle Übergriffe beabsichtigen. Zu denen gehört dein Therapeut hoffentlich nicht.
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