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Frage Nr. 34987 von 06.05.2022

Liebes lilli Team,
Mein Mann hat mir gesagt, dass er sich in der midlife Krise befindet. Ich wollte gerne mehr dazu wissen. Bei ihm ist es so eine Art Unzufriedenheit auf allen Ebenen.
Der Job ist stressig und routiniert gleichzeitig, ihm wurde eine höhere Position angeboten und er hat das Ansehen aller Mitarbeiter und Vorgesetzten und bekommt im Allgemeinen im Job viel Anerkennung. Alle gratulieren ihn zum neuen Posten, zu dem ich ihn auch noch ermutigt habe, aber irgendwie freut er sich nicht so richtig darüber und zweifelt auch an sich. Ok dachte ich, muss er sich noch dran gewöhnen. Das familiäre Zusammenleben findet er auch anstrengend und langweilig. Vor allem vermisst er, dass er seinem Hobby nicht mehr so zeitintensiv nachgehen kann. Wird besser, wenn unser jüngstes Kind älter wird, ist gerade erst zwei Jahre alt, sagt er auch. (...) Manchmal erschrickt mich aber seine negative Einstellung zu allem. Ich versuche schon, das alles nicht zu persönlich zu nehmen. Eigentlich haben wir recht viel schon zusammen bewältigt. Objektiv verstehe ich immer nicht so richtig was sein Problem ist. Wir haben viel erreicht zusammen. Aber das scheint ihm gerade nicht so viel zu geben. Mittlerweile weiß ich nicht mehr wie ernst ich sein "Gegrummel" nehmen muss. Ich bin ja gerne für ihn da, aber könnt ihr mir sagen wie ich damit besser umgehen kann. Ist das nur eine Phase oder der Anfang vom Ende? Es gibt auch positive Veränderungen, er bewegt sich mehr, macht gerne Radtouren mit der Familie, selbst seine Freunde sind überrascht, dass er Sport macht. Das gefällt mir auch, dass er jetzt nicht mehr so ein Couchpotato ist. Wir haben Spieleabende für uns als Paar entdeckt. Am Sex haben wir auch gearbeitet und mittlerweile auch wieder mehr Spaß zusammen. Obwohl er auch da schon sagte, er bemerkte, dass die Libido nicht mehr so viel da ist wie früher. Wir können aber auch offener sprechen über unseren Sex als früher. Auch wenn wir merken, dass wir jetzt im "Alter"(w/ 37 und m/ 43) gewisse Anpassungen vornehmen müssen, Missionarstellung zb müssen wir variieren weil sie sonst zu anstrengend wird oä. Angst habe ich davor, dass er irgendwann ausbrechen oder so wird, weil ihm alles zu viel wird. Habt ihr Tipps für mich? Meine großen Kinder sind in der Präpubertät, der kleine in der Autonomie Phase und der Mann in der Midlife crisis,
(...)
Aber wir haben uns ja ein Leben zusammen aufgebaut, wenn der Partner dann alles doof findet, naja auf Dauer macht das was mit mir. Wenn ich mir unsere Eltern angucke in ihren langen Beziehungen, dann lässt mich das ja hoffen, dass es irgendwann bei uns auch mal besser wird. Wenn wir alles gemeistert haben. Sollte ich mich einfach mehr entspannen? (...)
Ich finde es schon einen großen Schritt, dass er seine Krise überhaupt einräumt. Vorher hatte ich immer das Gefühl, dass er mich und die Kinder irgendwie verantwortlich machen will für seine negative Situation. Wenn ich dann versucht habe mit ihm rational durch zu gehen was wie zusammen hängt, kam ich für mich immer gar nicht zu dem Ergebnis. Fand ich sehr anstrengend. (...) Wenn ich dann Lösungen/ Veränderungen suchen will, nimmt er das dann auch nicht an.
(...)
Wir sind mittlerweile in Paarberatung. Aber leider hat es mein Mann mit seiner Art geschafft unsere Beraterin davon zu überzeugen, dass ich an allem Schuld bin. Dass ich einfach selber unzufrieden bin und nur selber was dagegen tun kann (...) Ein Teil von mir nimmt das irgendwie noch schnell an, wenn einer sagt, dass das nur meine Wahrnehmung ist. Wie kann ich das verbessern? Ich tue ja schon alles dafür, ich habe Hobbys, Freundinnen und eigene Interessen, das ist nicht mein Problem, sondern, dass er zunehmend unzufrieden wirkt, mich dafür verantwortlich machen will und mich das belastet. Gleichzeitig will er mir immer alles madig machen, egal ob es meine Freundinnen sind, dass ich stundenlang telefoniere, dass er meine Hobbys doof findet oder albern wenn ich in meinem Alter noch in die Disco gehe. (...) Ich versuche schon immer das an mir Abprallen zu lassen, oder mit ihm darüber zu reden. Aber manchmal ärgert mich das, umgekehrt unterstütze ihn immer in allem. Manchmal denke ich er liebt mich gar nicht mehr, wenn er so zu mir ist. Liege ich richtig damit oder bin ich doch das Problem? Danke

Unsere Antwort

Du hast uns einen sehr langen Text geschrieben. Ich habe ihn gekürzt. Das zeigt, dass dir viel auf dem Herzen liegt. Ich kann im Rahmen unserer Beratung nicht auf jedes Detail eingehen, aber ich schicke dir mal ein paar Gedanken zu deiner Situation. Das sind alles nur Startpunkte und Denkanstöße. Daher glaube ich, dass eine persönliche Beratung für dich und euch sehr hilfreich wäre. Ich bin froh, dass ihr schon in einer Paarberatung seid. Du solltest der Beraterin aber sagen, dass du das Gefühl hast, sie steht zu sehr auf seiner Seite. Vielleicht versucht sie dann nochmal, dich besser zu verstehen. Falls nicht, dann solltet ihr euch jemand anderen suchen. Denn ihr müsst euch beide gehört und gesehen fühlen.

1) Du bist offensichtlich sehr reflektiert und denkst viel nach. Ich frage mich, wie es sich auf emotionaler Ebene anfühlt für dich. Du sagst, das alles „macht was mit mir“?  Was genau macht es mit dir? Welche Gefühle sind da? Welche Bedürfnisse? Und erlaubst du dir, diese Gefühle und Bedürfnisse auch? Oder zensierst du dich dabei?

2) Du sprichst allgemein viel von ihm und seiner Unzufriedenheit. Wie zufrieden bist du denn mit der Beziehung? Habt ihr Zeit für euch als Paar? Hast du Zeit für dich allein?

3) Zu deiner Frage, ob du dich einfach „mehr entspannen“ und abwarten solltest. Natürlich hast du recht, dass es mit kleinen Kindern einfach besonders anstrengend und viel ist. Ein Stück weit wird sich das tatsächlich einfach dadurch bessern, dass sie älter werden. Aber es ist dennoch keine gute Idee, darauf zu hoffen, dass irgendwann einfach alles von allein wieder gut wird. Denn „alles gemeistert“ hat man im Leben nie. Deshalb brauch es das Gefühl, dass man alles meistern kann. Und das entsteht dadurch, dass man ein gutes Team ist. Dafür muss aber im Hier und Jetzt etwas gemacht werden, und nicht erst irgendwann später. Was tut ihr denn, um im Alltag eure Verbindung zueinander zu behalten? Sagt ihr euch regelmäßig, wie es euch geht? Wie entscheidet ihr, wie euer Alltag organisiert ist?

4) Du fragst, ob das „alles nur deine Wahrnehmung“ ist. Grundsätzlich ist alles erstmal unsere Wahrnehmung. Wir können die Welt nicht objektiv sehen – kein Mensch kann das. Die Frage ist aber, wie entsteht deine Wahrnehmung. Du schreibst zum Beispiel, er findet deine Hobbys albern. Woher weißt du das? Hat er das direkt so gesagt? Dann darfst du dich auch darüber ärgern oder enttäuscht sein. Du kannst ihn auch fragen, wieso er das tut. Das wäre ein gutes Thema für eure Paarberatung.

5) Grundsätzlich klingt es so, als könnte dein Mann auch von psychologischer Einzelberatung profitieren. Er hat verstanden, dass er eine Krise hat. Das ist seine Baustelle. Natürlich kannst du ihn dabei unterstützen, aber er muss sich vor allem mit sich selbst auseinandersetzen. Du hast schon gemerkt, dass „rational“ mit ihm zu reden, zu nicht viel führt. Das liegt vermutlich daran, dass es hier in erster Linie um Gefühle und Bedürfnisse geht, nicht um pragmatische Lösungen. Vermutlich weiß dein Mann selbst nicht immer, was da eigentlich genau los ist bei ihm. In einer Beratung oder Therapie hätte er den Raum, herauszufinden, was ihn eigentlich unzufrieden macht. Das kannst du als Partnerin nicht allein leisten.

6) Nein, du bist nicht „das Problem“. Keiner von euch ist „das Problem“. Bei Beziehungskonflikten bringt es wenig, nach Schuld zu fragen. Denn beide tragen etwas dazu bei, dass die Situation so ist, wie sie ist. Und beide können etwas ändern. Es lohnt sich, dabei zu gucken, wo der Konflikt genau sitzt. Denn eigentlich habt ihr drei Beziehungen: Deine Beziehung zu dir selbst, die Beziehung deines Mannes zu sich selbst, und die Beziehung zwischen euch beiden. Wenn man sich das klarmacht, ist es manchmal einfacher, einen Anfangspunkt für Veränderung zu finden.

7) Ob er dich noch liebt, kann ich dir nicht sagen. Aber dass du dich das fragst, zeigt viel. Scheinbar spürst du seine Liebe teilweise nicht mehr. Liebe ist aber auch nicht einfach da oder nicht da. Liebe erschaffen wir jeden Tag von Neuem. Durch Zuwendung, durch Worte, durch Handlungen. Wie würdest du denn wissen, dass er dich liebt? Was müsste sich dafür ändern?

Diese Antwort gilt auch für Frage 34988 und 34989.

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