Liebes Lilli Team,
Ich bräuchte dringend euren Rat. Und zwar habe ich folgendes Problem: Ich bin seit ca 1Jahr und 3 Monaten mit meinem Freund (beide 29Jahre) zusammen. Eigentlich ist alles super, wir haben ähnliche Interessen, Träume, Lebensziele etc und führen eine harmonische, liebevolle Beziehung. Wir wohnen mittlerweile auch schon zusammen. Nur mit dem Sex haben wir seit Anfang an Probleme. Anfangs ging mir alles etwas zu schnell, wir hatten ein Date und waren danach mehr oder weniger zusammen. Er war Feuer und Flamme und wollte relativ schnell Sex. Da ich eher eine unsichere Person bin, war ich daher zurückhaltend und nicht wirklich offensiv.
Dann nach gut 5 Wochen Beziehung, ist bei mir ein gesundheitlichen Problem (Candida albicans) ausgebrochen, welchen ich über mehrere Monate ( 6-7) nicht wirklich los geworden bin. Heißt in dieser Zeit hatten wir so gut wie keinen Sex und auch sonst wenig Intimitäten. Zum einen natürlich wegen der hohen Ansteckungsgefahr, weil ich mich nicht wohl gefühlt habe und er damit natürlich auch nicht in Berührung kommen wollte. Heißt wir haben diese wichtige Phase einer Beziehung, nämlich in der man sich sexuell kennenlernt übersprungen.
Ich hatte immer die Hoffnung, dass wenn der Pilz weg ist, alles normal sein wird und wir übereinander her fallen. Dem war natürlich nicht so. Und auch jetzt, nachdem ich über ein halbes Jahr keine gesundheitlichen Probleme mehr habe, ist der Sex eher selten und schlecht.
Wir haben schon einige Gespräche geführt, bisher aber noch keine Lösungsansätze gefunden. Er sagt, dass er eine Art Blockade im Kopf hat die sich über die Zeit aufgebaut hat und er sich unter Druck gesetzt fühlt, von wegen, dass der Sex sofort funktionieren und er abliefern muss. Bisher hatte er nämlich erst einmal einen Orgasmus beim vaginalen Sex und verliert regelmäßig seine Erektion, was natürlich zu einer gewissen Frustration führt und er den Sex daher lieber meidet. Er sagt, dass er noch keinen Weg gefunden hat, die Blockade zu lösen. Allerdings habe er das Gefühl, das er dem ganzen Thema aus dem Weg geht, als sich wirklich tiefer damit zu beschäftigen. Für ihn muss Sex einfach funktionieren und er will nicht wahr haben, dass es halt manchmal nicht so einfach ist....grad in unserer Situation nicht. Zudem hat er momentan einen sehr stressigen Alltag. Sich intensiv mit der Sache zu beschäftigen, würde für ihn wahrscheinlich nochmal zusätzlich Arbeit und Druck bedeuten (außerdem beschäftig er sich nicht gerne mit seinen Ängsten und Gefühlen befürchte ich).
Ich fühle mich dadurch natürlich ebenfalls unter Druck gesetzt, da es früher oder später das Ende der Beziehung bedeuten wird. Zumal ich weiß, dass er relativ viel Sex hatte in den letzten Beziehungen und der mit seiner Ex-Freundin wohl sehr gut gewesen sein muss. Das Wissen verunsichert mich sehr und hemmt mich eher als das es mich voranbringt.
Zusammenfassend kann man sagen, dass wir beide frustriert, blockiert und verkopft sind, uns aber abgesehen davon schon eine gemeinsame Zukunft vorstellen können. Darum möchte ich alles versucht haben.
Ich wäre über eure Hilfe wirklich sehr dankbar!
Viele Grüße
Unsere Antwort
Ich weiss nicht, was "verkopft" heisst. Ich sehe das so: Du bist in deinem Körper drin wie andere Menschen auch. Der Kopf gehört zum Körper. Warscheinlich ist dein Kopf (Nacken, Schultern) recht angespannt, wenn du so im Stress bist. Und seiner natürlich auch. Ein angespannter Kopf produziert gestresste, eher negative Gedanken.
Ich greife einige Gedanken und Formulierungen aus deiner Frage auf und schreibe dir meine Gedanken dazu:
Du schreibst über hohe Ansteckungsgefahr bei Candida albicans. Das stimmt nicht – oder, anders gesagt, eine Ansteckung ist nicht das Entscheidende. Das eine Entzündung ausbricht, hat andere, viel wichtigere Gründe. Lies dazu bitte diesen Text. Du schreibst, ihr hattet keinen Sex und auch sonst wenig Intimitäten. Das klingt so, als ob ihr meintet, er wird krank, wenn er dich berührt. Du scheibst, das war "natürlich" so. Bei anderen Paaren ist das ganz anders. Die haben Sex trotz Candida. Überleg dir, was bei euch anders war. Übrigens: Das warst nicht nur du, das war auch dein Freund, der da keinen Sex und keine Berührungen wollte.
"Heißt wir haben diese wichtige Phase einer Beziehung, nämlich in der man sich sexuell kennenlernt übersprungen." Wer sagt dir, dass diese Phase genau dann ist, als du Candida hattest? Es ist von Paar zu Paar verschieden, wann diese Phase ist – oder wieder ist, und wieder ist und so weiter. Es gibt für Sex-Kennenlernphasen keinen richtigen Zeitpunkt. Ihr habt nichts verpasst.
"Ich hatte immer die Hoffnung, dass wenn der Pilz weg ist, alles normal sein wird und wir übereinander her fallen. Dem war natürlich nicht so." Das klingt so, als hättest du eigentlich gewusst, dass die Hoffnung nicht realistisch ist. Zumal du ja am Anfang auch nicht über ihn hergefallen bist. Guter Sex passiert nicht einfach so, das braucht Neugier, Offenheit für Patzer und Peinlichkeiten, Experimentierfreudigkeit und – ganz wichtig – keine Erwartung davon, wie es sein sollte.
Toll ist, dass ihr sehr offen miteinander geredet habt. Dein Freund scheint seine Situation gut zu analysieren. Er sagt, dass er sich jetzt damit nicht beschäftigen möchte. "Ich fühle mich dadurch natürlich ebenfalls unter Druck gesetzt, da es früher oder später das Ende der Beziehung bedeuten wird." Das klingt so, als gibst du dir die Verantwortung dafür, dass der Sex jetzt "schlecht" ist und dein Freund häufig die Erektion verliert. Dein Freund ist genauso verantwortlich wie du.
"Zumal ich weiß, dass er relativ viel Sex hatte in den letzten Beziehungen und der mit seiner Ex-Freundin wohl sehr gut gewesen sein muss." Tja, wer weiss, wie der Sex wirklich ausgesehen hat. Ich verstehe, dass dich das verunsichert, aber wirklich guter Sex setzt Offenheit und Experimentierfreudigkeit voraus, und dein Freund zeigt nicht, dass er das hat. Es hat möglicherweise einfach "geklappt" in den anderen Beziehungen. Aber seine Sexualität steht sicher auf schwachen Beinen, wenn sie eine eher zurückhaltende, unsichere Freundin so verunsichern kann.
Das Wissen hemmt dich – aber es könnte dich auch vorantreiben. Die Situation ist so, dass ihr beide verunsichert seid. Das gibts. Das muss nicht den Anfang vom Ende bedeuten. Du könntest dir jetzt folgende interessante Herausforderung annehmen: "Wie kann ich meinem Freund Lust darauf machen, mit mir sexuelle Dinge zu erforschen und üben, so dass der Sex besser wird?" Wenn er heute "nein" sagt, heisst das nicht, dass er auch morgen nein sagen wird. Lies bitte mal diesen Text über das Verführen.
Er verliert die Erektion und hatte erst einmal einen Orgasmus beim vaginalen Sex. Und du? Wie erregt bist du? Hast du Orgasmen? Wenn ja, wieso ist der Sex für dich schlecht? Wenn nein – ja, das ist doch eine prima Voraussetzung, miteinander zu üben. Möglicherweise weiss dein Freund wenig über das sexuelle Lernen, und dass er körperlich etwas dafür machen kann, dass der Sex lustvoller ist und besser klappt. Hast du unsere Übungstipps für Sex gelesen? Ich empfehle dir, dass du dich mal durch unsere Infotexte durchliest.
Nochmal: Was macht denn den Sex "schlecht"? Kannst du das mal genauer beschreiben? Wer macht was, damit der Sex schlecht ist? Wer denkt was, damit der Sex schlecht ist? Und was bräuchte es, ganz konkret, damit er besser würde? Ich meine ganz konkret: Wie müsste die sexuelle Begegnung ablaufen, damit sie besser wäre? Ich könnte dir dann allenfalls Tipps geben, was du dazu beisteuern könntest. Wenn du uns nochmal schreibst, gib bitte die Nummer dieser Frage an.
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