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Frage Nr. 38572 von 12.08.2024

Hallo Lilli,

ich weiß nicht, ob ihr mir die Frage beantworten könnt. Leider konnten weder meine Frauenärztin, noch mein Phlebologe oder meine Physiotherapeutin mir eine Erklärung geben.

Ich hatte eine Pudendus-Neuralgie, die durch einen verspannten Beckenboden hervorgerufen wurde. Mit viel Physio über Jahre wurde ich geheilt. Dann bekam ich ein Lipödem. Erst war ein dreiviertel Jahr alles gut, und jetzt bekam ich einen Rückfall von dem Beckenschmerz.

Die Beckenphysio, die auch von innen arbeitet, sagte es sei Wasser. Also Wasser, das durch die Strümpfe von meinen Beinen in mein Becken gedrückt wurde. Daraufhin bekam ich solche Panik und Ohnmacht, dass sich der leichte Rückfall durch die resultierende Verkrampfung in einen schweren Rückfall verwandelte.

In meinem Kopf hieß es nicht mehr: Du hast einen Rückfall, die bist schon einmal rausgekommen, jetzt machst du das einfach wieder so. Es hieß jetzt: Da ist Wasser im Becken, das bekomme ich mit den Behandlungen von früher nicht weg. Jetzt bin ich ohnmächtig und hilflos dem Schmerz augeliefert, denn offenbar geht das Wasser trotz der Lymphdrainagen nicht raus bzw. konnte sich ansammeln.

In meinem Kopf ist da eine Katastrophenvorstellung, dass der Nerv wie ein Gartenschlauch im Becken liegt. Und dieser Gartenschlauch wird durch das Wasser quasi plattgedrückt und es kommt zum Nervenschaden oder zur Nervenreizung. Nicht einmal eine Freilegungs-OP kann da noch helfen, denn Wasser lässt sich ja nicht wegoperieren, um dem Nerv mehr Platz zu geben....

Ich frage mich jedoch: Ist meine Laienhafte Wasser-Katastrophenvorstellung überhaupt richtig? Kann Wasser den Pudendus-Nerv so quetschen und ihm die Blutversorgung abschneiden?
Meine Ärztin und Physio sagten, das Wasser sei bei mir im Bindegewebe um die Organe, also kein Aszites. Der Obdurator internus hat ja eine Faszie, durch die der Nerv läuft. Die ist ja aus Bindegewebe und quillt folglich auf und quetscht den Nerv? Und die Organe nehmen viel mehr Platz weg, weil sie ja jetzt in einer Wasserbeule liegen? Oder ist das alles zu Laienhaft?

Ich würde mir wünschen zu verstehen, was los ist. Damit ich dieser Katastrophenvorstellung Fakten entgegensetzen kann, so wie das damals aus funktioniert hat. Kann Wasser tatsächlich die Beckennerven so drücken oder ist das gar nicht am Nervenverlauf? Solche Fragen.
Das einzige was ich im Internet fand war von einer amerikansichen Physiotherapeutin, die schrieb, dass schon 200ml Wasser im Becken "wreak havoc on organs on nerves" wäre.

Vllt habt ihr für mich einen Tipp oder eine Ressource oder eine Erklärung. Vielen Dank!

Unsere Antwort

Du wirst es auch dieses Mal schaffen, dass deine Beschwerden sich wieder bessern werden. Das Wichtigste ist im Moment, deinen Ängsten und Katastrophen-Vorstellungen zu begegnen. Das kannst du einerseits, indem du wie du das jetzt machst, möglichst viele Fakten und Wissen über deine Problematik aneignest. Das ist ein wichtiger Punkt. Und zusätzlich solltest du dir auch die emotionale Ebene anschauen, die das Problem bei dir ausgelöst hat. Die emotionale Ebene kann Fakten nicht so wirklich verstehen, sondern sie braucht andere Unterstützung. Meist helfen hier Techniken, die das autonome Nervensystem einbeziehen. Dazu gleich mehr. Zuerst aber zum Wissen: die Vorstellung, dass dein Nerv in einem Becken voller Wasser liegt und dieser durch dieses wie ein Gartenschlauch zusammengedrückt wird, ist tatsächlich nicht korrekt. Ich denke, deine Physiotherapeutin sprach davon, dass sie meint, dass es in deinem Bindegewebe rund um den Nerv etwas mehr Wassereinlagerung hat. Das muss man sich nicht als ein Becken voll Wasser vorstellen, sondern das ist mehr wie eine leichte Schwellung des Gewebes, das sind nur minime Wassermengen, also eher im Milli-Liter-Bereich, also winzige Mengen. Solche minimalen Wassereinlagerungen können auch leicht durch deinen Körper wieder resorbiert werden ins Blutsystem und sich somit auflösen. Es gibt also sicher Heilungsmöglichkeiten, so dass dein Problem sich wie beim ersten Mal wieder ausheilen wird. Zur emotionalen Seite: du schreibst davon, dass du dich ohnmächtig fühlst, dass du Katastrophenvorstellungen hast und viel Angst empfindest, dass du gar nicht mehr beschwerdefrei werden kannst. Ich denke, das ist im Moment der wichtigste Bereich, um hinzuschauen und Techniken zu finden, die dich unterstützen können. Unser autonomes Nervensystem hat zwei Bereiche: das "Gefahren"-system und das Beruhigungs- und Reparatursystem. Sie heissen auch Sympathikus und Parasympathikus. Der Sympathikus warnt uns vor Gefahren und lässt uns auf sie reagieren, mit "Fight and Flight", also damit wir uns in Sicherheit bringen können entweder mit Kämpfen oder Flüchten. Dieses System macht Sinn, wenn wir eine äussere Gefahr wahrnehmen, wie ein Auto, das auf uns zufährt oder jemand, der uns angreifen will. Wir empfinden Angst oder wittern Gefahr, unser Sympathikussystem schüttet Stresshormone aus und das befähigt uns, zu flüchten oder uns zu wehren, je nach Situation. Das Parasympathikus System ist hingegen unser Regenerationssystem, das für Erholung und interne Arbeiten wie Verdauen, Zellen reparieren etc. da ist. Deine Katastrophenvorstellung vom Wasser in deinem Becken hat nun dein Sympathikus-Stress-System stark aktiviert. Du erstarrst vor Angst und fühlt dich hilflos. Denn es gibt neben Fight und Flight auch das Freeze, also das Erstarren vor Angst. Und in dieser Situation ist dein Stress-System maximal aktiviert. Für deine Heilung wäre es wichtig, dir bewusst zu werden, was bei dir in deinem autonomen Nervensystem abläuft. Und es ist wichtig für dich zu wissen, dass du bewusst wechseln kannst vom Stress-System ins Regenerationssystem, das dich in einen Zustand versetzen kann, in welchem du dich beruhigen kannst und dein System die Möglichkeit hat, um dein Heilungs- und Reparatursystem zu aktivieren. Es gibt viele Übungen, die du dafür machen kannst. Zum Beispiel Atemübungen oder sogenannte Vagus-Übungen. Die einfachste Übung ist, länger ausatmen als einatmen. Also zum Beispiel auf 4 Zählen beim Einatmen, 1-2-3-4, dann auf 1-2-3-4-5-6 ausatmen. Am besten legst du dich dafür kurz hin oder sitzt auf einen Stuhl, spürst die Unterlagen, auf der du sitzt oder liegst. Und dann machst du während ca. 5 Minuten diese Atemübung mit länger ausatmen als einatmen. Mach die Übung mehrmals pro Tag. Sowohl wenn es dir eigentlich gut geht, als auch dann, wenn du die Ängste und Katastrophenstimmungen bekommst. Indem du deine Aufmerksamkeit auf das Atmen bringst, kann dein System sich beruhigen. Sobald du merkst, dass deine Gedanken wieder zu den schlimmen Vorstellungen geht, sagt dir bewusst STOP und bring deine Aufmerksamkeit wieder voll aufs Atmen. Das wird nicht sofort gelingen, sondern du musst es üben. Mehrmals täglich, jeden Tag und immer wieder aufs Neue. Und mit der Zeit wirst du merken, wie es immer einfacher geht und du damit eine Technik gefunden hast, die dich beruhigen kann. Es gibt auch viele gute Youtube-Videos und Selbsthilfebücher, wie du deinen Vagus-Nerv - den wichtigsten Nerv des Beruhigungssystems - trainieren kannst. Nimm dich ernst in deiner Not und merke, dass du nicht hilflos bist, sondern sehr wohl etwas tun kannst gegen deine Angst. Lass dich im Zweifelsfall von einer Therapeutin begleiten. Du schaffst das.

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