Hallo, ich befinde mich in einer Traumatherapie (bei komplexer PTBS) und eigentlich läuft diese ganz gut. Außer wenn wir folgende Übung machen... dabei soll ich mit meinen inneren Anteilen ins Gespräch kommen, dazu steht dann ein leerer Stuhl mit im Raum und ich soll mir vorstellen das dort ein bestimmter innerer Anteil sitzt und meine Therapeutin spricht dann auch ganz normal mit dem Anteil und ich soll dann stellvertretend für den Anteil antworten.
Ich komme mir bei der Übung immer ziemlich albern vor und bin dann immer sehr gehemmt und kann teilweise nicht reden und werde dann wütend auf mich selbst, weil ich die Übung nicht hinkriege.
Habt ihr einen Tipp, wie ich meine Scham gegenüber der Übung überwinden kann? Wie ich es weniger albern finde?
Ich verstehe den Sinn hinter der Übung und glaube auch, dass sie etwas bewirken kann. Aber trotzdem fällt es mir mega schwer dabei mitzumachen. Beste Grüße
Unsere Antwort
Deine Therapeutin arbeitet wohl mit gestalttherapeutischen Interventionen oder nach der Egostate-Therapie. Dabei geht es darum, die eigene Innenwelt in all ihren Aspekten zu entdecken und die Motive der verschiedenen Aspekte zu erfahren. Dadurch soll bewusst werden, wie die verschiedenen Motive inneren Spannungen und vielleicht auch Ängste auslösen. Ziel ist immer, mit sich selbst Frieden zu schliessen und die eigenen Fähigkeiten wert zu schätzen.
Dir nützt es im Moment gar nichts, wenn deine Therapeutin ganz normal mit deinen Aspekten/Teilen reden kann. Zunächst brauchst du mal Unterstützung. Sonst passiert genau das, was du beschreibst. Du schämst dich, weil du eigentlich gar nicht weisst, wie du mit einem Innenteil reden könntest. Dann wirst du wütend weil du das nicht kannst. Dann wahrscheinlich auch auf deine Therapeutin. Oder du findest dich selbst einfach unfähig, was dann deinem Selbstwertgefühl schadet. Zum Schutz deines Selbstwertgefühls findest du den ganzen Kram dann albern und kannst gar nicht mehr ‚mitspielen‘. Bevor solche Übungen klappen, muss man erst mal lernen, neugierig auf sich selbst zu werden. Dazu könnte gehören, dass du deiner Therapeutin sagst, wie albern du das findest. Sie sollte dann nicht beleidigt sein, sondern dich verstehen. Mit einem leeren Stuhl zu sprechen ist albern! Kein Mensch macht so was ohne Grund. Überleg mal, wie du Selbstgespräche führst. Redest du dich mit Namen oder mit Du an? Schimpfst du mit dir? Predigst du und hältst dir deine Missetaten vor? Stellst du dir Fragen? Hörst du dann deinen Antworten zu? Mehr als Selbstgespräche sind diese Leere-Stuhl-Übungen nämlich nicht. Du hast da z.B. die Chance, deine Wut von gestern zu fragen, welchen Grund sie hatte, so heftig auszubrechen. Du hast sie nicht verstanden und dich darum furchtbar geschämt. Wollte sie, dass du dich schämst und schlecht fühlst? Nein! Das wollte sie wohl nicht. Meistens haben auch sehr schwierige Gefühle einen guten Grund und wollen das ‚Beste‘ für dich. Oft verhalten sie sich aber nicht angemessen. Das nennt man dysfunktional. Wenn das alles mal klar ist, kannst du zusammen mit deiner Therapeutin neue Gefühls- und Verhaltensformen suchen.
Unser Tipp: Versuche es nicht deiner Therapeutin recht zu machen! Nimm deine Entwicklung selbst in die Hand. Mach die Übung erst, wenn du bereit bist, dir selbst Fragen zu stellen und den Antworten zuzuhören.
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