Hallo liebes Lilli Team,
ich (w/22) habe vor ein paar Jahren eine Angststörung in Bezug auf das Thema Sex gehabt. Über die Jahre habe ich das gut in den Griff bekommen und seit ich festgestellt habe, dass ich auf Frauen stehe, kann ich den Sex auch auf eine Weise genießen, die ich damals nicht mehr für möglich gehalten hätte.
Es gibt jedoch noch manchmal Situationen, wie Heute zum Beispiel, in denen ich zwar Lust habe, aber ein Teil von mir weiß, dass ich mich nicht fallen lassen können werde. Der Teil, der Lust hat ist dann aber so groß und die Angst „Nein“ zu sagen, dass ich dann trotzdem weiter mache, obwohl ich mich schlecht fühle. Wenn meine Freundin das wissen würde, würde sie mir den Kopf verdrehen, weil sie das sehr gut nachempfinden kann und die letzte Person ist, die jemandem so ein Gefühl geben möchte. Ich habe also rein situativ keinen Grund dazu Angst zu haben. Und trotzdem schaffe ich es nicht.
Habt ihr Tipps wie man seine Grenzen früher spüren kann und dann auch zu ihnen stehen kann? Gibt es vielleicht bestimmte Übungen, die man machen kann, um über das „Nein“ Sagen anders zu empfinden bzw. das als natürlich zu empfinden?
Ich möchte mich nicht mehr so benutzt fühlen nach etwas, das eigentlich so schön ist.
Danke im Voraus!
Unsere Antwort
Erstmal herzlichen Glückwunsch, dass du bis hierher schon so viel geschafft hast.
Ich kann sehr gut nachempfinden, dass du dich benutzt fühlst, nach sexuellen Begegnungen, bei denen du dich eigentlich nicht gut fühlst. Und ich kann sehr gut verstehen, dass du das ändern möchtest.
Offensichtlich verstehst du hinterher schon sehr gut, dass deine Angst unrealistisch ist. Du kannst unterscheiden zwischen dem Gefühl der Angst und den Umständen um dich herum. Du weisst, dass es mit deiner Freundin sicher ist, "Nein" zu sagen. Die Frage ist also: wie kannst du erfahren, dass es sicher ist Nein zu sagen, wie kannst du einfacher spüren, was du möchtest und wie findest du einen Umgang mit der unrealistischen Angst, die sich erstmal so realistisch anfühlt, dass sie dich am Handeln hindert.
Ich weiss noch sehr wenig über deine Geschichte, aber mein erster Impuls wäre, dass du das Nein in "ungefährlichen" Situationen übst. Du kannst das deiner Freundin ankündigen: ich werde in Zukunft öfter mal Nein zu dir sagen, weil ich möchte, dass ich mich daran gewöhne, dass dann nichts schlimmes passiert. Bist du einverstanden damit, das mit mir zu üben?
Zudem gibt es noch viele weitere Schattierungen von Nein. Generell hilft Langsamkeit dabei, wahrzunehmen, was sich für dich stimmig anfühlt. Du könntest also um Langsamkeit bitten. Zum Beispiel so: "Ich brauch gerade etwas Zeit, um mich zu spüren" oder "Mir wäre es wohler, wenn wir etwas langsamer machen." oder "Ich hab voll Lust auf Sex mit dir, aber bin gerade noch nicht ganz da.".
Was dir auch dabei helfen kann, in Momenten der Angst sprechfähig zu bleiben, ist in dem Moment Weichheit und tiefes Atmen in deinen Körper zu bringen. Denn so schaffst du dir ein körperliches Gefühl von Sicherheit. In diesem Gefühl der Sicherheit bist du handlungsfähiger als in einem Gefühl von Angst. Du könntest also erkennen "ich habe gerade Angst", und du spürst wie die Angst sich in Anspannung in deinem Körper zeigt. Um die Angst zu lösen, ersetzt du die Angst mit etwas anderem, nämlich mit lockeren Bewegungen und tiefem Atmen.
Schau doch mal, was du damit anfangen kannst. Sei geduldig mit dir, wenn es nicht auf Anhieb klappt oder du manchmal in dein Muster von "einfach mitmachen, egal wie es mir dabei geht" fällst. Vielleicht möchtest du deine Freundin als Unterstützerin einweihen in dein Erleben. Das könnte auch eine Entlastung für dich schaffen.
Falls sich weitere Fragen ergeben oder du nicht weiterkommst, schreib uns einfach wieder. Gib dann bitte die Nummer dieser Frage an.
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