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Frage Nr. 35365 von 02.07.2022

Hallo,
Meine Tochter hat eine Spirale und war beim Regelbesuch. Dort wurde sie vom Arzt an der Klitoris stimuliert. Bin leider kein Arzt und und keine Frau und kenne mich da wenig aus.
Meine Frage ist:
Ist das in manchen Situationen normal bzw. notwendig?
Meine Tochter ist am Boden und ich helfe seelisch wo ich kann. Ich will verstehen ob ich hier eine Belästigung passiert ist oder nicht!
Danke für eure Hilfe…

Unsere Antwort

Nein, es gibt keine Situation, in der ein Gynäkologe die Klitoris stimulieren muss. Solche Stimulationen sind medizinisch nicht notwendig. Die Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe regelt die verschiedenen Behandlungen in Guidelines. Die «Richtlinien bei sexuellen Übergriffen in der Arztpraxis» beschreiben, was Ärzt*innen bei der Untersuchung beachten müssen. In Deutschland und Österreich gelten weitgehend die gleichen Regeln. 

In der Schweiz gibt es bereits Urteile, die solche Übergriffe als Schändung klassifizieren, weil 1. zwischen Patientin und Arzt/Ärztin ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht (Bundesgerichtsurteil BGE 5.10.2005 s. Erwägungen 1.2.1) und 2. die Frau auf dem Untersuchungsstuhl widerstandsunfähig ist (s.BGE 103IV 165). 

Du kannst deiner Tochter bestätigen: Der Arzt hat sich falsch verhalten. Ihr Befinden ist auch leicht zu verstehen. Wenn Vertrauen missbraucht wird, fühlen sich die meisten Menschen sehr verletzt. Überraschende sexuelle Handlungen erschrecken und ängstigen. Die physische Unbeweglichkeit auf dem Untersuchungsstuhl verstärkt das Gefühl der Hilflosigkeit und Ohnmacht. 

In der Schweiz, Deutschland und Österreich sind die Fachgesellschaften oder Ärztekammern  für die Beurteilung von Verstössen gegen die ärztlichen Berufspflichten zuständig. Bevor deine Tochter eine Beschwerde einreicht, sollte sie sich an eine unabhängige Patientinnen-Stelle wenden. Hier Links zu Stellen in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich.

Deine Tochter könnte aber auch gegen den Arzt eine Strafanzeige machen. Um nicht wieder in die gleiche Ohnmachtssituation zu geraten, sollte sie sich vorher an eine spezialisierte Opferhilfestelle wenden. Sie wird dann über den Verlauf von Strafverfahren informiert und erhält auch psychische Unterstützung.

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