W, 27
Liebes Lilli-Team,
Ich bin jetzt 27 und lebe in einer Tokophobie/Schwangerschaftsphobie-Spirale.
Ich hatte das letzte Mal Ende April/Anfang Mai GV. Geschützt mit Pille (traue ich nicht, weil ich manchmal Darmbeschwerden habe) und Kondom, bei der Ejakulation war mein Freund gegen Scheideneingang gepresst, aver halt geschützt. Bis jetzt habe ich schon 8 Schwangerschaftstests gemacht und auch meine Abbruchblutungen bekommen. Bin in fester Beziehung seit 7 Jahren. Jedoch sind meine Abbruchblutungen etwas kürzer jetzt (aber trotzdem sehe ich Schleimhaut und rotes Blut) Während Juni/Juli hatte ich nämlich Würgereiz oft und vor allem wenn ich an Schwangersein dachte.
Ich bin aufgeklärt, bin schon alt und jedoch habe ich doch so Angst.
Ich habe im TV ein Dokumentar gesehen, der ganz schlimm war: Frauen waren schwanger ohne es zu wissen: flacher Bauch, Periode sind gekommen, negativer Test. Haben die Frauenärzte in ihrem Team schon Patienten die das hatten gehabt? Ich habe Angst dass das mir passiert, weil ich in einem frauenfeindlichem Umfeld aufgewachsen bin und keine gute Beziehung zum eigenen Körper (anscheinend erhöht es das Risiko). Ich habe Angst zu spät zu wissen, dass ich schwanger bin um einen Abbruch zu machen oder im Supermarkt eine Geburt erleben zu müssen. Ich verlasse mein Haus nicht mehr, aus Angst irgendwo pressen zu müssen. Kann mir jemand sagen wie ich mir selbst helfen kann?
Unsere Antwort
Du beschreibst da wirklich sehr starke und belastende Ängste. Vielleicht denkst du, dass es dir nur an Wissen fehlt. In vielen Fällen hilft Wissen allein aber nicht weiter. Deshalb hilft es dir auch nicht zu wissen, ob wir solche Fälle kennen. Letztlich brauchst du so nämlich immer wieder eine Rückversicherung von uns oder anderen Fachpersonen. Du weißt ja auch schon, dass deine Angst übertrieben ist. Der rationale Teil von dir weiß, dass du nicht schwanger bist. 8 Schwangerschaftstests und regelmäßige Blutungen zeigen dir das ganz klar.
Aber es gibt offenbar einen anderen Teil, der so große Angst hat, dass er immer wieder Szenarien erfindet, wieso du doch schwanger sein könntest. Zum Beispiel, indem du dir solche Sendungen ansiehst. Solche Fälle, wie du sie im TV gesehen hast, sind extrem selten. Und in den allermeisten dieser Fälle gab es Anzeichen einer Schwangerschaft, die aber ignoriert oder verdrängt wurden. Du tust ja eher das Gegenteil und beobachtest dich sehr intensiv und ängstlich. Das wiederum kann aber auch Symptome auslösen, wie zum Beispiel den Würgereiz. Denn unsere Psyche ist ganz schön mächtig.
Zudem hast du angefangen, Aktivitäten zu vermeiden, die deine Angst verstärken. Das ist verständlich, aber leider gar nicht hilfreich. Denn je mehr du vermeidest, umso mehr wächst die Angst. Denn dein Gehirn lernt dann nicht, dass diese Angst unberechtigt ist. Deine Angst ist mittlerweile so sehr gewachsen, dass du keinen Sex mehr hast und sogar das Haus nicht mehr verlässt. Du musst diesen Teufelskreis durchbrechen. Statt zu warten, bis die Angst weggeht, musst du diese Aktivitäten trotz der Angst wieder aufnehmen. Deine Angst will dich ja im Grunde schützen. Und so lange du ihr nicht zeigst, dass da nichts Gefährliches ist, wird sie auch nicht weggehen. Es gibt Strategien, wie du dich selbst beruhigen kannst, um solche Konfrontationen mit der Angst zu schaffen. Tiefe Atmung ist zum Beispiel sehr wichtig, um Angst zu lindern. Bitte lies dazu mal unseren Text Wie lerne ich tief atmen? Zudem empfehle ich dir sehr unseren Text zur Schwangerschaftsangst und den Text Wie beruhige ich mich selbst? Auch die Website der Deutschen Angst-Hilfe bietet viele Informationen und Tipps zum Thema Angst.
Da deine Ängste so stark ausgeprägt sind, rate ich dir sehr, dir professionelle Hilfe für die Bewältigung zu suchen. Eine Psychotherapie ist das richtige Mittel bei starken Ängsten. Bitte deine Hausärztin um Hilfe, oder ruf mal bei deiner Krankenversicherung an, um eine Psychotherapie zu finden. Oder schau mal auf dieser Website, falls du in Deutschland wohnst.
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