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Frage Nr. 38375 von 06.06.2024

Liebes beratungsteam! Ich habe eine Frage zur Naht von geburtsverletzungen. Ich habe 2 Kinder geboren. Eines mit DR II und Eines mit DR I. Zur Geburt nahm ich keine Schmerzmittel, PDA o.ä.. Nun war diese Nahtversorgung ein sehr belastendes Erlebnis, bis heute nach vielen Jahren spüre ich, dass es mich körperlich und emotional belastet und ich im medizinischen Kontext schwer vertrauen kann. Die Infiltration schmerzte unfassbar. Also wirklich so sehr dass es die geburtsschmerzen um ein vielfaches übertrifft. Zusätzlich wirkte die Betäubung nicht und ich spürte weiterhin schmerzen beim nähen was die betroffenen dazu veranlasste nachzuspritzen (Lidocain), was aber auch nicht half. Weiter gemacht wurde nun trotzdem, was ein Teil des seelischen Traumas für mich ausmacht. Das gleiche Problem hatte ich bei der zweiten Geburt wobei ich dann aktiv das nähen begleitete indem ich immer wieder unterbrach wenn es mir zu viel wurde. Zudem hätte ich keinen größeren dammriss mehr lokal versorgen lassen, das war die Absprache mit dem Geburtshaus mit der Option einer Klinikverlegung. Meine Frage ist einerseits: wie kann das sein, dass so eine Betäubung nicht wirkt? Ich meine wirklich medizinisch gesehen. Nahtzeitpunkt war 2-3 Stunden jeweils nach Geburt. Mein Damm ist recht kurz und der DRII war sehr tief, DR I natürlich dementsprechend ein oberflächlicheres Thema. Andererseits frage ich mich auch, wie es sein kann dass solche Verletzungen in einer Lokalanästhesie genäht werden sollen? Macht man doch bei muskelnähten an anderen Körperstellen auch nicht. Mich macht das richtig wütend aus feministischer Sicht. Das Gespräch mit dem Geburtshaus half nicht sonderlich, da die Leute glaube ich auch nicht verstehen warum das bei mir nicht gewirkt hat. Es wurden so Floskeln bemüht wie „ich solle stolz auf mich sein“, darum geht es ja gar nicht. Ich möchte gerne verstehen um das Trauma heilen zu können. Viele Grüße und herzlichen Dank für Ihre bereichernde und so wichtige Arbeit!

Unsere Antwort

Ich gratuliere dir zu den beiden Geburten, die du gemeistert hast. Ich verstehe, dass es dir körperlich, wie auch seelisch nahe geht. Offenbar wurden deine Grenzen überschritten.

Deine feministischen Gedanken kann ich gut nachvollziehen. Bei medizinischen Eingriffen sollte, gleich wie an allen anderen Körperstellen, auch am weiblichen Geschlecht eine ausreichende Schmerztherapie erfolgen. 

Grundsätzlich ist die Nahtversorgung nicht mit den Schmerzen von der Geburt vergleichbar. Die Geburtswehen sind eine Art Urgewalt, welche einen natürlichen Ursprung haben. Die Stiche einer Infiltration lösen eine andere Art von Schmerz aus. Es ist üblich, dass Dammverletzungen kleineren Grades (I und II) in Lokalanästhesie genäht werden. In den meisten Fällen wird gespürt, dass etwas passiert, jedoch ohne Schmerzen. In deinem Fall wurde womöglich zu wenig Lokalanästhetikum gespritzt.

Das Zusammenspiel von Körper und Psyche, und dazu gehört auch das Schmerzempfinden, kann ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Es kann sein, dass die Muskeln deines Beckenbodens dich vor weiteren Eingriffen - sprich der Naht - schützen wollten. Wie erwähnt, wird immer gespürt, dass etwas am Damm manipuliert wird. Dieser Abwehrmechanismus des Körpers könnte einen Kreislauf von Anspannung und Schmerz ausgelöst haben. Dann kann es sein, dass auch das Lokalanästhetikum nicht mehr als wirksam empfunden wird. Der Körper will sicher gehen, dass keine weiteren Manipulationen stattfinden. Es tut mir leid, dass danach weitergenäht wurde. Es ist nicht deine Verantwortung, dass die Naht zu diesem Zeitpunkt nicht abgebrochen wurde. Es ist sehr stark von dir, dass du dir bei der zweiten Nahtversorgung mehr Zeit gelassen, respektive eingefordert hast, und für dich eingestanden bist. 

Während den Wehen und bei der Geburt wird ein ganzer Cocktail an Hormonen ausgeschüttet, welcher hilft, mit den Geburtsschmerzen umzugehen. Deshalb ist eine weitere These von mir, dass die natürlichen Endorphine in deinem Blut nicht mehr so stark gewirkt haben könnten nach 2-3 Stunden.

Vielleicht hilft dir zur Heilung des körperlichen Schmerzes, dass du mit den Händen oder einem Spiegel Kontakt mit deinem Damm aufnimmst. Du kannst erforschen, ob die Spannung im Damm niedrig oder hoch ist, was du spürst, wie es ihm heute geht. Wie geht es ihm, wenn du dich an diese Situationen erinnerst? Vielleicht kannst du die Beziehung zu deinem Damm und deiner Vulva und Vagina stärken. Wenn du diese Körperstellen mit neuen Erlebnissen verbinden kannst, kann das heilend wirken. Eine praktische Übung dazu ist die Beckenschaukel, sowie das achtsame Erkunden deiner Geschlechtsregion.

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