Stell deine Frage...

Frage Nr. 38582 von 13.08.2024

Ich habe vor einiger Zeit eine Therapie bei einer Therapeutin gemacht, welche nicht von der Krankenkasse zugelassen war. Ich hatte das Gefühl, dass die Therapeutin versucht hat mich emotional abhängig zu machen. Sie meinte, zunächst, dass ich alle momentanen Therapien beenden müsse. Sie hat mich das erste Mal mit dem Auto vom Bahnhof abgeholt. Die Sitzungen fanden bei ihr zuhause statt. Sie teilte mir mit, dass meine belastenden Erlebnisse nicht sehr schlimm seien, da sie andere Patienten habe, welche das Gefühl haben ihr Mann verlasse sie. Ausserdem, meinte sie, dass ich sie bei Problemen kontaktieren kann. Als ich sie dann kontaktiert habe, hatte ich das Gefühl sie wäre genervt. Als ich auf Anraten von meinem Umfeld die Therapie abgebrochen habe, meine sie, sie brauche bis in zwei Stunden eine Antwort, damit sie Menschen auf der Warteliste aufnehmen kann. Sie sagte mir, ich werde für die nächsten Jahre mit der Gesprächstherapie nicht viel erreichen.

Kann es sein, dass sie mich versucht hat abhängig zu machen? Wie kann ich eine vertrauenswürdige Person finden, um meine Belastungen aufzuarbeiten? Danke für deine Hilfe!

Unsere Antwort

Deine Therapeutin hat sich in verschiedenen Formen unprofessionell verhalten.

  1. Dass sie dich vom Bahnhof abholt, ist sehr ungewöhnlich. Hierfür bräuchte es gute Gründe und dein ausdrückliches Einverständnis.
  2. Wenn Therapeut*innen in ihren privaten Wohnungen arbeiten, müsste auch hier besprochen werden, wie es den Patient*innen damit geht und ob das für sie möglich ist. Ich bin der Meinung, dass es für psychotherapeutische Arbeit ein professionelles Sitzungszimmer braucht, dass im gleichen Haus sein kann. Es muss aber den Patient*innen Raum für ihr eigenes Innenleben geben.
  3. Wenn sie über andere Therapien, die du machst bestimmen will, ist das falsch. Sie kann dir so etwas vorschlagen, muss dir dann aber sehr gute Gründe bieten. Und du bleibst immer diejenige, die die Entscheidungen trifft. Wenn sie der Meinung ist, sie könne nicht mit dir arbeiten, wenn du auch noch andere Therapien machst, sollte sie das mit dir diskutieren, Du müsstest es verstehen und bleibst wieder die, die entscheidet.
  4. Falsch ist auch, wenn die Therapeutin bestimmt, wie schlimm deine Situation für dich sein darf. Deine Situation als ‚nicht schlimm‘ zu beurteilen, weil es anderen auch so geht wie dir, ist kontraproduktiv und nimmt dir dein Selbstvertrauen. Es zeigt, dass sie nicht bereit ist, dich ernst zu nehmen und/oder dass sie keine Ahnung von Trennungsangst hat. Es interessiert sie wohl auch nicht, wie die Ängste sich in dir verhalten und wie sie entstanden sind. Sie zeigt sich so als eine Therapeutin, die nichts wissen muss, aber alles heilen kann. Das hilft dir bei der Bearbeitung deiner Themen überhaupt nicht weiter.
  5. Merkwürdig ist, dass sie dir ein Kontaktangebot für Krisensituationen macht, wenn sie der Meinung ist, es ginge dir gar nicht schlecht. Passen dazu ist, dass sie dann genervt wirkt, wenn du sie anrufst. Du wirst dich dann wie eine Belästigerin fühlen.
  6. Dass sie es zum Schluss eilig hat, dich los zu werden, passt ins Bild. Sie hat wohl nicht mal versucht, deine Gründe oder dein Befinden anzuhören. Sehr unprofessionell, unverschämt und schädigend ist ihr ‚Zukunftsbann‘, dass du ‚mit der Gesprächstherapie nicht viel erreichen‘ wirst. Das kann sie nicht wissen!

Du fragst, ob sie dich abhängig machen wollte. Sicher ist, dass das Nicht-ernst-nehmen wie ein Beschuldigung wirkt. Patient*innen beginnen dann bei sich selbst den Fehler zu suchen. Meistens denken Patient*innen dann nicht nur, dass sie nichts wert sind und nichts können. Sie werden auch überzeugt, dass die Therapeutin eine Alleskönnerin und Alleswisserin ist. Sie versuchen dann, der Therapeutin besonders gut zuzuhören, ihr möglichst alles recht zu machen, um schliesslich von ihr gelobt zu werden. So entsteht aber kein Selbstvertrauen, sondern Abhängigkeit. Ob die Therapeutin die Abhängigkeit geplant herstellen wollte oder ob sie unprofessionell oder schlecht ausgebildet ist, können wir nicht beurteilen. Ihr Job wäre gewesen, dich bei der Suche nach deinen persönlichen Bewältigungsstrategien zu unterstützen. Gut, dass du die Therapie abgebrochen hast.

Wir haben unter Adressen&Links auch einige Portale, auf denen du Psychotherapeut*innen suchen kannst. Wir empfehlen immer, Probesitzungen zu vereinbaren. Professionelle Psychotherapeut*innen bieten Probesitzungen an und machen mindestens einen zweiten Termin, in dem sie die Rückmeldung besprechen. Manchen verabreden mehrere Sitzungen, um die Wünsche und Bedürfnisse der Patient*innen zu erfassen und erklären ihre Arbeitsweise. Dann werden die Arbeitsziele gemeinsam erarbeitet und beide Seiten bestätigen, dass sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen können. Sowohl die Arbeitsziele, wie auch das Befinden der Patient*in und der Therapiefortschritt werden regelmässig evaluiert.

Auf jeden Fall solltest du deine nächste Therapeutin gut prüfen. Du hast sehr gut wahrgenommen, was in deiner letzten Therapie falsch oder unprofessionell war. Du kannst deinem Gefühl und deiner Wahrnehmung also vertrauen und wirst merken, wenn dein Gegenüber vertrauenswürdig ist. Nimm dich bei einer neuen Wahl ernst und bleib nur da, wo du dich wohl fühlst. 

Schau dir mehr Antworten und Infotexte an zum Thema