Stell deine Frage...

Frage Nr. 39313 von 15.01.2025

Liebes lilli-Team,
mir geht es zurzeit nicht so besonders gut mit meiner Unsicherheit und grundsätzlich Druck.
Ich bin w, 29 Jahre alt, und habe noch keine richtige Erfahrung mit Intimität gemacht. Ich mag meinen Körper auch nicht so richtig. Ich vermute, dass ich lesbisch bin, vielleicht auch bisexuell oder auch einfach queer (fange grade erst an, mich mit den Begrifflichkeiten zu beschäftigen). Ich bin auch ziemlich verwirrt, weil ich in der Vergangenheit in männliche Personen verliebt war, es gab aber auch Situationen, wo ich mich irgendwie auch zu weiblichen Personen hingezogen gefühlt habe. Ich habe auch ein schlechtes Gewissen (gegenüber mir selbst und meinen Eltern), weil ich über einen längeren Zeitraum immer wieder Pornographie konsumiert habe (schon ziemlich früh). Dort ging es eigentlich immer um zwei Frauen, gleichzeitig war ich in der realen Welt zwischendurch total heftig aus der Ferne in einen Jungen verliebt. Eine Zeit lang hatte ich auch richtige Angst und Schamgefühle, dass ich lesbisch sein könnte (eine Art Homophobie gegen mich selbst) und habe die Fragen rundherum wegignoriert. So gehen die Jahre ins Land. Ich denke, ich war schon früh eher ein vorsichtiger Mensch und bin ziemlich behütet aufgewachsen. Nun haben sich mittlerweile starke sozialer Ängste entwickelt und Probleme mit dem Selbstwertgefühl. Ich habe deswegen jetzt eine Verhaltenstherapie begonnen, weil ich so verzweifelt bin, dass ich mich in allen Bereichen so stark zurückziehe.
Ich bin in der Endphase meines Studiums und schwanke zwischen dem Bereuen, was ich alles hätte tun sollen (wie wäre mein Studium ohne die Ängste und Unsicherheiten verlaufen?) und den Ängsten, was danach kommen soll.
Die Verhaltenstherapie hilft schon ein bisschen, wieder mehr rauszugehen und zu üben, mit etwas wohlwollender Stimme auf das Leben zu blicken. Ich habe aber auch das Bedürfnis mich mehr mit meiner sexuellen Orientierung auseinanderzusetzen und möchte fragen, wie ich das tun kann. Meine soziale Angst hindert mich grade noch daran, zu irgendwelchen Treffen der queer-community zu gehen.
Ich mache mir auch Druck, meine Eltern in irgendeiner Form zu enttäuschen.
Das waren jetzt viele Themen zusammengewürfelt. Vielleicht ist meine Frage zusammengefasst: Wie kann ich mich besser kennenlernen; also wie komme ich vom Grübeln mehr ins Tun? Was mag ich und was nicht? Und wie lerne ich besser auf meine Bedürfnisse zu hören (bin meistens zu nachgiebig und konfliktscheu).
Vielen Dank & viele Grüße

Unsere Antwort

Erst einmal: Toll, dass du beschlossen hast, deine Probleme so aktiv und konstruktiv anzugehen! Damit hast du den ersten und wichtigsten Schritt schon getan. Ich bin optimistisch, dass deine Therapie mit der Zeit noch mehr bewirken wird. Grundsätzlich ist die Therapie natürlich auch ein perfektes Setting, um über deine Sexualität und deine Sorgen diesbezüglich zu sprechen – machst du das schon?

Ich wünsche dir, dass du deine sexuelle Orientierung ohne Druck entdecken kannst. Denn du bist niemandem ein Label schuldig. Du musst dich keiner Kategorie zuordnen, solange du das nicht willst. Du bist einfach du, und das ist völlig in Ordnung. Ich verstehe, dass du dir etwas mehr Klarheit wünschst, aber die sollte in erster Linie für dich selbst sein – und du hast deshalb auch ganz viel Zeit, um sie zu finden.

Eigentlich hast du dir deine Antwort auch schon selbst gegeben: Du musst vom Grübeln ins Tun kommen. Denn meist finden wir nur durch Erfahrungen heraus, was uns gefällt und zu wem wir uns hingezogen fühlen. Welche kleinen Schritte könntest du denn da jetzt schon gehen? Das wäre auch ein gutes Thema für die Therapie. Vielleicht wäre es ja zum Beispiel eine Idee, dass du mal online nach LGBTQI* Gruppen oder Content auf Social Media suchst. Die LGBTQI* Community ist sehr vernetzt und aktiv im Internet – das könnte also eine super Möglichkeit sein, dich damit auseinanderzusetzen und Leute quasi von Zuhause aus kennenzulernen. Sicher wirst du viele Menschen finden, die ähnliche Erfahrungen machen wie du. Internalisierte Homophobie, zum Beispiel, erleben leider auch sehr viele andere queere Menschen. Es könnte also ein guter Start sein, dich ein bisschen auszutauschen mit anderen.

Schau doch gerne mal in diese Texte:

Und auch auf diese Linkliste:

Schau dir mehr Antworten und Infotexte an zum Thema