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Frage Nr. 39349 von 22.01.2025

Liebes Lili Team
Ich melde mich, da ich etwas verzweifelt bin. Ich studiere momentan und merke, wie es den anderen einfacher fällt und sie bessere Noten haben als ich.

Ich bin perfektionistisch und habe Prüfungsangst. Während dem Gymnasium gab es eine Zeit, in der ich auch Panikattacken hatte. Ich habe irgendwie das Gefühl, die anderen sind auch schneller im Denken als ich. Sie sehen den tieferen Sinn, während ich es nur auswendig lernen kann, beispielsweise bei Gedichten oder auch komplexeren Aufgaben. Die anderen erfassen die Aufgabe sehr schnell, während ich noch am Überlegen bin. Teilweise schaffe ich es auch gar nicht, ein Gedicht eigenständig zu analysieren.Ich habe dann das Gefühl, ich habe alles nur geschafft, da ich viel auswendig gelernt habe. Mir hat das ein Lehrer einmal in Gymnasium zwar nicht so gesagt, aber auf mich war dies seine Botschaft.

Ich habe als Kind ein Jahr wiederholt. Mir hat es niemand so genau erklärt, weshalb. Ich hatte aber dadurch immer das Gefühl mich beweisen zu müssen.

Heute, habe ich irgendwie das Gefühl , dass ich mein Leben nicht hinbekomme. Ich merke, wie irgendwie alle anderen ein schwieriges Studium machen, eine Karriere machen und Geld verdienen. Ich habe irgendwie das Gefühl, ich bin zu wenig willenstark oder werde immer irgendwie schlechter als die anderen sein.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob dies noch mit alten Belastungen zusammenhängt. Ich habe im Gymnasium auch Mobbing erlebt und mir wurde immer wieder gesagt, ich sei dumm. Als Kind habe ich eine belastende Familiensituation erlebt. Ich kann mir gut vorstellen, dass es ein Zusammenhang mit den Schulschwierigkeiten gab. Was kann ich nun tun?
Danke euch!

Unsere Antwort

Du stellst einen sehr verständlichen Zusammenhang her. Ja, belastende Familiensituationen können sich massiv auf die schulische Leistung von Kindern auswirken. Und auch noch bis weit ins Erwachsenenalter.

Das, was du erlebst, hat nichts mit Intelligenz oder Willenskraft zu tun, sondern mit Stress. Du schreibst, dass du belastende Familiensituationen erlebt hast. Das bedeutet, du hattest ganz viel Stress - dauernd. Das Gehirn funktioniert dann nicht so gut, wie wenn du diesen Stress nicht hast. Unsere Denkfähigkeit, die Fähigkeit komplexe Zusammenhänge zu verstehen, ist beeinträchtigt unter Stress. Das kann manchmal so daher kommen, als wäre jemand nicht so schlau. Dabei stimmen einfach die Umstände für gutes Lernen nicht. Selbst wenn der Stress eigentlich vorbei ist - ich nehme an, du wohnst nicht mehr zuhause - ist der körperliche Zustand weiterhin der von Dauerstress. Der Körper kommt nicht in eine lockere Entspannung.

Vernetztes Denken geht in lockerer Entspannung besonders gut. Und da kannst du ansetzen. Denn diesen Zustand kannst du lernen.

Um besser zu verstehen, was z.B. in Prüfungssituationen im autonomen Nervensystem passiert, lies bitte diesen Text. Denn wenn du dein autonomes Nervensystem kennst und verstehst, kannst du lernen, es zu beeinflussen. Wir empfehlen dir auch das Buch "Leben mit der Polyvagaltheorie: In Sicherheit verankert" von Deb Dana. Das ist voll praktischer Tipps, wie du dein autonomes Nervensystem besser kennen lernen und regulieren kannst, und wie du zu mehr Aktivierung vom ventralen Vagus kommst.

Wichtig ist auch eine gute Beziehung zu dir selbst. Es ist wichtig, Mitgefühl für dich zu entwickeln. Du kannst lernen, dich emotional selbst in den Arm zu nehmen. Das allein hinzukriegen ist verdammt schwierig. Deshalb empfehle ich dir, dass du dir fachliche Unterstützung dabei suchst. Du kannst uns wieder schreiben oder du wendest dich an eine Jugendberatung oder Studierendenberatung in deiner Nähe. Wenn du uns wieder schreibst, gib bitte die Nummer dieser Frage an.

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