Hallo liebes Lilli-Team,
ich bin 28 Jahre alt, weiblich, und habe seit ein paar Monaten meinen ersten Freund.
Mein einziger vorheriger Kontakt mit einem Mann war nicht einvernehmlich, auch wenn es zum Glück nicht zum Geschlechtsverkehr gekommen ist (Ich war minderjährig, zum ersten Mal betrunken und der Mann ein ganzes Stück älter).
Als ich mit 25 Jahren aufgrund einer Krise für ein paar Jahre zurück zu meinen Eltern gezogen bin, habe ich meinen Vater fast ausschließlich nackt gesehen, da er ein großer FKK-Fan ist. Ich habe da aber massiv drunter gelitten, war angeekelt und konnte kaum ein Wort mit meinem Vater wechseln. Generell habe ich Probleme mit Körperkontakt mit Männern und brauche immer räumliche Distanz.
Außer bei meinem jetzigen Freund, wir kuscheln sehr gerne, aber trotzdem fällt mir meine erste Beziehung schwerer als gedacht. Bei unseren ersten Versuchen, Geschlechtsverkehr zu haben, war meine Vagina zu verschlossen. Zu Beginn hatte ich selber Probleme, mit einem Finger reinzukommen, aber dank eurer praktischen Tipps wird es langsam besser.
Ich brauche aber sehr viel Zeit, sich mit seinem Penis vertraut zu machen, also ihn ohne beklemmendes Gefühl anzusehen oder gar zu berühren.
Kann es denn sein, dass Frauen einen Penis nicht so toll finden? Oder ist das auch "Übungssache"?
Ich bin nämlich auch noch bisexuell (war bisher sowohl in Männer als auch in Frauen verknallt), aber jetzt zweifle ich auch daran. Vielleicht habe ich Hemmungen vorm Geschlechtsverkehr mit einem Mann, weil ich eigentlich lesbisch bin? Ich bin zwar phasenweise immer wieder nochmal in meinen Freund verliebt, habe aber auch oft Zweifel...
Liebe Grüße
PS: Ich bin ganz froh, dass ich eure Website entdeckt habe... gut dass es euch gibt :)
Unsere Antwort
Du bezeichnest dich als bisexuell, weil du dich in Männer und Frauen verknallst. Das erscheint mir daher eine passende Bezeichnung. Eine Abneigung gegenüber dem Penis lässt keine Schlussfolgerungen über deine sexuelle Orientierung zu. Lass dich davon nicht verunsichern.
Deine Einstellung zum Penis kann sich verändern. Entscheidend dafür ist, was du mit deinem Körper machst. Lass dir dafür Zeit. Gehe einen Schritt nach dem anderen und überfordere dich nicht. Mit Langsamkeit kommst du weiter.
Du bemerkst bereits, dass du selbst etwas machen kannst. Es freut mich, zu hören, dass du erste Veränderungen bemerkst, wie deine Vagina sich öffnen kann für einen Besucher.
Bleib dran. Das wird dir gut tun, um dich als Frau zu emanzipieren und dich von alten Erfahrungen zu lösen. Du kannst dein Geschlecht selbst in die Hand nehmen und erfährst auf diese Weise, dass du die Herrin im Haus bist. Dieses Gefühl ist besonders wichtig, wenn du in der Vergangenheit Gewalt erlebt hast.
Welche praktischen Tipps machst du aktuell? Ich halte es in deinem Fall für besonders wichtig, dass du in Bewegung bist. Deine Vagina wird dadurch von der passiven Erdulderin zur aktiven Aufnehmerin. Hierzu empfehle ich dir diese Übungsanleitung:
Wie wird meine Vagina zur aktiven Aufnehmerin?
- Nimm einen Spiegel und betrachte deine Vulva. Schau mal, ob du die Vaginaöffnung gut siehst. Dann spann die Beckenbodenmuskeln an. Siehst du diese Bewegung an der Vaginaöffnung?
- Mach deine Hand voll mit Gleitmittel, Bio-Mandelöl oder viel Speichel. Halte deinen Finger vor den Vaginaeingang. Nun bewege deinen Vaginaeingang zum Finger hin. Du bewegst also das Becken. Spann die Beckenbodenmuskeln fester an. Spürst du mit dem Finger, wie gut sich die Vagina verschliessen kann? Merkst du den Unterschied, wenn du die Muskeln etwas weniger anspannst? Je mehr du übst, desto besser wirst du den Unterschied spüren zwischen mehr und weniger angespannten Muskeln.
- Drück mit dem Vaginaeingang ein bisschen auf den Finger. Dafür bewegst du dein Becken zum Finger. Vielleicht nimmt deine Vagina den Finger ein wenig auf. Vielleicht geht der Finger ganz hinein. Es geht eben so weit du möchtest: Du hast die Kontrolle. Nimm den Finger nur so weit auf, wie es nicht wehtut. Lass dir Zeit.
- Halte den Finger völlig still mit der Fingerspitze im Vaginaeingang. Jetzt bewege dein Becken so nach vorn, dass der Finger in die Vagina sinkt. Bewege dein Becken zurück, damit der Finger wieder herauskommt. Du merkst: Die Vagina kann eigentlich sehr aktiv sein. Sie holt sich den Finger selbst herein. Stell dir vor, du bleibst beim Geschlechtsverkehr immer in Bewegung. Du bewegst also immer dein Becken, so wie du es geübt hast. Dann merkst du, dass deine Vagina nicht einfach passiv hinhält. Deine Vagina nimmt aktiv auf. Und sie erregt sich aktiv an dem, was sie aufnimmt.
- Beweg dein Becken langsam kreisförmig. So kann sich deine Vagina am Finger sanft massieren. Hast du Lust, deinen Finger zu bewegen? Dann tu das auch. Du kannst streicheln, reiben, drücken, auf allen Seiten deiner Vagina. Achte darauf, was deine Vagina da so alles wahrnimmt. Nehmen wir an, du wiederholst das oft. Dann wird deine Vagina mehr spüren. Eine Berührung fühlt sich angenehm an? Dann berühre dich immer wieder so. Und verstärke die Berührung auch. Drück also mal fester oder reib schneller.
- Spiel viel mit Bewegungen deines Beckens. Schaukel dein Becken und kreise es. Halt deinen Finger in der Vagina still, während du dein Becken auf alle möglichen Arten bewegst. Du bewegst dich also vor und zurück, hin und her. Mach alles, was dir gerade in den Sinn kommt. Wie fühlt es sich an, wenn du die Beckenbodenmuskeln anspannst und entspannst? Probier das auch mal aus.
- Mach unbedingt auch unsere Übungen zur Beckenschaukel. Das ist die Bewegung des Beckens, bei der deine Vagina am besten etwas aufnehmen kann.
Wenn du deine Vagina aktiv erlebst, wird dir das helfen beim Aufbauen einer positiven Beziehung zum Penis. Du merkst dann, dass deine Vagina den Penis aktiv aufnehmen kann und er muss eigentlich nur hinhalten.
Beklemmende Gefühle gegenüber dem Penis kannst du über den Körper sowohl fördern als auch regulieren. Es hat einen grossen Einfluss, wie du deinen Oberkörper bewegst. Ein lockerer Oberkörper hilft, lockerer gestimmt zu sein und mehr positiven Emotionen Platz zu geben. Schau dazu bitte auch in unseren Text Gute Gefühle beim Sex durch Bewegung des Oberkörpers.
Wichtig wäre aus meiner Sicht auch das Gespräch mit deinem Freund. Sag ihm, dass du dich erst an seinen Penis gewöhnen musst.
Wegen deiner schwierigier Vorerfahrung, ist es besonders wichtig in die Autonomie reinzukommen. Du bestimmst, was du mit dem Penis machst, wann, wie viel...
Er soll zum Beispiel einfach mal sitzen und du guckst dir seinen Penis an. Mach das bitte nur selbst in Bewegung, oder wenn du stehst. Achte darauf, dass du nicht starr wirst dabei. Falls du deinen Körper starr machst, erinnere dich daran, dass du das machst und du auch etwas anderes machen kannst. Es geschieht dir nicht, du kannst Einfluss nehmen. Spüre deine Füsse auf dem Boden oder deinen Po auf der Unterlage und bringe eine lockere Bewegung in deinen Oberkörper, um dich aus der Starre zu lösen. Falls du merkst, dass dir das Anschauen noch zu viel ist, geh wieder einen Schritt zurück. Fordere dich immer nur ein kleines bisschen heraus.
Noch ein paar Hinweise, worauf du allgemein achten kannst, damit der Sex für dich genussvoll ist:
Ich würde dir von Sex in der Rückenlage eher abraten, weil du dich dann eher ausgeliefert fühlst. Wichtig für dich ist die Möglichkeit, dich gut zu bewegen. Seitwärts oder gegenüber oder auf ihm drauf. Die Typische Vorstellung von Sex ist in Missionarsstellung. Aber für Menschen, die sexuelle Gewalt erlebt haben, ist es wichtig, nicht einfach dazuliegen und es geschehen zu lassen.
Du kannst uns wieder schreiben, welche Erfahrungen du machst und wir können dich weiterhin begleiten. Gib dann bitte die Nummer dieser Frage an.
Schau dir mehr Antworten und Infotexte an zum Thema