Wenn du handlungsfähig bist, trägst du Verantwortung für dein Tun. Du hast damit aber auch eine Menge Rechte. In diesem Text liest du die Handlungsfähigkeit nach deutschem Gesetz.
Was ist Handlungsfähigkeit?
Handlungsfähig bist du, wenn alles, was du machst, von deinem Land rechtlich anerkannt werden kann. Das heisst zum Beispiel, dass du einen Vertrag unterschreiben darfst, und die Unterschrift ist gesetzlich gültig. Wenn du handlungsfähig bist, kannst du für deine Handlungen verantwortlich gemacht werden. Du hast auch bestimmte Rechte und Pflichten, wenn du handlungsfähig bist. Du hast zum Beispiel die Freiheit, zu wählen und dich für ein politisches Amt aufstellen zu lassen.
Sind die Gesetze in der Schweiz, Deutschland und Österreich gleich?
Nein, die Gesetze sind in den drei Ländern nicht gleich. In der Schweiz gibt es ein einzelnes Gesetz für die Handlungsfähigkeit. In Deutschland und Österreich ist die Handlungsfähigkeit unterteilt: Dort sprechen wir von Geschäftsfähigkeit und Deliktsfähigkeit. Wir beschreiben in diesem Text die Handlungsfähigkeit nach Schweizer Gesetz und in diesem Text nach österreichischem Gesetz. Du liest gerade einen Text zur Handlungsfähigkeit in Deutschland.
Was ist Geschäftsfähigkeit?
Hier sind Beispiele für Geschäftsfähigkeit:
- Du bist geschäftsfähig, wenn du einen Vertrag abschliessen darfst, zum Beispiel einen Kaufvertrag oder einen Arbeitsvertrag.
- Du bist geschäftsfähig, wenn du regeln darfst, wer etwas nach deinem Tod erbt.
- Du bist geschäftsfähig, wenn du einen Kredit aufnehmen darfst.
- Du bist geschäftsfähig, wenn du mit anderen einen Verein gründen darfst.
Bei all diesen Beispielen fragen dich Leute in der Regel nach einer Unterschrift. Wenn du unterschreibst, wird es gesetzlich gültig. Das heisst, dass Menschen das umsetzen, was du unterschrieben hast. Sie müssen sich auch daranhalten. Wenn du etwas unterschreibst, kannst du das in den meisten Fällen auch widerrufen oder kündigen, solange du geschäftsfähig bist.
Ab welchem Alter bin ich geschäftsfähig?
In Deutschland sind Menschen ab 18 geschäftsfähig. Von 7 bis 18 sind sie «beschränkt» geschäftsfähig (§ 106 BGB). Hier gelten bestimmte Ausnahmen, die du weiter unten nachlesen kannst. Unter 7 sind Kinder «geschäftsunfähig» (§ 104 BGB).
Ausnahme: Einkaufen
Ein Kind unter 7 Jahren darf in Deutschland ohne Erwachsene zwar Dinge einkaufen, zum Beispiel einen Apfel. Es darf aber keine teuren Sachen kaufen. Auch zwischen 7 und 18 darfst du bestimmte Dinge nicht allein kaufen, zum Beispiel eine teure Gitarre. Entscheidend ist, dass du zwischen 7 und 18 praktisch fast alles kaufen darfst, was du möchtest – Kleidung, Musik, Bücher und vieles mehr. Deine Eltern sollten damit aber einverstanden sein. Sie müssen aber nicht zwangsläufig beim Kauf dabei sein. Wenn sie nicht einverstanden sind, können sie theoretisch den Einkauf rückgängig machen. Für deinen Einkauf gilt ausserdem, dass sie altersgerecht und für dein Alter freigegeben sein müssen. Ein Kind kann sich zum Beispiel keinen Film ab 16 kaufen, ein Jugendlicher aber schon, wenn er mindestens 16 Jahre alt ist. Lies dazu mehr auf dieser Seite. Wir empfehlen dir auch dieses Video, was das Thema Einkaufen und Geschäftsfähigkeit nach deutschem Recht einfach erklärt.
Ausnahme: Arbeiten
Du darfst ab 13 Jahren leichte Aushilfsjobs machen, wenn deine Eltern einverstanden sind. Für manche Jobs im Bereich Theater, Film und Fernsehen darfst du auch schon arbeiten, wenn du jünger bist. Als Jugendlicher ab 15 Jahren darfst du allein einen Ausbildungsvertrag oder Arbeitsvertrag kündigen. Du darfst den Vertrag aber nur abschliessen, wenn deine Eltern ihm zustimmen.
Wann sind Erwachsene nicht geschäftsfähig?
Menschen mit einer «Störung der Geistestätigkeit» sind nicht geschäftsfähig. Das sind zum Beispiel Menschen mit einer geistigen Behinderung oder einer schweren psychischen Störung, oder Menschen, die eine Demenz haben. Damit ihnen die Geschäftsfähigkeit abgesprochen wird, muss das aber ein Sachverständiger geprüft und bestimmt haben.
Was ist Deliktsfähigkeit?
Du bist deliktsfähig, wenn du dafür zahlen musst, wenn du jemandem geschadet hast. Du hast zum Beispiel gestohlen. Wenn du erwischt wirst, musst du den Schaden ersetzen. Wenn du nicht deliktsfähig bist, müssen Eltern, Vormünder, Pfleger oder andere gesetzliche Vertreter den Schaden ersetzen.
Ab wann bin ich deliktsfähig?
Ab 18 bist du in Deutschland deliktsfähig (BGB § 823 und § 828). Kinder unter 7 sind nicht deliktsfähig. Zwischen 7 und 18 bist du nur in bestimmten Fällen «bedingt deliktsfähig» (zum Beispiel, wenn du unerlaubt ein Graffiti auf eine Wand sprühst, oder wenn du in ein Haus einbrichst). Das gilt aber nur, wenn du während einer Tat einsehen konntest, dass du Schaden verursacht hast. Du könntest als 12-Jähriger also Schadenersatz für Graffiti-Sprühen leisten müssen, wirst für die Tat aber nicht bestraft. Letzten Endes beurteilen das aber Gerichte oder Sachverständige, inwieweit du mögliche Folgen absehen konntest, falls es zu einem Streitfall vor Gericht kommt.
Ist deliktsfähig nicht dasselbe wie schuldfähig?
Nein. Deliktsfähig meint nicht schuldfähig, denn da geht es um strafrechtliche Angelegenheiten. Du kannst zwar ab 7 «bedingt deliktsfähig» sein, unter 14 bist du in Deutschland aber «schuldunfähig». Die Unterschiede zwischen Deliktsfähigkeit (Zivilrecht) und Schuldfähigkeit (Strafrecht) können wir in der Kürze hier nicht beschreiben. Wenn dich das aber näher interessiert, verweisen wir dich auf das Jugendstrafrecht. Auf dieser Seite ist das deutsche Jugendstrafrecht kurz erklärt.