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Du hast ein Recht darauf, ganzheitliche Sexualaufklärung zu bekommen

Ganzheitliche Sexualaufklärung für alle. Ohne Ausnahme. Du hast einen Anspruch darauf. Lies hier, was damit gemeint ist.

Was bedeutet es, dass ich ein Recht darauf habe, ganzheitliche Sexualaufklärung zu bekommen?

Du darfst ganzheitliche Sexualaufklärung bekommen. Das ist ein sexuelles Recht. Alle haben das Recht auf Bildung und ganzheitliche Sexualaufklärung. Alle müssen die wichtigsten Informationen bekommen, die sie brauchen. Sie müssen sich diese Informationen also nicht selbst suchen, sondern bekommen sie. Zum Beispiel in der Schule. Deine Eltern haben in der Schweiz dennoch das Recht, zu bestimmen, dass du nicht an der Sexualaufklärung in der Schule teilnehmen darfst.

Was ist ganzheitliche Sexualaufklärung?

Ganzheitliche Sexualaufklärung soll dir dabei helfen, dass du selbst bestimmen kannst, wie du deine Sexualität und Beziehungen leben willst. Dabei hilft es, wenn du verschiedene Möglichkeiten dafür kennst. Wer Sexualaufklärung lehrt, darf also nicht ausschliesslich seine eigene Weltsicht weitergeben. Er oder sie muss ausserdem darauf achten, dass es stimmt, was er oder sie in der Sexualaufklärung beibringt. Denn das ist in Biologie und Erdkunde genauso wichtig wie bei Sexualaufklärung. Abhängig davon, aus welcher Familie du kommst, in welchem Land du lebst und was du über die Welt denkst, wirst du deine ganz persönlichen Ansichten zu Sex haben. Ganzheitliche Sexualaufklärung respektiert das. Gleichzeitig unterstützt dich ganzheitliche Sexualaufklärung dabei, dass du deine Sexualität und Beziehungen als positiv und genussvoll erlebst. Grundlagen für die ganzheitliche Sexualaufklärung sind zum Beispiel die Menschenrechte, dass Frauen und Männer gleich viel wert sind und die Überzeugung, dass Sexualität ein natürlicher Teil menschlicher Entwicklung ist.

Warum ist ganzheitliche Sexualaufklärung so wichtig?

Es ist wichtig, dass du nicht gleich wieder vergisst, was du in der Sexualaufklärung gelernt hat. Das schafft ganzheitliche Sexualaufklärung. Das hat man sogar mit Studien belegt. Du weisst dann: «Sexuelle Gesundheit ist mehr, als nur frei von sexuell übertragbaren Infektionen und ungewollten Schwangerschaften zu sein.» Du weisst auch mehr darüber, wie du dich vor diesen Risiken schützen kannst. Du weisst auch, wo du dich informieren kannst und lässt dich eher beraten, als wenn du keine ganzheitliche Sexualaufklärung bekommen hast. Zudem stehst du eher für deine Rechte in sexuellen Beziehungen ein. Du legst Wert darauf mit deinen Partner*innen zu reden. Du fühlst dich in der Lage, dich vor Gewalt und Übergriffen zu schützen. All das unterstützt deine Persönlichkeitsentwicklung massgeblich. Mehr zu den Erkenntnissen liest du in diesem Expert*innen-Bericht.

Wie erkenne ich, ob ich ganzheitliche Sexualaufklärung bekommen habe?

Was hast du in der Schule zu Sexualität gelernt? Ging es nur darum, dass ihr aufpassen müsst, euch nicht mit sexuell übertragbaren Infektionen anzustecken und welche Methoden der Schwangerschaftsverhütung es gibt? Dann war es keine ganzheitliche Sexualaufklärung. Bei ganzheitlicher Sexualaufklärung geht es um viel mehr. Zum Beispiel auch darum Vielfalt anzuerkennen und zu respektieren. Das heisst, der*die Lehrer*in spricht zum Beispiel offen darüber, dass sich nicht alle Männer in Frauen verlieben. Oder umgekehrt. Deine Lehrer*innen sprechen offen darüber, dass es trans und intergeschlechtliche Menschen gibt und verschiedene Arten von Familien – nicht nur Mutter, Vater, Kind. Es geht auch darum, über Gefühle zu sprechen und die Schüler*innen zu begleiten, respektvolle Beziehungen zu führen.

Wie ist der aktuelle Stand zu ganzheitlicher Sexualaufklärung in der Schule in der Deutschschweiz?

In der Deutschschweiz gibt es bisher kein einheitliches Vorgehen zur Sexualaufklärung in Schulen. Es kann also sein, dass du in der Sexualaufklärung in Bern etwas anderes lernst als in Basel. Und du lernst vielleicht etwas anderes als ein*e Kolleg*in, der*die auf eine andere Schule geht. In der ganzen Schweiz beinhaltet Sexualaufklärung in der Schule eher Biologie und Wissensvermittlung als ganzheitliche Sexualaufklärung. Ob, wann und in welcher Qualität du Sexualaufklärung in der Schule bekommst, hängt stark von den Lehrpersonen ab. Es macht also einen Unterschied, ob dein*e Lehrer*in engagiert ist, sich zu dem Thema weitergebildet hat und gute Lehrmittel rausgesucht hat. Selbst an der gleichen Schule bekommen also manche bessere Sexualaufklärung als andere. Sexuelle Gesundheit Schweiz macht aktuell (2018-2019) ein Projekt mit Jugendlichen, die sich für bessere Sexualaufklärung in Schulen in der Deutschschweiz einsetzen wollen. Wenn du Interesse hast, mitzumachen, melde dich beim Jugendnetzwerk von Sexuelle Gesundheit Schweiz.

Wie kann ich mich für ganzheitliche Sexualaufklärung an meiner Schule einsetzen?

Du kannst begrenzt etwas dafür tun, dass sich die Sexualaufklärung in deiner Schule verändert. Wenn deine Schule aber offen für deine Vorschläge ist, kannst du etwas bewirken. Ihr könnt euch als Schulklasse zum Beispiel dafür einsetzen, dass ihr die Regeln für den gemeinsamen Sexualkundeunterricht mitaufstellt. Welche Themen sind euch wichtig? Wie möchtet ihr miteinander reden und umgehen? Wenn eure Lehrer*innen das wissen, können sie besser auf eure Wünsche eingehen. Vielleicht dürft ihr auch Projekttage an eurer Schule machen. An diesen Tagen könnten Fachpersonen aus der Sexualaufklärung zu euch kommen. Die Fachpersonen können junge Menschen sein (der Ansatz nennt sich «Peer-Education») oder es sind feste Mitarbeiter*innen aus der Gesundheits- und Sexualberatung. Meist lockert das den Unterricht auf und ihr könnt eure Fragen frei heraus stellen. Du kannst deinen Lehrer*innen auch diesen Bericht von der Allianz für Sexualaufklärung zeigen, worin einige Tipps für ganzheitliche Sexualaufklärung stehen. Wir empfehlen dir auch sehr die Seite sexualaufklaerung-schule.ch von SEXUELLE GESUNDHEIT SCHWEIZ.

Was kann ich machen, wenn ich in der Schule keine Sexualaufklärung habe?

Einerseits kannst du etwas dafür tun, dass es an deiner Schule in Zukunft Sexualaufklärung gibt. Dazu kannst du dich an die Schüler*innen-Vertretung wenden. Sie können dein Anliegen vor der Schulleitung vertreten. Andererseits kannst du etwas dafür tun, dass du trotzdem an alle Informationen kommst, die du brauchst. Dazu kannst du dich zum Beispiel in einer Beratungsstelle zur sexuellen Gesundheit beraten lassen oder dich selbst informieren. Du kannst das sexuelle Recht auf ganzheitliche Sexualaufklärung auch immer wieder bei Freund*innen zur Sprache bringen. Schliesslich geht uns das Thema alle an. Und es kann sich am ehesten etwas ändern, wenn allen klar ist, wie wichtig das Thema ist.

Empfehlung

Wir empfehlen dir, in die Factsheets der Allianz für Sexualaufklärung zu schauen. Dort findest du Infos zu diesen Themen: