Liebes Lilli-Team,
mir geht es im Moment nicht gut. Ich habe im Moment mit vielen Veränderungen zu kämpfen. In der Vergangenheit hatte ich auch immer mal wieder kleinere depressive Phasen.
In der Vergangenheit hatte ich schon häufiger mit Ängsten zu tun. Diese Angst drehte sich bei mir darum, dass mit mir etwas nicht in Ordnung sein könnte (Hypochondrie). U.a. auch, dass mit meiner Sexualität oder psychischen Gesundheit etwas nicht stimmen könnte. Ich bin seit einiger mit meiner Freundin zusammen, mit der ich eigentlich sehr glücklich bin. Unser Sexualleben ist auch sehr gut.
Manchmal habe ich aber eben doch die Angst, dass etwas nicht stimmen könnte. Dann geht es um die Angst, dass mich Bilder von Gewalt oder von Kindern erregen könnten. Zuletzt gab es eine Situation, in der ich das Gefühl hatte, bei solchen Bildern erregt zu sein. Ich weiß zwar dass das keine richtige sexuelle Erregung war. Erregt bin ich insbesondere in Gegenwart meiner Freundin oder beim Anblick schöner Frauen. Aber wahrscheinlich vor lauter Angst und Anspannung habe ich in dieser Situation dann mastubiert, um diese Anspannung loszuwerden. Ich habe auf eurer Seite gelernt, dass sexuelle Fantasien nicht immer etwas mit der Realität zu tun haben müssen. Und dass ggf. sogar sexuelle Erregung in Situationen auftreten kann, in denen man diese überhaupt nicht haben will. Ich bin aber dennoch irgendwie unsicher und frage mich, ob mit meiner Sexualität alles in Ordnung ist. Ich stelle mir furchtbare Fragen: Was ist, wenn etwas nicht stimmt? Was ist, wenn du pädophile Neigungen hast? Und dich dann niemand mehr liebt? In diesem Gedankenkreis bin ich momentan gefangen.
Unsere Antwort
Ich bin beeindruckt, wie gut du dich selbst beobachten und reflektieren kannst. Du hast völlig recht: Du bist da in einem Angstkreislauf gefangen.
Sexuelle Erregung ist ein Reflex, der durch alles Mögliche ausgelöst werden kann. Das kannst du nicht bewusst steuern. Dass etwas bei dir den Erregungsreflex auslöst, heißt noch lange nicht, dass dich das sexuell tatsächlich interessiert. Denn der sexuelle Erregungsreflex reagiert potenziell auf alles, was das Gehirn irgendwann mal als „sexuell relevant“ abgespeichert hat. Zum Beispiel nackte Haut oder auch nur Worte wie „Sex“ oder „Vagina“. Und wie gesagt, nur weil ein Teil deines Gehirns das als relevant einstuft, heißt das nicht, dass du es auch interessant findest. Zudem kann der Erregungsreflex, wie du selbst ja richtig sagst, auch durch Angst und Anspannung ausgelöst werden. Oder auch dadurch, dass du die ganze Zeit ängstlich beobachtest, ob du erregt wirst – das scheint bei dir so gewesen zu sein. Falls auch Fantasien bei dir eine Rolle spielen, lies gern nochmal unseren Text dazu und die darin verlinkten Texte.
Den Erregungsreflex kannst du also nicht kontrollieren, aber dein Verhalten schon. Ich würde dir empfehlen, in solchen Situationen nicht zu masturbieren, sondern das erstmal möglichst gelassen hinzunehmen. Sag dir „Ah, da meldet sich gerade der Erregungsreflex. Das hat aber nichts zu bedeuten.“ Mach dann am besten eine Atemübung, zum Beispiel tiefes Bauchatmen. Zähl dabei beim Einatmen bis 4 und beim Ausatmen bis 7. Das beruhigt dich. Und falls du dann immer noch angespannt bist, bau diese Anspannung anders ab. Bewegung eignet sich dafür meist am besten. Renn ein bisschen auf der Stelle oder noch besser, geh raus und lauf eine Runde um den Block.
Nochmal zusammengefasst: Von dem, was du schreibst, denke ich mit deiner Sexualität ist alles in Ordnung. Gedanken und Körperreaktionen können wir oft nicht kontrollieren, das ist ganz normal. Am Ende zählt ohnehin dein Verhalten. Dein Problem liegt bei deiner Angst, nicht bei deiner Sexualität. Du schreibst, dass du häufiger Angst und Depression erlebst. Ich empfehle dir sehr, dir dafür professionelle Hilfe zu holen. Du musst das nicht einfach aushalten. Genau dafür sind Psychotherapeut*innen da und sie könnten dir sehr wahrscheinlich ziemlich schnell helfen.
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