39030: Danke für die Antwort, gerne führe ich noch etwas weiter aus.
Ja, es ging dann teilweise gar nichts mehr. Nicht mit Partnerin und nicht alleine. Die Entwöhnung sah so aus, dass ich mir solche Filme nur noch selten gegönnt habe (vor allem nicht aus Langeweile). Ich habe auch geschafft, die Hände von mir zu lassen. Danach habe ich ausgemacht und gesagt: gut, an dieser Stelle reicht es. Wenn das nicht ausgereicht hat, habe ich die Wohnung verlassen und bin spazieren gegangen. Das hat oft funktioniert. An einem Abend mit Alkohol, hat es auch mal nicht funktioniert bzw. die Erektion dann schon. Das ging ernsthaft über einen Zeitraum von circa fünf Jahren. Ich habe auch keinen Drang gehabt, mir etwas ansehen zu müssen, es war hin und wieder die Lust, man könnte mal wieder. Eine schöne, warme Dusche kann hin und wieder auch mal einen Reiz auslösen, aber Aktivitäten zu zweit selten. Da steh ich dann viel zu sehr unter Stress und Druck. Obwohl meine Partnerin verständnisvoll ist und wir eine liebevolle Beziehung führen, schon 7 Jahre. so, wenn du noch was wissen muss, melde dich.
Unsere Antwort
Vielen Dank für die weiteren Informationen.
Ich möchte dir zunächst einen anderen Blick auf deine sexuelle Lerngeschichte anbieten: Du hast früh entdeckt, dass dich Bilder von nackten Frauen sexuell erregen. Das ist eine sexuell gesunde Reaktion auf einen erotischen Stimulus. Das hast du häufig wiederholt, weil es sich gut angefühlt hat. Du hast das Anschauen von erotischen Bildern und Videos also stark mit sexueller Erregung verknüpft. Das ist erstmal eine wichtige Ressource, auf der du aufbauen kannst.
Es klingt so als hättest du nicht viele andere sinnliche Erlebnisse mit deinem Penis, deinen Hoden oder generell deinem Körper gehabt. Möglicherweise fehlen mir da Informationen, aber von dem was ich lese, klingt es so. Was dann häufig passiert, ist, dass der gewohnte Stimulus irgendwann nicht mehr ausreicht, um eine stabile Erektion hervorzurufen. Es müssen also immer intensivere Filmchen her. Wenn ich dich richtig verstehe, hast du das so erlebt.
Dein Lösungsversuch war dann: Entwöhnung. Das ist erstmal naheliegend, in unserer beraterischen und therapeutischen Erfahrung funktioniert das aber häufig nicht - zumindest nicht auf Dauer. Du bist der Logik gefolgt: Das viele Pornos gucken hat dazu geführt, dass ich keine Erektion mehr habe, also müssen die Pornos weg. Entscheidend ist aber, was du aufgrund der Pornos nicht erlebt und gelernt hast. Und davon braucht es mehr statt weniger.
Du beschreibst, dass du dich von Pornos abhängig erlebst oder erlebt hast. Dann kann es sein, dass du findest, die Pornos sind schuld. Nein, das sind sie nicht. Pornos sind einfach Erregungsquellen. Du hast in vielen Wiederholungen gelernt, dich über das zu erregen, was du dort siehst und hörst. "Schuld" ist also dein sexueller Lernprozess. Hier liest du nach, wie das sexuelle Lernen funktioniert.
Wenn ich mir konkret deine sexuelle Lerngeschichte betrachte, vermute ich folgendes: Beim Pornos schauen war deine Aufmerksamkeit nicht beim Spüren deines Körpers und den feinen Wahrnehmungen in deinem Penis, sondern bei den Bildern. Das Spüren wurde also kaum trainiert. Dieses Spüren ist aber eine wichtige Voraussetzung für stabile Erektionen bis ins hohe Alter. Aber keine Sorge, du kannst in jedem Alter weiterhin sexuell dazulernen. Dafür gibt es Wahrnehmungsübungen. Die empfehle ich dir sehr.
Zusätzlich vermute ich, dass du dir die Sexualität mit dir selbst nicht erlaubst. Vielleicht denkst du: "Ich sollte nicht so oft masturbieren" oder "Ich sollte keine Pornos schauen". Vielleicht erlaubst du dir nicht die Art von sexuellen Aktivitäten, die du dir wünschst. Vielleicht hast du ein schlechtes Gewissen. Warum denkst du, dass du das, was du tun willst, nicht tun solltest? Es ist dein sexuelles Recht, Sex zu haben und sexuelle Aktivitäten zu geniessen. Es gibt kein "falsch" oder "zu viel", solange du nichts Verbotenes tust und niemandem dabei schadest. Frag dich also selbst: Wer oder was verbietet dir, dies zu tun? Vielleicht hast du einen "inneren Polizisten" in deinem Kopf, der dir sagt, was richtig und was falsch ist. Woher kommt der innere Polizist? Seit wann hast du ihn? Wieso?
Wir von Lilli finden, es macht einen riesigen Unterschied, ob du Sex machst, den du wirklich lustvoll und positiv erlebst, oder ob du während und nach dem Sex eher Stress und negative Gefühle erlebst. Du schreibst ja selbst, dass Sex bei dir gerade mit Druck und Stress verbunden ist. Es ist daher sinnvoll, wenn du herausfindest, wie du Sex haben kannst, bei dem es dir gut geht – vorher, währenddessen und nachher. Genuss ist wunderbares Futter für deine Erektion.
Nimm dir bitte eine Minute Zeit und denk darüber nach, wie du Sex (allein oder mit anderen) hast. Was machst du mit deinem Körper? Schau dir diesen Text an, der gibt dir Tipps, auf was du achten kannst. Möglicherweise merkst du, dass du dich wenig bewegst mit dem Körper, sondern dass der eher angespannt ist. Hohe Muskelspannung kann sexuellem Genuss verhindern. Mehr dazu erfährst du in diesem Text.
Und wo bist du mit deiner Aufmerksamkeit? Wenn du vor dem Bildschirm oder am Handy bist, richtet sie sich wahrscheinlich auf das, was du siehst oder hörst. Oder vielleicht ist es eine Fantasie. Oder irgend etwas anderes ausserhalb von dir, das dir den Kick gibt. Das heisst, du bist mit der Aufmerksamkeit nicht in deinem Körper.
Sex ist etwas, das sich in deinem Körper abspielt. Du wirst den Sex viel erfüllender erleben, wenn du dich wirklich darauf einlässt, was in deinem Körper passiert, und wenn du lernst, das intensiv und angenehm zu empfinden und all das hilft deiner Erektion.
Du beschreibst, dass du unter einer warmen Dusche ab und zu eine Erektion hast. Das zeigt, dass es eine gewisse Entspannung braucht, damit sexuelle Erregung bei dir ausgelöst wird. Du könntest dir bewusst mehr solche Situationen schaffen. Es geht wirklich darum, aufmerksam dafür zu sein, was für dich gut funktioniert und davon mehr zu machen. Zum Beispiel könntest du wunderbar, die Beckenschaukel unter der Dusche machen.
Noch ein wichtiger Hinweis: Falls du über einen längeren Zeitraum gar keine Erektionen hast, solltest du auf jeden Fall zum Arzt gehen. Denn eine ausbleibende Erektion kann ein Frühwarnzeichen für schwerwiegende Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Es kann ebenfalls Stress und Druck rausnehmen, wenn du mit einem vom Arzt verschriebenen Potenzmittel eine verlässlichere Erektion hast. Das ist eine gute Unterstützung für das Üben wie oben geschrieben. Das Trainieren der Wahrnehmung braucht Ausdauer und Geduld, aber wie du in diesem Bild siehst, lohnt es sich:
Schau mal, was du anfangen kannst, mit dem, was wir schreiben.
Du hast gute Voraussetzungen, eine Veränderung umzusetzen. Du hast eine liebevolle Partnerin und in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass du Disziplin hast, wenn du etwas verändern möchtest.
Eine schriftliche Online-Beratung kann nicht alles bieten, was eine Beratung in Präsenz oder per Video bieten kann. Ich könnte mir vorstellen, dass es dir an dieser Stelle gut tun würde, Kontakt mit einer Person der Therapeut:innen Liste aufzunehmen. In einer Beratung kann man die Beziehungsaspekte, dein Entwöhnen und die Lustlosigkeit ganz genau anschauen. Ich hoffe, dass dich das ermutigt, eine Fachperson aufzusuchen, welche dir sicher weiterhelfen kann, falls du allein nicht weiter kommst oder dir den Komfort einer unterstützenden Person gönnen möchtest.
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