Sex-Probleme und Lösungen / Erektionsprobleme: Tipps für Männer und Paare:
Sehr viele kennen Erektionsschwierigkeiten. Es ist eine gute Idee, dich beim Arzt durchchecken zu lassen.
Was geschieht genau beim Arzttermin?
Der*die Ärzt*in hört sich an, worum es bei dir geht. Er*sie wird dir Fragen stellen zu morgendlichen Erektionen, zur Paarsexualität, zum Solosex und ob du Medikamente einnimmst. Er*sie sollte auch deinen Penis und die Hoden oder eine ganzkörperliche Untersuchung machen. Er*sie forscht also nach der Ursache und macht dann Vorschläge für sinnvolle Behandlungen. Du entscheidest, welche für dich in Frage kommen. Mehr zum Besuch beim Urologen steht in diesem Kapitel.
Warum ist eine Begleitung durch Fachpersonen wichtig?
Wir halten es für sinvoll, dass du dich zu deinem ganz eigenen Gesundheitsspezialisten ausbildest – mithilfe der Fachleute aus den verschiedenen Spezialgebieten. Denn Fachleute haben (sehr wahrscheinlich) mehr Erfahrung als du. Du bist nicht der einzige, mit diesem Thema und viele Menschen haben sich schon erfolgreich Hilfe geholt. Vielleicht denkst du, du solltest allein klarkommen. Es fällt dir schwer, Unterstützung anzunehmen oder du schämst dich, offen anzusprechen, was bei dir los ist. Aber begleitet von einer Fachperson kommst du in der Regel viel schneller voran und verhinderst, dass sich dein Problem mit der Zeit noch mehr verschlimmert. Wir finden: Jeder Mensch verdient die Möglichkeit, eine erfüllende und zufriedenstellende Sexualität zu geniessen.
Wann sollte ich mich definitiv untersuchen lassen?
Einige Männer scheuen einen Termin bei einer fachärztlichen oder sexualtherapeutischen Praxis. Vielleicht traust du dich nicht, dein Anliegen hervorzubringen. Viele Männer schweigen, wenn es beim Sex mit der Erektion nicht (mehr) so hinhaut. Denke aber einmal genauer darüber nach. Was wiegt für dich mehr: die paar Minuten Verlegenheit oder die vielen Jahre ohne Erektion?
Es gibt gute Gründe für eine Untersuchung:
- Du bist nicht mehr jung und hast eine Erektionsstörung. Im höheren Alter sind Erektionsschwierigkeiten häufig Vorzeichen von Bluthochdruck und dem Risiko eines Schlaganfalls und Herzinfarktes
- Du hast Diabetes Mellitus Typ 1
- Du hast starke Angst, dass bei dir körperlich etwas nicht stimmt, dann hilft ein Termin bei Ärzt*innen zur Abklärung.
- Du wünschst dir Medikamente zur Behandlung deiner Erektionsschwierigkeiten (Bis zu 4 Tabletten Sildenafil in der niedrigsten Dosierung gibt es in der Schweiz seit April 2020 auch in der Apotheke nach einem Beratungsgespräch)
- Du hast oder hattest Beckenverletzungen
- Du hast bei der Selbstbefriedigung (aus Lust, nicht zur Kontrolle, ob „es noch geht“!) regelmässig keine Erektion
- Du hast keine nächtlichen oder morgendlichen Erektionen
Falls dein Penis nur ab und zu nicht steif wird, lies bitte unseren Text Gelegentliche Erektionsschwierigkeiten sind normal.
Was kann ich von einem Arzttermin erwarten?
Sicher ist eins: Ärzt*innen helfen, herauszufinden, woran die Schwierigkeiten liegen, auch wenn sie sie nicht sofort beseitigen können. Lass dich nicht davon beirren, wenn dein*e Ärzt*in nichts vom sexuellen Lernen sagt. In der Standard-Ausbildung von Ärzt*innen spielt Sexualität kaum eine Rolle. Viele Ärzt*innen wissen daher nicht, dass du auch an der Art und Weise, wie du Sex machst, arbeiten kannst und an deiner Genussfähigkeit. Es kann also sein, dass die Behandlung unvollständig ist. Es gibt auch Ärzt*innen mit sexualtherapeutischer Zusatzausbildung. Wenn dir dieser Aspekt wichtig ist, könntest du einen Termin bei so einer Person machen.
Wie finde ich gute Ärzt*innen?
Es ist unterschiedlich, wie gut Ärzt*innen auf dich eingehen. Da kannst du Glück oder Pech haben bei der Person, bei der du deinen Termin hast. Es kommt vor, dass Ärzt*innen bei einem Termin nicht so viel erklären. Und sie gehen vielleicht nicht so viel darauf ein, wie es dir mit deinem Problem geht, welche Gedanken du dir dazu machst und welche Auswirkungen es auf deine Partnerschaft hat. Scheue dich nicht, eine*n andere*n Ärzt*in aufzusuchen, wenn du dich unzureichend behandelt fühlst. Achte darauf, was du brauchst und schau, bei welchen Fachpersonen du die entsprechende Unterstützung bekommen kannst.
Wie kann ich meine Erektionsprobleme behandeln?
Medikamente werden häufig direkt als Therapieversuch eingesetzt. Sie sind die Standardbehandlung bei Erektionsstörung. In aller Regel verschreiben dir Ärzt*innen bei Erektionsschwierigkeiten also ein Medikament. Andere Fachpersonen haben in der Regel viel mehr Zeit, auf die anderen Aspekte von Erektionsschwierigkeiten einzugehen. Es kann daher auch sinnvoll sein, dass Ärzt*innen dich an eine Psychotherapie oder eine Sexualtherapie weiterverweisen. Ausserdem wirkt sich der Lebensstil auf die Erektion aus. Du kannst also deine Erektionsstörung möglicherweise durch mehr Sport, gesündere Ernährung und weniger Stress beeinflussen. Eine Operation (Stosswellen-Lithotripsie, Extrakorporelle Stosswellen Therapie) sollte nicht die erste Wahl sein.
Funktioniert meine Erektion sicher wieder, wenn ich die körperliche Ursache behebe?
Viele Menschen verstehen Sexualität als etwas, was „einfach funktioniert“ solange es keine Hindernisse gibt. Das stimmt – unserer Erfahrung nach – so nicht ganz. Es kommt immer wieder vor, dass die körperliche Ursache behoben wird und die Erektion trotzdem nicht gut funktioniert.
Was spielt bei Erektionen alles eine Rolle?
Erektionen sind ein komplexes Geschehen: Körper, Gefühle, Gedanken, Beziehung spielen dabei eine Rolle. Ärzt*innen haben den Fokus auf dem organmedizinischen, auf der Hardware sozusagen. Wir legen den Fokus auf deinen Umgang mit deinem Körper bei der Sexualität – sozusagen also auf die Bedienung der Hardware.
Wieso macht es Sinn, genauer hinzuschauen?
Wir alle lernen, wie Sex geht. Und wie wir Sex machen, hat Auswirkungen darauf, was wir über Sex denken, wie wir ihn erleben und wie wir in Beziehung gehen mit der anderen Person. Es erweist sich in der sexualtherapeutischen Praxis als überaus hilfreich, sich die Sexualität im Detail anzuschauen. Das bedeutet: wie setzt du deinen Körper beim Sex ein? Wo spannst du an? Wie tief atmest du? Wie stark reibst du? Wenn du genau beobachtest, was du tust, kannst du auch etwas verändern.
Wie kann ich etwas verändern?
Wir unterscheiden zwischen der Erektionsstörung und dem Umgang damit. Ein bekannter Sexualtherapeut (D. Schnarch) meint dazu: Die Potenz eines Mannes fängt da an, wo seine Erektion aufhört. Nutze dein Erektionsthema, um auf dich und deine Sexualität zu schauen. Also egal in was für einem Zustand du jetzt steckst: Du kannst etwas machen. Sexualtherapeutisch gibt es zwei grosse Herausforderungen: die Angstspirale („Hoffentlich klappt es diesmal!“) und die Art und Weise, wie du Sex machst (genitale Erregungstechnik). Häufig haben Erektionsschwierigkeiten mehr mit Lustlosigkeit und fehlender sexueller Erregung zu tun als mit der körperlichen Fähigkeit zu einer Erektion. Mehr dazu steht in unserem Text Wieso habe ich Erektionsprobleme nur beim Sex mit anderen?.
Sollten Partner*innen in die Behandlung einbezogen werden?
Fachpersonen empfehlen im Falle einer Beziehung sehr, Partner*innen in die Behandlung und Beratung miteinzubeziehen, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Häufig ziehen sich Männer in einer Beziehung nämlich zurück, sobald sie Erektionsprobleme feststellen. Das belastet die Situation zunehmend. Weitere Tipps findest du in unseren Texten Erektionsprobleme: Tipps für den Umgang in der Partnerschaft und Erektionsprobleme: Ist die Partnerschaft schuld?.
Achtung vor der Idee eines «Quick Fix»
Du und vielleicht auch deine behandelnden Ärzt*innen wünschen sich oft eine schnelle und effiziente Lösung. Nach dem Motto: nur eine Pille schlucken und alles ist für immer gelöst - ein «Quick Fix». Das ist ein verständlicher Wunsch, aber die Kombination aus Medikamenten und Beratung/Therapie verbessert deine Erektion deutlich besser und langanhaltender, als wenn du nur ein Medikament einnimmst ohne jegliche Begleitung. Bei der Begleitung spielen zum Beispiel Fragen wie diese eine Rolle:
- Was waren deine bisherigen Erfahrungen mit Sexualität?
- Was denkst du, woher die Probleme kommen?
- Welchen Einfluss hat es auf deine sexuellen Beziehungen und auf deine Liebesbeziehung?
- Welche Rolle spielt deine Erektion für dein Gefühl von Männlichkeit?
- Was erhoffst du dir von der Behandlung?
- Wieso interessierst du dich jetzt für eine Behandlung?