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Frage Nr. 36638 von 19.03.2023

Liebes Lilli Team,
ich (w,27) habe die Befürchtung, dass ich evtl. ein Problem mit Dissoziation habe und habe bei euch den Text dazu gelesen. Mir passieren solche Sachen immer wieder, wie ihr sie auch beschreibt. Ich fühle mich oft, wie ferngesteuert und sehe, wie sich mein Körper bewegt und redet. Besonders schlimm ist es in Stresssituationen wie z.B. in Prüfungssituationen, dann fühle ich mich manchmal gar nicht mehr und das löst dann zusätzliche Angst aus, weil ich das Gefühl habe, irgendetwas stimmt in meinem Kopf nicht mehr. Sehr unangenehm ist auch, dass ich mich an manche Sachen danach nicht erinnern kann. Das macht mir Angst.

Zum Beispiel wenn es zu Streit mit meinem Freund kommt, fehlt mir dann oft dieser Ausschnitt und ich weiß nicht, worüber wir gestritten haben oder was ich gesagt habe. Es ist mir extrem unangenehm und es führt zu komischen Situationen, weil ich das vor ihm auch nicht zugeben mag. Das gleiche passiert mir leider auch in anderen Situationen. Wenn ich duschen möchte, bin ich oft so weit weg in Gedanken, dass ich es nicht mitbekomme, was ich mache und danach wieder zu mir komme und es z.B. am nassen Handtuch im Bad bemerke, dass ich schon duschen war. Das ist natürlich eigentlich nicht so ein schlimmes Problem, aber es beunruhigt mich trotzdem.

Können diese Probleme an Dissoziation liegen oder stimmt mit mir etwas anderes nicht? Muss die Dissoziation mit einem Trauma zutun haben? Wenn man sich nicht erinnert oder man sich selbst zuschaut beim Sprechen, kann es auch sein, dass ich sehr unkonzentriert bin wie bei ADHS?

Ich weiß, dass ich seit meiner Kindheit zu verschiedenen Therapeuten geschickt wurde, weil ich immer wieder Probleme hatte (gewalttätig, Essstörung, ADHS, Selbstverletzung,...), aber dort war Dissoziation so weit ich weiß nie Thema. Hätten die das nicht gemerkt, wenn mein Problem wegen Dissoziation und einem Trauma war.

Meine Eltern streiten heute komplett ab, dass sie je gewalttätig waren, aber manchmal erinnere ich mich und es gibt auch Fotos, die entsprechende Verletzungen zeigen. Es ist auch immer wieder so abgelaufen, wie das auf eurer Seite steht, sie haben gedroht, dass ich nichts erzählen darf, haben mir die Schuld gegeben, manchmal haben sie auch geweint, sich entschuldigt und ich habe sie beruhigt und getröstet. Das Wichtigste für sie war, dass nach außen alles normal wirkt. Deswegen haben sie mich auch immer wieder zu verschiedenen Therapeuten gebracht, wenn es in der Schule Probleme aufgrund meines Verhaltens gab und diese Probleme habe ich dann auch irgendwie in Griff bekommen und irgendwann habe ich es geschafft normal und unauffällig zu sein. Dabei hat mir mein Freund sehr geholfen, weil er anders mit mir umgeht.

Inzwischen habe ich mir auch versucht Hilfe bei einem Therapeuten für Trauma zu suchen. Ich habe mich nicht getraut dort direkt von diesem Problem mit den Blackouts und so zu erzählen. Ich habe erklärt, dass meine Eltern gewalttätig waren, aber so eine Therapie bekommt man nur, wenn man echte Probleme wie Flashbacks hat. Das habe ich aber nicht, manchmal erlebe ich zwar wohl so etwas wie Trigger z.B. macht mir ein bestimmter Typ Männer große Angst, dann zittere ich und will einfach nur weg, aber ich sehe keinen Film, der mit der Vergangenheit zu tun hat. Nur manchmal habe ich Erinnerungen, aber bis ich es jemandem erzählen könnte, fällt es mir meist nicht mehr genau ein und ich kann doch auch nicht wissen, ob das überhaupt mit diesen Problemen zu tun hat. Kann so eine Therapie nur gegen Flashbacks und Erinnerungen helfen? Vielen Dank für eure Arbeit!

Unsere Antwort

Danke für deine ausführliche Beschreibung. Das zeigt mir ein klares Bild. Du erlebst eindeutig Zustände der Dissoziation – in deinem Erleben, und in deiner Person. Das ist auf traumatische Erlebnisse zurückzuführen. Aufgrund all deiner Beschreibungen ist es für mich klar, dass du im Elternhaus seit früher Kindheit und über lange Zeit traumatische Erlebnisse hattest. Du erlebst übrigens auch Flashbacks – das müssen keine Filme sein, das können auch so starke Gefühlszustände sein, wie du das beschreibst. Bitte lies dazu unseren Text über Flashbacks.

Ein Mann mit ernstem Gesichtsausdruck hat eine Hälfte seines Gesichts von sich abgetrennt. Er versucht sie mit beiden Händen von sich wegzuschieben.

Du kannst etwas dafür tun, dass du dich von deiner Vergangenheit emanzipierst und in deinem Erleben nicht mehr so gespalten bist. Du kannst mit allem in dir eins werden Ich rate dir dafür dringend zu traumatherapeutischer Begleitung. Hattest du ein gutes Gefühl bei dem Therapeuten, bei dem du gewesen bist? Warum wolltest du ihm nichts Genaueres erzählen? Dachtest du, er sagt dir einfach: „Irgendetwas stimmt in Ihrem Kopf nicht!“? Es ist oft so, dass Menschen, die dissoziative Zustände erleben, meinen, sie seien verrückt. Es ist wichtig, dass du verstehst, dass dein Kopf das entwickelt hat, um irgendwie mit ganz schlimmen Erlebnissen und Gefühlszuständen klarzukommen.

Wenn der Therapeut ein ausgebildeter Traumatherapeut ist, nimmt er dich mit deinen dissoziativem Erleben ernst. Falls du noch jemand weiteren ausprobieren möchtest, empfehle ich dir, dass du dir eine Traumatherapeut*in aussuchen, die*der sich mit Dissoziation auskennt.

Schreib uns bitte, wenn du weitere Fragen hast oder nicht weiter kommst. Gib dann bitte die Nummer dieser Frage an.

 

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