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Frage Nr. 39262 von 15.12.2024

Ich habe gemerkt, dass ich mich total schäme für meine Familie. Meine beiden Eltern haben praktisch keinen Kontakt mehr zu ihren Verwandten. Ich sehe auch häufig, dass sie ausgenutzt worden sind oder mit vielen Menschen im Streit sind. Für meine Verhältnisse haben sie wenige Freunde.

Ich versuche sie irgendwie immer zu verteidigen, merke jedoch das etwas komisch ist. Sie sind irgendwie auch nie locker. Ich hatte zum Beispiel als Kind den Wunsch, einfach mal mit Freunden und ihren Kindern in die Ferien zu fahren. Ich habe gemerkt, dass mir dies fehlte als Kind und dies hat mich traurig gemacht.

Meine Mutter wurde von ihrer Familie immer irgendwie abgelehnt. Sie zog sehr früh aus. Bei meinem Vater kann ich es nicht genau sagen. Ich schäme mich dafür total, da ich das Gefühl habe, dass sie hauptsächlich sich haben.

Sie haben mir auch als Kind teilweise verboten mit anderen Kindern in die Ferien zu fahren. Es macht mich heute enorm traurig, vor allem, wenn ich bei anderen Familien sehe, wie es dort abläuft und was die Kinder dort alles haben.

Wie kann ich mit diesem Schamgefühl umgehen und wie kann ich lernen mich abzugrenzen?

Unsere Antwort

Bist du die gleiche Person, die uns diese Woche schon mehrere Fragen gestellt hat? Ich frage wegen dem Wort "traurig", das in diesen Fragen immer wieder vorkommt. Ausserdem ist der Stil ähnlich. Falls ja, und falls du uns jemals wieder schreibst: Gib uns doch mal an, welche Fragen du uns schon gestellt hast. So können wir uns ein besseres Bild über dich machen und dir besser helfen.

Fragst du dich, wie du dich besser von deinen Eltern abgrenzen kannst? Da hilft es dir, wenn du sie dir genauer anschaust. Und zwar als erwachsene Menschen, die ihre Handlungen selbst gewählt haben und dazu nicht gezwungen wurden. Deine Eltern waren und sind für ihr Leben selbst verantwortlich. Frag dich, warum du sie gegen wen verteidigen möchtest. So denkt ein Kind, das seine Eltern beschützen möchte, weil es auf Gedeih und Verderb von ihnen abhängig ist. Ich vermute, du bist jetzt selbst erwachsen. Emotional fühlt es sich aber möglicherweise noch eher so an wie damals, als du Kind warst: loyal gegenüber den Eltern. Denn ein Kind kann sich Abgrenzung nicht leisten.

Tatsache ist: Die Haltung und die Handlungen dieser Eltern haben in dir als Kind Trauer ausgelöst und lösen in dir auch noch als erwachsene Person Trauer aus. Schau genau hin, was deine Eltern dem Kind angetan haben. Setze alles daran, Mitgefühl für das Kind zu entwickeln, das du warst. Wie hat sich das für das Kind angefühlt, traurig zu sein? Wer hat es getröstet? In der Regel hilft es bei der Abgrenzung und Emanzipation, wenn wir Partei für uns als Kinder ergreifen und unser eigenes Wohlergehen für uns wichtiger wird als das der Eltern.

Erwachsenwerden heisst, dass du lernst, dich um dich selbst zu kümmern. Nimm das Kind in den imaginären Arm und tröste es. Die Eltern, die das Kind gebraucht hätte, hatte es nicht. Aber du als erwachsene Person kannst lernen, dich um dich und deine verletzten emotionale Zustände zu kümmern. Ich empfehle dir dazu auch diesen Text über den Umgang mit Emotionen.

Erwachsen sein heisst, dass du realisierst, dass du nicht Tochter oder Sohn bist, sondern Mensch. Und als Mensch ist man allein. "Allein" ist ein spannendes Wort. Es hat ja auch etwas von "alles in einem". Scham kommt dann, wenn wir uns in unserem Selbst angegriffen fühlen. Das Gefühl der Verbundenheit mit den Eltern erzeugt das Gefühl, sich mitschämen zu müssen, wenn sie etwas tun oder erleben, das du als beschämend erlebst. Aber in Realität bist du nicht Teil eines Konglomerats aus deinen Eltern und dir, sondern du bist All-Ein.

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