Viele Menschen mit Depressionen erleben Schwierigkeiten in der Sexualität. Antidepressiva können Lust auf Sex wieder ermöglichen. Sie können auch Nebenwirkungen haben, die den Sex beeinflussen - nicht nur negativ, sondern auch positiv.
Was sind Antidepressiva?
Antidepressiva sind Medikamente, die Ärzt*innen Menschen mit Depressionen verschreiben können. Sie verschreiben Antidepressiva ausserdem bei vielen anderen psychischen Störungen, zum Beispiel zur Behandlung von Angst- und Zwangsstörungen. Manchmal werden sie auch bei Schmerzen oder Schlafstörungen eingesetzt.
Warum sind Antidepressiva gut für den Sex?
Fast ein Drittel der Menschen mit Depressionen haben durch die psychische Störung weniger oder sogar gar keine Lust auf Sex, oder der Sex klappt nicht so gut. Wenn die Behandlung mit Antidepressiva wirkt und es dir wieder besser geht, kann sich die Lust auf Sex wieder steigern. Es ist also grundsätzlich gut, wenn du die Antidepressiva nimmst.
Welche beeinflussen den Sex öfter negativ?
Bei SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, z.B. Fluoxetin oder Sertralin) berichten mehr als die Hälfte der Menschen über negative Nebenwirkungen rund um die Sexualität.
Bei SNRI (Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, z.B. Venlafaxin und Duloxetin) berichten etwas weniger Leute über Nebenwirkungen.
Welche beeinflussen den Sex öfter positiv?
Buproprion (Wellbutrin) kann einen positiven Einfluss auf die Libido und die sexuelle Funktion haben. Darum geben Ärzt*innen manchmal zu einem Antidespressivum zusätzlich Buproprion (Wellbutrin). Du nimmst dann also zwei Antidepressiva. Trazodon (Trittico) kann auch einen positiven Einfluss auf die Libido haben. Bei Moclobemid (Aurorix) berichten manche von erhöhtem sexuellen Begehren.
Manche Antidepressiva werden manchmal bei vorzeitigem Samenerguss gegeben, weil die sexuelle Erregung langsamer ansteigt. Das heisst, hier kann eine eigentlich «negative» Nebenwirkung ein sexuelles Problem positiv beeinflussen.
Welche haben wenig Einfluss?
Neben Buproprion (Wellbutrin), Trazodon (Trittico) und Moclobemind (Aurorix), gibt es weitere Medikamente, bei denen Menschen nur sehr selten über Nebenwirkungen bezüglich ihrer Sexualität berichten: z.B. Vortioxetin (Brintellix) und Agomelatin (Valdoxan). Johanniskrautpräparate haben auch keine bekannten negativen Nebenwirkungen auf die Sexualität.
Wie zeigen sich Nebenwirkungen in der Sexualität?
Das ist von Mensch zu Mensch verschieden. Vielleicht bist du irritiert, weil es auf einmal anders ist als gewöhnt. Es dauert vielleicht länger, bis du in Fahrt kommst. Du erlebst die sexuelle Erregung womöglich gedämpft oder spürst weniger intensiv als sonst. Es braucht vielleicht mehr Stimulation, bis du sexuell erregt bist, oder bis du einen Orgasmus hast. Oder du hast insgesamt weniger Lust auf Sex. Das heisst nicht, dass bei dir sexuell gar nichts mehr geht. Du hast nun einfach eine andere Ausgangslage als sonst.
Gehen die Probleme nach Absetzen der Medikamente weg?
Die Nebenwirkungen verschwinden in der Regel, sobald du das Medikament absetzt. Manchmal berichten Menschen davon, dass die Probleme bestehen bleiben. Es gibt dafür sogar einen Namen: Post-SSRI sexual dysfunction (PSSD). Lass dich davon bitte nicht beirren: Antidepressiva richten keinen unumkehrbaren körperlichen Schaden aus. Aber deine Sexualität hat jetzt vielleicht eine deftigere Störungsphase hinter sich und muss erst wieder aufgebaut werden. Hinzu kommt vielleicht noch die Verunsicherung, dass jetzt nichts mehr klappt. Durch diese Angst klappt's dann noch weniger. Und von allein kommt das deshalb vielleicht nicht mehr. Aber du kannst etwas tun, dass es wieder kommt – oder noch besser wird. Dafür braucht es Geduld und Übung.
Wie spreche ich mit Ärzt*innen darüber?
Sprich mit der Fachperson, die dir die Medikamente verschreibt. Sag ihr, dass dir deine Sexualität wichtig ist und dass du gern ein Medikament oder eine Medikamentenkombination möchtest, die hier möglichst förderlich ist.
Falls du schon ein Medikament nimmst und meinst, es wirke sich negativ auf deine Sexualität aus, sprich das unbedingt an. Vielleicht kannst du auf ein anderes Medikament umstellen, oder zusätzlich Wellbutrin nehmen.
Wenn du findest, dass die ärztliche Fachperson dein Anliegen nicht ernst nimmst, raten wir dir, bei einer anderen Fachperson eine Zweitmeinung einzuholen und/oder zu einer anderen Fachperson zu wechseln.
Was kann ich bei Problemen konkret tun?
Lies dazu bitte den Text Was tun bei sexuellen Problemen bei Medikamenteneinnahme? Da erfährst du, wie du mit Nebenwirkungen besser umgehen lernst, und was du machen kannst, um deine Sexualität zu verbessern.