Es ist nie zu früh, mit deinen Kindern über Sex zu reden. Wenn du selbst über die kindliche Sexualentwicklung bescheid weisst, stehst du deinem Kind und seiner Sexualität gelassener gegenüber.
Ab wann sind Kinder sexuelle Wesen?
Die Realität ist: Wir kommen als sexuelle Wesen auf die Welt. Schon vor der Geburt ist sexuelle Erregung möglich: Man kann bei männlichen Föten Erektionen sehen. Und ab der Geburt kann sexuelle Erregung beim Berühren oder Bewegen ausgelöst werden. Der Säugling entdeckt seinen Körper, dazu gehört auch das Entdecken der guten Gefühle, die es gibt, wenn es genital stimuliert wird: Beim Windeln wechseln und Waschen wird es z.B. genital stimuliert.
Ab wann machen Kinder Selbstbefriedigung?
Für das Kind ist es normal, sein eigenes Geschlecht und seine eigene Sexualität zu entdecken. Es entdeckt schon ab etwa vier Monaten, dass es das selbst kann: erst durch Drücken oder Pressen oder Anspannen des Körpers. Es wiederholt, was sich angenehm und lustvoll anfühlt. Möglicherweise gelingt ihm so sogar die Erregung bis zu einer orgasmusähnlichen Entladung. Diese Form der Erregungssteigerung mit Druck und Muskelspannung beherrschen nicht wenige Menschen noch im Erwachsenenalter. Sobald es das kann, setzt es immer mehr auch die Hände ein.
Wie gehe ich mit der kindlichen sexuellen Erregung um?
Es kann sein, dass dein Einjähriges mitunter stundenlang sexuelle Erregung sucht und ungern gestört wird. Es kann sein, dass es dabei auch negative Gefühle hat, weil es etwas Angenehmes sucht, aber nicht ganz findet. Wie stehst du als Mutter oder Vater dazu? Ist es für dich auch normal?
Wir empfehlen dir Gelassenheit im Umgang mit der kindlichen sexuellen Erregung. Du unterstützt dein Kind bei seiner sexuellen Entwicklung, wenn du ihm einen Raum für die Erforschung und das sexuelle Erleben seines eigenen Körpers und Geschlechts lässt.
Was, wenn ich selbst sexuelle Erregung erlebe?
Sexuelle Erregung beginnt mit einem Reflex, den du nicht willentlich auslösen kannst. Mehr dazu liest du in diesem Text. Der Reflex kann auch ausgelöst werden, obwohl du eigentlich keine sexuellen Handlungen in Absicht hast. Er kann z.B. beim Stillen ausgelöst werden. Oder wenn dein Geschlecht durch die Hose berührt wird. Oder bei einer intensiven Emotion.
Wichtig ist: Diese sexuelle Erregung ist ein körperlicher Vorgang, der nichts darüber aussagt, ob du Lust auf Sex hast. Es ist also normal, wenn bei dir in Anwesenheit deines Kindes sexuelle Erregung ausgelöst wird. Es ist nicht sinnvoll, wenn du dich darüber aufregst. Denn sexuelle Erregung kann durch emotionale Aufregung gesteigert werden. Ausserdem wirst du dann eher angespannt sein, und Muskelspannung steigert die sexuelle Erregung auch.
Viele besser ist eine gelassene Haltung: Sieh die sexuelle Erregung als ein Zeichen dafür, dass du eine normal funktionerender sexueller Mensch bist. Wenn du sie zulässt und ihr keine aufgeregte Aufmerksamkeit schenkst, flaut sie am schnellsten wieder ab.
Nicht normal wäre, wenn du die sexuelle Erregung bewusst suchen oder steigern würdest. Das wäre sexuelle Ausbeutung. Mehr dazu liest du in diesem Text.
Ab wann und wie rede ich mit dem Kind über Sex?
Es ist nie zu früh, dem Kind Wissen über seine kindliche Sexualität und sein Geschlecht zu vermitteln. Oft fragen sich Eltern, ob sie ihr Kind damit nicht überfordern. Nein, das tust du nicht: Wenn ein Kind etwas hört, was es nicht begreift, interessiert es sich einfach nicht dafür. Wir empfehlen, dass du auf jede Frage des Kindes eingehst und ihm nach der Antwort noch etwas mehr an Wissen anbietest. Wenn es das interessant findet, fragt es dich weiter. Du bietest wieder etwas mehr als die Antwort an. Bis es das Interesse verliert.
Unsere Kollegin Dania Schiftan hat einen guten Artikel zum Reden über Sex mit Kindern geschrieben.
Falls du merkst, dass das Reden über Sex dich völlig überfordert, kannst du auch altersgerechte Bücher über Sex so bei euch zuhause platzieren, dass das Kind sie erreicht.
Was tun, wenn Kinder miteinander sexuelle Erregung suchen?
Es ist für Kinder auch normal, miteinander die Sexualität, ihre Körper, die sexuelle Erregung zu entdecken. Wenn Kinder spielen, spielen Machtverhältnisse eine Rolle. Sie können auch im gemeinsamen Entdecken von Sexualität eine Rolle spielen. Wie in anderen Bereichen auch ist es bezüglich der Sexualität wichtig, dass ein beidseitiges Interesse daran besteht. Kinder können nicht von Anfang an dem Bedeutung geben, dass es für beide stimmig ist. Sie lassen sich von dem leiten, was sie selbst wollen – und dafür setzen sie ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten ein. Sie müssen erst lernen, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Rücksichtnahme ist ganz zentral in der Entwicklung von sozialer Kompetenz. Kinder lernen das – eine Kindheit lang –, in dem sie üben.
Was, wenn es dabei unschön zu und her geht?
Wenn du das mitkriegst, dass Rücksichtnahme fehlt in Beziehungen zwischen Kindern, im Spiel wie im sexuellen Neugierdeverhalten, kannst und solltest du das mit deinem Kind besprechen, um sie zu unterstützen, das zu lernen. Heutzutage sind wir sehr sensibel bezüglich sexueller Gewalt – was sehr wichtig und gut ist. Es kann aber sein, dass wir ein Verhalten als übergriffig sehen, das einfach noch zuwenig eingeübt ist, als das es schon auf eine gute Art funktioniert. Wir verurteilen das Kind. Besser ist, wir klären es auf und unterstützen es in der Entwicklung von sozialen Fähigkeiten wie Rücksichtsnahme und Einfühlungsvermögen.
Wo finde ich weitere Info und Beratung?
- Die Seite Sexualerziehung für Eltern richtet sich an Eltern und andere Bezugspersonen von Kindern. Thema ist die sexuelle Entwicklung und Begleitung je nach Altersstufe.
- Gute Bücher für Kinder aller Altersgruppen sowie Links zu weiterem Aufklärungsmaterial findest du auf dieser Seite von familienleben.ch.
- Auf unserer Linkliste findest du weitere Angebote und Beratungsstellen für Eltern.