Salut! Ich (w,23) habe ein Anliegen zu Weinen nach dem Sex bzw. Postkoitaler Dysphorie. Seit etwa einem Jahr muss ich in etwa 2-3 von 4 Fällen nach dem Sex oder nach dem Orgasmus bei der Masturbation sofort weinen.
Das Gefühl von Traurigkeit oder Verzweiflung stellt sich innerhalb von Sekunden nach dem Orgasmus meines Freundes oder nach meinem Orgasmus ein, auch wenn ich mich vollkommen wohl fühlte während der sexuellen Aktivität.
Meist kommt die Traurigkeit auch ganz ohne ein "Bild" oder einem begleitenden Gedanken. Selten zeigt sich ein Bild von einer Erfahrung sexueller Gewalt in der Kindheit, welche ich aber schon sehr gut verarbeitet habe.
Früher hatte ich diese Probleme nicht und ich meine auch sagen zu können, dass ich mit meinem jetzigen Partner die gesündeste und liebevollste Beziehung habe. Ich versuche diesen Vorgang zu verstehen und wünsche mir mehr Leichtigkeit in der Sexualität. Was würden Sie mir raten?
Unsere Antwort
Sexuelle Erregung kann mit recht hoher körperlicher und emotionaler Spannung einher gehen. Weinen kann eine Form von emotionaler Entladung nach dieser Anspannung sein. Die Frage ist: Warum weinen die einen, und die anderen lachen? Warum sind die einen glücklich, die anderen traurig nach dem Sex? Die Antwort dazu kann ich dir nicht so pauschal liefern. Es gibt verschiedene mögliche Einflussfaktoren:
Aus sexualtherapeutischer Sicht kann die Technik der sexuellen Erregung eine Rolle spielen. Schau mal, welche Erregungstechnik du hast. Falls diese mit viel Muskelspannung einhergeht, kann das allein schon die Ursache sein, dass du nachher in ein emotionales Loch fällst. Hier ist es hilfreich, wenn du dich während dem Sex möglichst immer bewegst, und zwar möglichst auch im Oberkörper. Ebenso ist es hilfreich, wenn du tief atmest. Mit der Bewegung und der Atmung sorgst du dafür, dass du emotional eher in einem lockeren, positiv-gestimmten, gelassenen Zustand bist.
Aus traumatherapeutischer Sicht könnten diese emotionalen Zustände auch Flashbacks sein, also Gefühlserinnerungen, die hochkommen. Du kennst Flashbacks in Form von Bildern traumatischer Erfahrungen in der Kindheit. Flashbacks sind Erinnerungen in Form von Bildern, Gefühlen oder Zuständen, die wachgerufen werden, wenn wir irgend etwas erleben, das sie triggert, oder wenn wir in einem körperlichen oder mentalen Zustand sind, der sie triggert.
Rund um traumatisches Erleben sind wir entweder angespannt und erfüllt mit starkem emotionalen Erleben von Angst, Ekel und dergleichen, oder schlaff mit Gefühlen von Leere/Ohnmacht/Hoffnungslosigkeit. Oder irgend etwas dazwischen. Wir sind sicher nicht locker-bewegt. Gegen Flashbacks beim Sex hilft, wenn du dich während der sexuellen Erregung körperlich in einen Zustand versetzt, der möglichst anders ist als der Zustand damals.
Hier verbindet sich das Traumatherapeutische mit dem Sexualtherapeutischen: Achte mal, welchen körperlichen Zustand du beim Sex einnimmst, bevor dich solche Gefühle oder Bilder einholen. Was tust du, das in deinem Körper Assoziationen mit Trauer und Trauma auslösen kann? Was könntest du tun, damit in deinem Körper Assoziationen mit einer aktiven, selbstbewussten, glücklichen Frau hochkommen? Vielleicht ahnst du, dass dir auch hier Bewegung beim Sex entgegenkommt.
Schau mal, was du mit meiner Antwort anfangen kannst. Möglicherweise wirft sie bei dir weitere Fragen auf. Dann schreib uns einfach wieder. Gib dann bitte die Nummer dieser Frage an.
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