Sexualität: Facts und Tipps / Sextipps und Übungen für alle:
Wenn du neue Techniken für den Sex lernst, ist das wie das Erlernen einer neuen Sprache: Es braucht eine Menge Übung. Am Anfang wirst du wahrscheinlich nicht viel Veränderung spüren. Aber wenn du nicht aufgibst, wird sich das Üben auszahlen – sowohl was die sexuelle Lust als auch die sexuelle Funktion angeht.
Warum hilft es, zu üben?
Bitte lies zuerst diesen Text über sexuelles Lernen, dann wirst du verstehen, warum es nicht einfach so funktionieren wird, wenn du ein paar Mal beim Sex etwas Neues tust. Wenn du dich auf eine bestimmte Weise zum Orgasmus erregst, heisst das nicht automatisch, dass es auch auf andere Weise klappt. Das ist so, wie wenn du Englisch gelernt hast und jetzt Französisch sprechen musst. Weiterführende Tipps für Männer, die für den Geschlechtsverkehr mit einer Frau üben wollen findest du in diesem Text.
Warum sollte ich allein üben?
Vorteile am Allein Üben sind, dass du nicht abgelenkt bist und frei bestimmen kannst, was du tust und wie lange. Du wirst auch nicht mit ablenkenden Gedanken belastet, wie zum Beispiel jemand anderem gefallen zu müssen oder eine Leistung erbringen zu müssen... kurz gesagt, du kannst dich ganz auf dich selbst konzentrieren und wirst dich selbst viel besser wahrnehmen können. Das bedeutet: Wenn du dir Zeit für dich selbst nimmst, wirst du auch ein*e bessere*r Liebhaber*in. Hierzu interessieren dich vielleicht auch unsere Tipps zum Solosex für Männer und für Frauen. Von dort wirst du auf viele weitere Texte mit Übungstipps verlinkt.
Wie viel sollte ich üben?
Es braucht viele Berührungen an einer bestimmten Stelle im Genitalbereich, bis du eine spürbare Veränderung in deiner Wahrnehmung bemerkst. Und: Es ist gut, regelmässig zu üben. Sonst vergisst dein Gehirn, was du gelernt hast. Eine Möglichkeit ist, mindestens dreimal pro Woche 20 Minuten lang zu üben. Oder du übst 5 Minuten am Tag. Und wenn dir das zu lang erscheint, kannst du auch 1 Minute am Tag üben. Es ist wichtig, dass deine Aufmerksamkeit auf das gerichtet ist, was du tust, und dass du mit Neugierde und Interesse an die Sache herangehst. Es hat keinen Sinn, einen Fleck zu reiben, während du ein Buch liest: Das Training der Wahrnehmung braucht Aufmerksamkeit.
Was ist, wenn ich keine Zeit zum Üben habe?
Wenn du wirklich keine Zeit zum Üben hast, kannst du dir auch vorstellen, was du tun und erleben würdest, wenn du üben würdest. Stell dir vor, wie angenehm sich eine Berührung anfühlt. Du kannst auch etwas Sexuelles fantasieren. Wenn du fantasierst, ist es wichtig, dich auf das zu konzentrieren, was in deinem Geschlecht passiert. Dieser Fokus aktiviert die entsprechenden Nervenzellen im Geschlecht sowie die Nerven, die von deinem Gehirn zu deinem Geschlecht verlaufen. Das bedeutet, dass die Vorstellungskraft auch ein Training ist. Je öfter du deinem Geschlecht Aufmerksamkeit schenkst, desto mehr wird deine Wahrnehmung dort trainiert.
Warum nehme ich so wenig wahr?
Wenn du diesen Text über sexuelles Lernen gelesen hast, weisst du, dass es viele Berührungen braucht, bis irgendeine Stelle deines Körpers lernt, etwas wahrzunehmen. Nehmen wir an, du willst lernen, mehr Lust beim Geschlechtsverkehr zu empfinden. Wenn du eine Vagina hast, erforschst du sie vielleicht zum ersten Mal in deinem Leben. Oder wenn du einen Penis hast, versuchst du vielleicht, dich auf eine andere Art und Weise zu stimulieren, so dass es sich mehr wie die Stimulation beim vaginalen Geschlechtsverkehr anfühlt. Dabei nimmst du sehr wenig wahr. Das ist normal. Wahrnehmen ist Übungssache.
Was ist, wenn ich keine sexuelle Erregung spüre?
Es ist völlig normal, dass sich eine neue Berührung oder Bewegung nicht immer toll oder erregend anfühlt. Das ist so, als würdest du einmal Französisch üben - dadurch wirst du nicht fliessend französisch sprechen. Wenn du eine neue Erregungstechnik erlernst, wirst du vielleicht zunächst nicht erregt sein. Vielleicht bist du es gewohnt, beim Sex die Muskeln im Po und Becken anzuspannen und deinen Körper still zu halten, und jetzt willst du lernen, dich beim Sex zu bewegen. Am Anfang wird diese Bewegung wahrscheinlich deinen gewohnten Erregungsprozess "stören" und deine Erregung wird wahrscheinlich nachlassen. Das ist völlig normal.
Welche Ergebnisse kann ich erwarten?
Wenn du übst, einen bestimmten Bereich deines Geschlechts – sagen wir deine Vagina oder deinen Penis – stärker zu spüren, wird sich die Berührung anfangs vielleicht wie nichts, vielleicht sogar taub anfühlen. Nach einiger Übung spürst du vielleicht Dinge wie Temperatur, Druck, unterschiedliche Bewegungsmuster. Das ist dein erster Erfolg. Mit mehr Übung wirst du lernen, zwischen angenehm und unangenehm zu unterscheiden. Das ist ein weiterer Erfolg. Und mit noch mehr Übung wirst du sexuelle Erregung spüren. Das ist noch ein Erfolg. Und mit noch mehr Übung wirst du noch mehr sexuelle Erregung spüren. Jeder Schritt von betäubt bis hocherregt ist ein Erfolg.
Warum sollte ich "alt" mit "neu" kombinieren?
Wenn du bereits eine vertraute Methode hast, dich sexuell zu erregen, kannst du diese schrittweise "erweitern". Wenn du zum Beispiel gewohnt bist, bei der Selbstbefriedigung die Spitze deiner Klitoris oder deines Penis zu reiben, kannst du den von deinem Finger bedeckten Bereich langsam immer grösser werden lassen. Oder, wenn du immer deine rechte Hand benutzt – benutze deine linke Hand. Schau mal, was für einen Unterschied das macht! Es ist auch möglich, beide Hände zu benutzen, zum Beispiel eine an der Klitoriseichel und die andere in der Vagina, oder eine am Penis und eine am Hodensack.
Wir empfehlen dir auch, zwischen Altbekanntem und Neuem abzuwechseln: Stimuliere deine Klitoris mit dem Finger, erkunde dann deine Vagina und gehe zurück zur Klitoris. Stimuliere die Eichel deines Penis, gehe weiter zum Schaft, zum Hodensack und wieder zurück. Bewege dich auch mehr als sonst und kehre dann in die gewohnte Position zurück. Indem du zwischen Vertrautem und Neuem wechselst, wirst du lernen, das Neue schneller mit sexueller Erregung zu verbinden. Ausserdem ist das Üben so weniger langweilig.
Wenn du schliesslich vom Üben genug hast und zum Orgasmus kommen willst, kannst du jederzeit auf deine gewohnte Methode zurückgreifen - sozusagen als Belohnung fürs Üben.
Wie kann ich mir Pornos abgewöhnen?
Wir glauben nicht, dass es eine gute Idee ist, einfach mit dem aufzuhören, was du bisher sexuell gelernt hast. Wenn du einfach aufhörst, entsteht eine Leere. Alles, womit du versuchst, sie zu ersetzen, wird weniger wirkungsvoll sein und weniger gut funktionieren als das alte. Es ist besser, das alte und das neue schrittweise zu mischen.
Pornos können dich von deinem eigenen Körper ablenken. Wenn du dich stark auf das verlässt, was du siehst, um dich zu erregen, schlagen wir vor, dass du zwischendurch deine Augen schliesst. Leg dein Smartphone weg oder klick die Seite für einige Minuten weg und konzentrier dich stattdessen auf das, was du wahrnimmst. Du kannst das auch erst mal so machen, dass du den Ton anlässt und das Bild wegklickst.
Nach einigen Minuten schaust du wieder hin. Bis du wieder gut erregt bist. Und dann wiederholst du das mit dem Wegschauen. Immer wieder. Versuche, die Zeitdauer, in der du nicht auf die Pornos schaust, allmählich länger werden zu lassen. Du kannst immer wieder hinschauen, wenn deine sexuelle Erregung nachlässt oder wenn du sie steigern willst.
Du kannst auch üben, die Pornoinhalte in deinen sexuellen Fantasien weiterzuspielen. Mach die Augen zu und stell dir das vor, was du gerade gesehen hast. Lass die Augen so lang zu bis du wieder einen neuen "Kick" von den Bildern brauchst.
Hab Geduld mit dir. Wenn du das regelmässig machst, werden die Pornos immer unwichtiger werden. Sie werden einfach eine Möglichkeit der sexuellen Erregung und sind kein Muss mehr.
Was ist, wenn ich mich nicht zum Üben motivieren kann?
Oft sind unsere Erwartungen zu hoch, und deshalb können wir uns nicht zum Üben motivieren. Du denkst vielleicht, dass du mindestens 20 Minuten lang üben solltest. Aber das kommt dir viel zu lang vor. Dann empfehlen wir, dass du 3 Minuten übst. Oder du hast vielleicht die Erwartung, dass es durch Üben schnell besser wird. Aber wie du oben gelesen hast, ist das nicht unbedingt so. Du lernst Französisch auch nicht in einer Woche. Mach es so, wie wir es im letzten Abschnitt beschrieben haben: Kombiniere "alt" mit "neu". Vielleicht denkst du auch: "Bei mir funktioniert das Üben nicht". Doch, es wird funktionieren. Jeder Mensch kann durch Übung lernen, eine bessere, erfüllendere Sexualität zu haben – egal, wie alt du bist oder welche Grenzen dir dein Körper setzt. Du kannst uns von deinen Zweifeln und Problemen beim Üben auch im Fragefenster berichten.