Warum streiten Paare? Da gibt es viele Gründe. Stress kann einer sein. Es können aber auch happige Beziehungsprobleme dahinter stehen. Wenn du die Gründe verstehst, kannst du dein Streitverhalten besser beeinflussen.
Was heisst eigentlich Streiten?
Angenommen, du hast einen Partner*eine Partnerin. Ihr habt unterschiedliche Meinungen oder unterschiedliche Bedürfnisse. Ihr habt also einen Meinungskonflikt oder einen Bedürfniskonflikt. Ihr redet darüber. Euer Ziel ist es, eine Lösung zu finden.
Das ist nicht das, was wir unter streiten verstehen. Streiten ist es erst, wenn eine hohe emotionale Beteiligung ist: Du bist vielleicht echt frustriert. Oder du bist wütend. Wenn die Gefühle so hochkochen, ist es oft so, dass die Lösung nicht mehr das Ziel ist. Das Ziel ist viel mehr, dass du recht haben möchtest, oder dass du dich gegen die andere Person verteidigen möchtest, oder dass du sie gar angreifen oder verletzen möchtest. Statt ihr deine Wünsche zu äussern, hacktst du auf ihr rum – oder sie auf dir, oder beide aufeinander.
Das ist eigentlich nicht sinnvoll, wenn du bedenkst, dass ihr ja auch ein Team sein und miteinander Lösungen finden könntet. Warum finden Streite aber statt? Da gibt es verschiedene Gründe.
Ganz normal: Streit wegen Stress
Du kennst das sicher: Wenn du gestresst bist, platzt dir der Kragen eher. Du bist dann angespannt. Und wenn du angespannt bist, bist du eher auf Kampf eingestellt. Du siehst deinen Partner*deine Partnerin eher als Feind. Das ist ein ganz natürlicher Vorgang, der von deinem autonomen Nervensystem gesteurt wird. Wir empfehlen dir sehr, dass du diesen Text liest, um das besser zu verstehen, und um zu verstehen, wie du das besser beeinflussen kannst.
Es ist für die allermeisten Paare unumgänglich, dass es wegen Stress und Anspannung zu Streit kommen kann. In diesem Fall ist es enorm hilfreich, wenn ihr euch Streitauszeiten nehmt, um wieder abzukühlen und euch zu beruhigen, bevor ihr weiter miteinander redet. So vermeidet ihr es, dass ihr einander unnötig verletzt. Und ihr findet wieder zurück zum Gefühl "Wir sind ein Team". Mehr über Streitauszeiten liest du in diesem Text.
Problematisch: Streit als Zeichen von Beziehungsproblemen
Wenn ihr Streit habt, kann das aber auch ein Zeichen von Beziehungsproblemen sein. Eigentlich seid ihr kein Team und nicht auf Konfliktlösung aus. Sondern jeder kämpft für sich und gegen den anderen. Hier sind einige Gründe und Lösungsvorschläge:
Streit aus Groll
Vielleicht hast du der anderen Person über längere Zeit nicht klar die Meinung gesagt. Vielleicht hast du dem lieben Frieden Willen bestimmte Bedürfnisse vernachlässigt. Vielleicht sind da sogar tiefliegende Vletzungen, die du nicht richtig besprochen und überwunden hast. Da kann sich einiges anstauen. Da baut sich Groll auf. Und wenn der Partner oder die Partnerin dann in einem Augenblick irgend etwas tut oder sagt, ist es das eine Mal zuviel.
Das Problem ist hier: Du hast noch keine guten Weg gefunden, dich in der Beziehung klar auszudrücken und selbst zu behaupten. Hierzu interessiert dich vielleicht dieser Text über faires Konflikt-Lösen.
Streit wegen heimlichen Erwartungen
Streit kann auch Ausdruck dessen sein, dass du dir zu Beginn der Beziehung einen Traumpartner*eine Traumparterin ausgemalt hast. Im Verlauf der Beziehung hast du aber gemerkt, dass die echte Person, mit der du zusammen bist, nicht diesem Bild entspricht. Es kann sein, dass du Erwartungen in die Person oder die Beziehung gesteckt hast, die nun nicht erfüllt werden.
Im Streit lässt du deinen Frust über die Wirklichkeit der Dinge am Partner*der Partnerin raus.
Es ist hier sinnvoll, wenn du dir bewusst wirst, dass deine Erwartungen das Problem sind, nicht die andere Person. Erwartungen sind in der Regel unrealistisch (Traumpartner*innen natürlich auch). Wir sprechen hier nicht von den Erwartungen, die man haben kann, weil man miteinander eine feste Vereinbarung getroffen hat. Wir sprechen von heimlichen Erwartungen. Diese entstehen dann, wenn wir von der anderen Person etwas brauchen. Sie muss für uns etwas erfüllen. Wir können das nicht selbst. Sie muss stark sein, oder erfolgreich, oder immer für uns da, wenn es uns schlecht geht – und so weiter. Diese Erwartungen machen dich enorm abhängig von der anderen Person. Und die andere Person kann nicht einfach so sein, wie sie ist, mit all ihren stinkenden Socken.
Oftmals ist ständiges Kritisieren ein Zeichen davon, dass heimliche Erwartungen nicht erfüllt wurden. Zu ständiger Kritik in der Beziehung empfehlen wir dir diese Tipps.
Die Lösung zu diesem Problem ist, dass du in der Beziehung mehr Eigenständigkeit entwickelst. Hier sind dazu einige Tipps.
Streit zur Abgrenzung
Ihr klebt ständig aneinander? Nur noch wir? Kein Ich und du? Wenn ihr als Paar sehr verschmolzen seid, kann ein Streit ein Versuch sein, dass du dich wieder selbst spürst. Denn das kommt zu kurz, wenn ihr nur aufeinander hockt. Durch den Streit spürst du wieder, dass du vom anderen verschieden bist. «Ich habe jetzt mal eine andere Meinung.» Dann geht es nur darum, dem anderen zu widersprechen. So erlebst du eine Grenze zwischen dem anderen und dir. Durch Streit grenzt du dich ab oder löst dich gar vom anderen ab.
Das Problem ist hier, dass ihr so miteinander verschmolzen seid. In einer Beziehung ist es enorm wichtig, dass beide ihr Eigenes behalten können. Hierzu empfehlen wir nochmal die Tipps zu mehr Eigenständigkeit.
Streit aus Verlangen nach Leidenschaft
Angenommen, eure Beziehung ist über die Zeit etwas lau und langweilig geworden. Die Leidenschaft vom Anfang ist nicht mehr da. Ihr seid miteinander in einem Trott drin, der sich unbefriedigend anfühlt. Ein Streit fühlt sich da doch ganz anders an. Jetzt erlebt ihr euch zwar als gegen einander, aber doch als intensiv miteinander beschäftigt, als lebending.
Das Problem ist hier, dass ihr die Beziehung nicht lebendig halten könnt. Möglicherweise liegt das daran, dass ihr euch nicht richtig wagt, offen miteinander zu sein. Dein Partner*deine Partnerin hat möglicherweise ein äusserst spannendes Eigenleben – und du auch. Aber aus Angst vor Zurückweisung behaltet ihr das für euch. Lies bitte hierzu diesen Text darüber, wie kleine Freiheiten die Beziehung spannend halten können.
Möglicherweise brauchst du Steit auch, um dich selbst lebendig zu spüren. Du fühlst dich sonst irgendwie leer und vielleicht auch niedergeschlagen. Über diesen Zustand könnte dich auch unser Text über das autonome Nervensystem interessieren.
Streit als einzige Beziehungsform
Es kann auch sein, dass du deinen Partner*deine Partnerin insgeheim als Feind*in siehst. Du erwartest eigentlich nichts gutes von dieser Person. Die Beziehung ist für dich geprägt von einem Gegeneinander, nicht von einem Miteinander.
Das kann daran liegen, dass die andere Person es wirklich nicht gut mit dir meint. Hierzu interessiert dich vielleicht dieser Text. Interessant ist: Warum hast du dir diesen Partner*diese Partnerin gewählt? Das hat einen guten Grund. Möglicherweise hängt es daran, dass du schon als Kind gelernt hast, dass Menschen mit dir nicht gut umgehen. Heute ist das für dich normal. Dazu empfehlen wir dir diesen Text.
Es kann auch sein, dass du es mit der anderen Person nicht gut meinst. Vielleicht, weil du spürst, dass er*sie es nicht gut mit dir meint. Oder weil du grundsätzlich nichts Gutes von anderen Menschen erwartest. Weil Menschen grundsätzlich Feinde sind. Auch diese Haltung ist in der Regel die Folge einer schwierigen "Beziehungs-Lerngeschichte" in der Kindheit. Wenn du dem nachgehen möchtest, empfehlen wir dir diesen Text.