Frage Nr. 36227 von 19.01.2023
Hallo Lilli,
seit mehreren Jahren habe ich wie Zwangsgedanken. Ich mache mir wegen jeder Kleinigkeit einen inneren Stress - was schlimme Panik und Unwohlsein in meinem Inneren auslöst. Ich kann dann auch nicht aufhören daran zu denken und gehe die Szenarien mehrmals täglich durch. Ich möchte allerdings nicht in therapeutische Behandlung, da keiner wirklich von meinem Problem weiß. Meine Mitmenschen fällt es zwar auf, dass ich oft in unnötige Panik verfalle aber nicht, dass es so schlimm ist. Gibt es Übungen, die ich machen kann um von diesen Gedanken loszukommen? Es schränkt mein tägliches Leben manchmal ein, da es mir schlecht geht, wenn ich an die Szenarien denke. Oft sind es Szenarien, die ich in meinem Kopf dann überspitze. Wieso ist das so? Wieso habe ich solche Gedanken?
Ich danke euch für diese wunderbare Platform!
Unsere Antwort
Du sagst selber, dass deine Gedanken übertrieben und zugespitzt sind. Das ist auch der Grund warum du es vor deinen Freunden oder deiner Familie verheimlichen möchtest. Es ist einem irgendwie peinlich, oder man schämt sich dafür. Das geht den meisten Leuten, die von Zwängen betroffen sind, so. Gleichzeitig möchtest du so nicht mehr weiterleben, weil es dich im Alltag zu sehr einschränkt, was sehr nachvollziehbar ist.
Es gibt ein paar Risikofaktoren für das Entstehen von Zwangserkrankungen. Es müssen aber meist mehrere Faktoren zusammenkommen. Ein möglicher Risikofaktor sind schlimme Belastungen, die man erlebt hat. Das können zum Beispiel Todesfälle in der Familie sein. Oder man hat emotionale Vernachlässigung, sexuelle oder körperliche Gewalt erlebt. Durch die Zwangsgedanken versucht man sich selbst "zu retten", indem man wieder Kontrolle über etwas gewinnt, da man die Situation damals nicht kontrollieren konnte.
Es können auch persönliche Eigenschaften begünstigend sein, wie ein geringes Selbstwertgefühl oder Schüchternheit oder Perfektionismus. Es gibt noch viel mehr mögliche Risikofaktoren. Was es genau bei dir ausgelöst hat, kannst du nur selber im Gespräch mit einem*r Therapeut*in herausfinden. Du hast bestimmt schon einiges ausprobiert, um von deinen Zwangsgedanken wegzukommen. Meist kommt man in dem Falle jedoch alleine nicht gut weiter. Der Zwang hat dich jetzt schon ein gutes Stück isoliert, weil du dein Leben im Alltag nicht mehr frei leben kannst, und weil du dich verstecken musst. Je mehr man sich isoliert, desto mehr Platz hat dann aber auch wiederum der Zwang.
Ich würde dir dringend empfehlen eine*n Psychotherapeut*in zu suchen, der*die sich mit Zwangsstörungen auskennt. Psychotherapeut*innen unterliegen der Schweigepflicht, das heisst sie dürfen nicht mit anderen über das, was du ihnen anvertraust, sprechen. Sie werden also nichts weitererzählen. Du könntest dorthin gehen, ohne das es jemand mitbekommt. Bitte trau dich! Durch die geeignete Therapie können Zwangsgedanken deutlich reduziert oder sogar geheilt werden.
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Frage Nr. 36226 von 18.01.2023
Hallo liebes lilli Team,
Auch ich bin begeistert von euren Antworten, auch habt ihr mir in der Vergangenheit schon geholfen. Danke!
Nun würde ich gerne folgendes lernen: meine Gefühle erkennen und respektieren.
Es geht um Emotionen aber auch körperliche Gefühle. Zu lange Zeit, 2 Jahre, habe ich (w,) Berührungen von meinem nun ex (m) ertragen. Nicht, dass er mich vergewaltigt hätte- wenn ich Nein sagte, ließ er mich auch in Ruhe.
Aber ich habe zu oft nicht nein gesagt. Aus Angst ihn zu verlieren. Innerlich hat ein Part von mir immer geschrien, weil ich es nicht wollte. Oder ich trank Alkohol. Immer wieder hab ich mich selbst dazu gezwungen.
Heute tut mir das so weh, das ich mir das selbst angetan habe.
Jedoch habe ich damals meine Gefühle... runtergespielt " das wird schon, musst dich nur dran gewöhnen, so schlimm ist das nicht" . Ich hab meinen Gefühlen (Wut, Verzweiflung, Ekel,Angst) auch nicht vertraut, dachte ich muss nur ne weile die Berührungen zulassen bis in mir " der Knoten platzt und alles gut wird" ( Gott wie dumm ich bin....)
Jedenfalls habe ich es nun geschafft mich zu trennen. Und er will mich zurück.
Wie kann ich...mir vertrauen? Nachdem ich mich so lange selbst betrogen habe.
Wie fühlt sich ein Körper und Geist im Einklang an ? Wie finde ich zu mir zurück? Wie ... erkenne ich was ICH fühle? Und was nicht nur von außen kommt ( Erwartungen, Wünsche ).
Ich weiß nichtmals, ob es für meine Frage eine Antwort gibt.
Danke für euren Versuch
Unsere Antwort
Du hast schon einen sehr wichtigen Schritt gemacht: Du hast erkannt, dass du dich sehr lange nicht ernst genommen hast. Du hast deine Gefühle und Bedürfnisse stark unterdrückt. Du bist deshalb nicht dumm. Du wirst dafür gute Gründe gehabt haben. Vielleicht liegen diese Gründe in deiner Kindheit und deiner "Gefühlslerngeschichte". Versuch mal, dich nicht dafür zu verurteilen, dass du so gehandelt hast. Damit vergrößerst du nur dein Leid. Schau stattdessen, ob du Mitgefühl mit dem Menschen haben kannst, der du damals warst.
In deiner Beschreibung zeigt sich aber auch: Du nimmst deine Gefühle und Bedürfnisse eigentlich schon wahr. Ein Teil von dir wusste immer, was du gerade wirklich fühlst und (nicht) willst. Dieses Wissen ist also bereits in dir. Es geht nun darum, zu lernen, wie du dich diesem Wissen aktiv zuwenden kannst. Das wird etwas Übung und Zeit erfordern. Das ist in Ordnung. Diese Zeit steht dir zu. Bitte lies doch mal unseren Text Wie entdecke ich, was ich will und was ich fühle? und auch unseren Text Ich komme mit meinen Gefühlen nicht klar – was tun? Dort findest du viele Informationen und Tipps, die dir weiterhelfen.
Falls du weitere Fragen hast, meld dich einfach wieder und gib dann diese Fragenummer mit an.
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Frage Nr. 36225 von 18.01.2023
Hallo,
ich habe eine Frage an euch, auch wenn sie mir sehr, sehr unangenehm ist, bitte seid mir nicht böse. Was ich mich frage ist, wie kann ich meine Homophobie ablegen?
Als Hintergrund: Ich habe durchaus homosexuelle Freunde und Bekannte, kenne sogar Transgender und ich habe gar kein Problem mit diesen Menschen. Im Gegenteil, ich habe sie sehr gerne, weil ich sie so mag wie sie sind und nicht auf ihre Sexualität reduziere.
Aber wenn ihr mich fragen würdet, wie stehst du zu Homosexualität, dann wäre meine Antwort ganz klar, das ist abartig, scheuslich, widerlich. Im Gespräch mit homosexuellen Bekannten habe ich bereits gelernt, dass es sich dabei nicht um eine Krankheit handelt, wie ich vorher dachte. Aber wirklich natürlich finde ich das nicht und ich habe auch eine große Angst vor einer Verschwulung der Gesellschaft. Andererseits möchte ich aber auch nicht intolerant sein und so bin ich nun in einer Zwickmühle.
Wenn ich jemand kenne, der nicht Heterosexuell ist, mag ich diesen Menschen für seinen Charakter. Aber wenn ich daran denke, dass man mit einer gleichgeschelchtlichen Person sexuellen Verkehr haben könnte, dann kommt es mir einfach die Speiseröhre hoch. Der Gedanke daran ekelt mich einfach und so sehr ich auch versuche toleranter zu werden, ich kann mich gegen die Übelkeit, die mir dabei hochkommt einfach nicht wehren.
Eigentlich denke ich, die Menschen sollen einfach so leben, wie sie wollen, aber wen ich dann den Fernseher anmache und dieses maßlos übertriebene feminine Herumgealbere einiger bekannter homosexueller Persönlichkeiten sehe, denke ich mir, das kann doch nicht normal sein, so kann doch keine Gesellschaft überleben, wenn alle so komische Mimosen und Läastetanten sind. Meine homosexuelln Freunde dagegen erlebe ich als normal; sie sind erfolgreich, zielstrebig, zuverlässig, nette Menschen halt. Ich selbst habe sogar manchmal das Gefühl, ich hsbe einige weibliche Züge an mir und breche gerne aus traditionellen Rollenbildern aus. Deswegen bin ich auch schon von einigen Menschen, die mich nur sehr, sehr oberflächlich kennen als potentiell homosexuell gelabelt wurden, obwohl ich es zumindest definitiv nicht bin.
Wie kann ich also besser gegen meine Homophobie ankämpfen und ein toleranterer Mensch werden?
Unsere Antwort
Danke für deine Ehrlichkeit. Es ist gut, dass du überlegt mit deiner Homophobie umgehst und gerne daran arbeiten möchtest.
Deine Reaktion ist sehr stark, sie ist emotional, und sie ist sogar körperlich. Für mich sind das Zeichen dafür, dass sie ihren Ursprung in schwierigen Erfahrungen hat, die möglicherweise weit zurück liegen. Ich möchte dich dazu einladen, nicht gegen die Homophobie anzukämpfen, sondern dich für sie zu interessieren und noch genauer hinzuschauen – um ihren Ursachen auf die Spur zu kommen. Das wäre der erste Schritt, sie zu überwinden.
Dafür möchte ich dir gerne ein paar Fragen stellen. Das Beantworten wird dir möglicherweise nicht leicht fallen. Schau mal, wie gut du das hinkriegst:
- Warum hast du gedacht, das Homosexualität eine Krankheit sei? Wer hat dir das beigebracht? Wo und wann hast du das gelernt?
- Was hast du in deinem Elternhaus gelernt bezüglich Homosexualität? Was hast du gelernt bezüglich Männlichkeit?
- Was genau meinst du mit «Verschwulung der Gesellschaft»? Was genau macht dir Angst?
- Was genau findest du an Homosexualität abartig, scheusslich, widerlich? Welche Bilder kommen da?
- Bei welchen Vorstellungen homosexueller Sexualität kommt es dir die Speiseröhre hoch?
- Seit wann hast du diese Übelkeit? Wann hat das angefangen?
- Wie war das für dich, wenn du als potentiell homosexuell gelabelt wurdest?
Es wäre toll, wenn du uns nochmal schreiben und auf die Fragen antworten würdest. Gib dabei einfach die Nummer dieser Frage mit an. Wir können dir danach konretere Tipps geben.
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Frage Nr. 36171 von 12.01.2023
Hallo liebes Lilli-Team,
ich (w24) habe euch schon einmal eine Frage gestellt und eine tolle Antwort bekommen, vielen Dank dafür! Nun habe ich eine weitere Frage, und zwar zum Thema Selbstbewusstsein:
Ich verstehe mich manchmal hinsichtlich dieses Aspektes selbst nicht. Im Grundsatz würde ich mich schon als "normal selbstbewusst" beschreiben. Ich traue mir z.B. zu, nahezu jede Fähigkeit zu erlernen und würde niemals denken: "Das kann ich nicht, ich habe zwei linke Hände" oder ähnliches. Auch habe ich einen großen Freundeskreis, der mir sehr wichtig ist und bekomme auch von vielen Menschen positive Rückmeldungen zu meiner Person, aus denen ich erkenne, dass ich gemocht und geschätzt werde. Ich kenne auch meine Werte und meinen Charakter und weiß im Grundsatz, was ich will und was nicht.
Folglich erlebe ich Phasen, in denen mein Selbstbewusstsein eigentlich ganz gut ausgeprägt ist.
Dennoch erlebe ich auch immer wieder Momente, in denen ich mich extrem unsicher fühle und sich dass auch in meinem Verhalten widerspiegelt (z.B. werde ich ruhiger, rede nicht mehr so viel und dann auch teilweise so, dass ich meine Sätze oft korrigiere und mich verspreche, was wahrscheinlich auf andere sehr unsouverän wirkt).
Solche Momente sind z.B., wenn ich Menschen begegne, die nach außen hin sehr selbstsicher und dominant wirken. Ich merke dann richtig, wie mich das triggert und wie ich mich automatisch innerlich "klein" mache und als unterlegen wahrnehme. Ich denke dann irgendwie unterbewusst, dass diese Menschen so "toll" und stark und tough sind, dass ich mich mit ihnen eh nicht messen kann, sie ohnehin mehr Aufmerksamkeit bekommen als ich und ich zur Randfigur werde. Auch befürchte ich, dass mich diese Menschen selbst aufgrund meines innerlichen "Kleinmachens" nicht anerkennen und mich als langweilig und uncool abstempeln.
Rational weiß ich natürlich, dass hinter solchem Auftreten noch lange keine wahre Souveränität stecken muss, so nach dem Motto "Große Klappe nix dahinter", aber wenn ich die Person nicht so gut kenne, neige ich dazu, dem ersten Anschein natürlich Glauben zu schenken.
Es gibt auch andere Situationen, in denen mich mein Selbstbewusstsein verlässt, z.B. in Situationen, in denen ich Grenzen setzen und mich verteidigen muss, vor allem verbal. So habe ich z.B. gegenüber meinem Ex-Freund nichts gesagt, wenn er mich schlecht behandelt hat, aus Angst, einen Streit anzufangen, den ich meiner Meinung nach eh nicht gewinnen könnte.
Ich weiß, dass so ein Verhalten gefährlich ist, weil man dem Missbrauch in einer Beziehung so Tür und Tor öffnet, und habe auch Angst, dass mir das in einer zukünftigen Beziehung wieder passiert, weiß aber nicht wirklich, wie ich daran arbeiten kann.
Auch in meiner Kindheit und Jugend gab es Situationen, in denen ich mich als unfähig erlebt habe, mich gegen Angriffe von anderen zu verteidigen (von Mobbing bis hin zu einfachen blöden Kommentaren oder "asozialem" Verhalten anderer).
Insgesamt erlebe ich mein Selbstbewusstsein so als extrem schwankend: es hat sich ausgehend von der Pubertät stark verbessert, dennoch gibt es eben immer noch Situationen, die mir, wie oben beschrieben, zu schaffen machen.
Mit den oben geschilderten "Phänomenen" habe ich auch schon seit Jahren zu kämpfen, aber finde dennoch keine Lösung.
Könnt ihr mir diesbezüglich Tipps geben?
Und bitte entschuldigt die lange Frage...
Unsere Antwort
Bei solchen Fragen rund um das Selbstbewusstsein und die Selbstbehauptung in Beziehungen steckt die Ursache aus meiner Erfahrung immer in der Vergangenheit. Genau genommen steckt sie in der Kindheit und bei den Beziehungen mit den Bezugspersonen von damals. In deinem Fall würde ich nach Erfahrungen suchen, wo du gegenüber dominanteren, selbstbewussteren Menschen keine Chance hattest, keine Aufmerksamkeit bekamst und zur Randfigur wurdest. Oder wo du dich nicht verteidigen konntest? Gab es da in der Familie irgendsolche Erfahrungen? Oder sonst bei nahen Bezugspersonen? Oder hat dir eine nahestehende Person vorgelebt, dass man keine Chance gegen toughe Menschen hat? Welche Rolle haben deine Eltern gespielt? Was haben sie getan, um dich zu stärken? Wie sind sie mit den Mobbing-Situationen umgegangen?
In fast jeder Kindheit verstecken sich traumatische Erlebnisse. Nach aussen kann das subtil und "normal" erscheinen. Aber im kindlichen Erleben können derartige Beziehungserfahrungen an die Nieren gehen - je jünger das Kind, desto mehr geht es da gefühlt um Leben und Tod. Schau mal diesen Text über die Suche in der familiären Vergangenheit an.
Vielleicht kommst du so schon etwas weiter. Gern kannst du uns deine Gedanken zu meinen Gedanken schreiben. Gib dann einfach die Nummer dieser Frage an.
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Frage Nr. 36135 von 07.01.2023
Hallo Lilli
Ich m. fühl mich sehr einsam. Früher in der Schule war es noch ein wenig besser. Aber jetzt ist es richtig schlimm. Vor kurzem hatte ich Geburtstag und keiner aus meiner Altersgruppe hat mir geschrieben an diesem Tag. Ich habe schon noch ein paar "Freunde", aber die haben nur sehr wenig zeit. Ich sehe sie höchstens 2 mal im jahr. Sie haben oft Stress im Job/Studium oder Freundinnen, die sehr viel zeit brauchen. Das verstehe ich, aber ich kann nicht gut damit umgehen. Mich stresst auch, wenn jemand mehrere wochen braucht, um zurückzuschreiben oder sich nicht an abmachungen hält. Ich getraue mich auch gar nicht, eine geburtstagsparty zu machen, weil niemand herausfinden soll, dass ich keine richtigen Freunde habe.
Früher hatte ich mal sowas wie einen "besten Kumpel", der hatte immerhin etwa 6 mal im Jahr zeit, um sich mit mir zu treffen. Aber dann ist er in eine andere stadt gezogen. wir haben uns noch 4 mal mit dem zug besucht, bekamen aber immer mehr streit und er hat dann irgendwann einfach meine handynummer blockiert. Seit 3 Jahren schon hab ich jetzt nichts mehr gehört von ihm. Das ist so traurig.
In meiner Familie ist es auch schlimm, da sind alle miteinander zerstritten und viele Leute sind auch schon gestorben. Mir fehlt oft einfach die Kraft, um nach draussen zu gehen und ausschau nach potentiellen Freunden zu halten, weil ich ziemlich krank bin. Ich war schon 3 mal stationär in der psychiatrischen Klinik und hatte mehrere Operationen wegen einem Unfall. Ich fühle mich nicht mehr wohl in meinem Körper.
Das alles versuche ich natürlich jeweils zu verheimlichen, einfach weil ich gemerkt habe, dass sowas viele Leute abschreckt. Naja, trotzdem schaffe ich es nicht, jemand neues für mich als richtigen Freund zu gewinnen. Oft habe ich das gefühl ich sei minderwertig im Vergleich zu anderen. Ich weiss gar nicht, was ich mit meinem Leben anfangen soll und sehe keinen Sinn darin. Aber mein wunsch wäre es, nicht mehr so alleine zu sein.
Unsere Antwort
Du bist nicht minderwertig! Aber: du steckst in einer sehr schwierigen Lebenssituation. Du schreibst, du bist durch Unfallfolgen eingeschränkt. Und du musstest mehrmals stationäre Behandlung in Anspruch nehmen. Das ist wirklich schwer zu ertragen. Zudem musst du deine Kraft gut einteilen, sonst reicht sie nicht. Wenn du mit all dem haderst, ist das verständlich.
Du schreibst nicht, wie alt du bist. Ich lese aus deinem Text, dass dein Schulabschluss noch nicht lange her ist. Deine ehemaligen Schulkolleg*innen sind darum vollständig mit ihrem eigenen neuen Lebensabschnitt beschäftigt. Sachen wie Berufsausbildung, Studium und ein neues soziales Umfeld bringen neue Beziehungen mit sich. Das hast du verstanden. Jetzt stellt sich die Frage, wie du dir ein eigenes Umfeld erarbeitest. Dein jetziger Versuch, abzuwarten und sich nichts anmerken zu lassen, schreckt zwar andere nicht ab. Du selbst wirst damit aber auch nicht glücklich. Die körperlichen Verletzungen durch Unfall und Operationen mindern deine Körperzufriedenheit. Darum braucht es jetzt deine Aktivität. Was kannst du tun, dass du deinen Körper wertschätzen kannst, auch wenn er leidet und versehrt ist?
An deinem Text merke ich, dass deine früheren Freunde eine grosse Rolle in deinen Erwartungen und Gefühlen spielen. Dir tut weh, dass sich niemand von früher zu deinem Geburtstag meldet. Wenn du weisst, dass alle sehr beschäftigt sind, warum machst du sie nicht auf das Datum aufmerksam? Warum wünschst du dir keinen Geburtstagsgruss? Möchtest du dir beweisen, dass die anderen dich vergessen haben? Du weisst auch genau, wie oft du in der Vergangenheit welchen Freund gesehen hast. Bemerkst du auch die Leute, die dich heute umgeben? Oder sind die es in deinen Augen nicht wert, bemerkt zu werden? So wie du dich minderwertig fühlst? Minderwertigkeitsgefühle sind sehr hinderlich. Sie machen blind für Möglichkeiten in der Gegenwart. Sie wiederholen ja dauernd, dass du für diese Welt nicht ausreichst. Und das ist Unsinn. Es stimmt, deine Situation ist anders als die deiner Kolleg*innen. Du musst Schmerzen und Verluste in einem Lebensabschnitt bewältigen, in dem andere ihr Leben aufbauen. Du hast darum ganz besondere Erfahrungen gemacht. Die unterscheiden dich von den anderen. Sie haben dir aber beim Überleben geholfen und machen dich zu etwas Besonderem.
Unser Rat: Nimm dein Leben wie es ist. Lass dich nicht in der Hilflosigkeit sitzen. Du hast viele Fragen: Was fange ich mit meinem Leben an? Was soll der Sinn meines Lebens sein? Wie gebe ich meinem Leben einen Sinn? Was kann ich tun, damit ich mich NICHT so allein fühle? Wie finde ich Freunde? Mach dich auf den Weg, sie zu beantworten. Weil ich weiss, dass dir die Antworten auf deine Fragen nicht einfach so einfallen werden, schlage ich dir eine Psychotherapie vor. Gut wäre, du hättest eine mitfühlende Begleitung, die dich aufmerksam macht, wenn du dich wieder verurteilst. Und die dir Wege zeigt, wie du zu aufbauenden Urteilen über dich selbst kommst. Und wenn in deinem privaten Umfeld dich gerade niemand mitfühlend begleitet, ist eine professionelle psychotherapeutische Begleitung der beste Weg. Vielleicht kann dir unser Kapitel «Meine Stimmungen und meine Gefühle» bei der Entscheidung helfen.
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Frage Nr. 36119 von 05.01.2023
Hallo,
ihr könnt die Frage gerne kürzen.
Ich weiß, dass das ein bisschen weg von euren Themengebieten ist, aber ich habe so oft panische Angst vorm Autofahren.
(...)
Ein Grund für diese Angst ist auch das mangelnde Vertrauen meiner Mutter. Schon seitdem ich meinen Führerschein habe, möchte sie nicht, dass ich regelmäßig fahre und redet mich schlecht, dass ich noch zu wenig Erfahrung hätte etc.
Dadurch war es mir unangenehm Auto zu fahren. Wenn ich fahre - was selten vorkommt -, dann nur alleine und gewiss nicht mit meiner Mutter.
Ich habe ihr von meiner Angst erzählt und sie reagierte nur genervt und will auch, dass ich nicht mehr mit ihrem Auto fahre und dass sie es nicht gebrauchen kann, wenn ich so Stress schiebe. Mein Vater hält die Reaktion meiner Mutter für übertrieben. Er sicherte mir zu, dass nichts dafür spricht, dass ich einen Kratzer reingemacht habe und dadurch, dass er auch manchmal mein Beifahrer ist, weiß er, dass ich doch ganz gut Auto fahren kann. Die Fahrkunst an sich ist hierbei nicht das Problem. Ich rede mich oft einfach schlechter als ich wirklich bin und bin nervös, wenn es zu einer stressigen Verkehrssituation kommt.
Generell tendiere ich dazu, große und unrealistische Ängste zu haben. Auch habe ich sehr stark mit einer Schwangerschaftsangst zu kämpfen, die so stark ausgeprägt ist, dass ich keinen Sex mehr trotz zuverlässiger Verhütung haben kann (Pille + Kondom + Coitus Interruptus). Ich habe eure Texte wirklich „durchstudiert“ und bin dank euch gut aufgeklärt.
Zuletzt hatte ich mit meinem Freund im Oktober Sex. Er weiß, dass ich große Angst habe und passt deswegen sehr darauf auf. Er hat einen verhältnismäßig großen Penis und die Kondome, die wir benutzt haben, waren ihm von der Länge her bisschen zu kurz, bzw. reichten nicht bis zur Peniswurzel (wenn man es so nennt). Deshalb hat er immer aufgepasst, dass er nicht zu tief reingeht etc. und ich durfte auch immer nachfühlen, ob das Kondom noch sitzt. Ich kann meine Kontrolle da einfach nicht abgeben und wenn ich nicht weiß, was in der Sekunde passiert, dann fühle ich mich unsicher, was nichts mehr mit Genuss zu tun hat. Das führte auch - denke ich-dazu, dass das Kondom ein wenig verrutscht war, weil er so auf mich und meine Ängste Acht gab, dass sein Penis ein wenig erschlaffte.
(...)
Zu der Pille: durch meine Angst rede ich mir ein, dass sie aus verschiedensten Gründen nicht funktionieren kann, weil ich mir dann Krankheiten einrede etc., die die richtige Aufnahme der Pille beeinflussen könnten.
Wie dem auch sei, habe ich mich dazu entschlossen, dass ich erstmal keinen Sex haben werde, weil das für mich nichts mehr mit Genuss zu tun hat. Ich verspüre nicht mal mehr Lust. Ich verbinde Sex mit etwas Destruktivem. Etwas, was nur Leid und Sorgen bringt. Mein Freund kritisiert, dass ich oft im „Einzelkämpfermodus“ bin und mich nicht wirklich fallen lassen kann.
Auch dazu fällt mir eine Geschichte ein, die meine Mutter betrifft. Als ich -trotz Verhütung - Angst hatte, schwanger zu sein und einfach Rat brauchte, wurde ich von ihr abgewimmelt und mir wurde gesagt, dass ich sie damit in Ruhe lassen soll und sie ihre eigenen Probleme hat. Mir sei einfach zu langweilig und deshalb fallen mir solche Sorgen ein. Bin ja selbst Schuld, wenn ich Sex habe etc.
Immer, wenn ich daran denke, kommen mir die Tränen. Ich habe mich so hilflos gefühlt und war davor wochenlang fast allein mit meinen Gedanken. Ich wohne momentan alleine und hatte so viele schlaflose Nächte, Panikattacken etc. Konnte nicht mal mehr essen und habe deswegen einiges an Gewicht abgenommen. Habe sehr viele Tests gemacht etc.
Seitdem diese Angst nicht mehr so groß ist, weil ich eben länger kein Sex mehr hatte und die deswegen nicht aktuell ist, wurde die „Fahrangst“ stärker. Es ist fast so, als bräuchte meine Angst immer etwas Neues, woran sie sich festnagen kann.
Ich weiß wirklich nicht mehr weiter. Ich habe keine Ahnung, wie ich mit meinen Ängsten umgehen soll. Die belasten mich so sehr, dass ich das Gefühl habe, manchmal nicht mehr weitermachen zu können. Mein Freund ist der einzige, der mich unterstützt, aber ich fühle mich manchmal trotzdem alleine.
Unsere Antwort
Deine Ängste belasten dich offenbar stark und beeinträchtigen dein Leben sehr. Du weißt, dass sie übertrieben sind, aber du kommst nicht von ihnen los. Das hat wahrscheinlich etwas mit deinen Kindheitserfahrungen zu tun. Es klingt zum Beispiel danach, dass deine Mutter deine Gefühle und Bedürfnisse generell nicht ernst nimmt, sondern sie abwertet und dich niedermacht. Es ist also logisch, dass du dadurch nicht gelernt hast, mit schwierigen Gefühlen umzugehen. Und es ist auch logisch, wieso du oft im „Einzelkämpfermodus“ bist – du wurdest vermutlich oft mit deinen Gefühlen allein gelassen und musstest irgendwie allein klarkommen.
Momentan versuchst du, angstmachende Situationen zu vermeiden: zum Beispiel Geschlechtsverkehr und Autofahren. Das ist verständlich, lässt die Angst aber langfristig nur wachsen. Das merkst du ja bereits: Die Angst sucht sich immer was Neues, worin sie sich krallen kann. Du brauchst eine gute und professionelle Begleitung, um einen anderen Umgang mit deiner Angst zu lernen. Ich empfehle dir daher sehr, dir psychotherapeutische Unterstützung zu suchen. Wenn du in Deutschland lebst, hilft dir diese Website vielleicht weiter. Du kannst es auch erstmal mit deiner Hausärztin besprechen. Falls du noch über deine Eltern krankenversichert bist, frag vielleicht deinen Vater, ob er dich bei der Suche nach einem Therapieplatz unterstützt.
Vermutlich kennst du bereits unseren Text zur Schwangerschaftsangst. Ich empfehle dir auch sehr unseren Text Wie beruhige ich mich selbst? Dort findest du ein paar Erste-Hilfe-Tipps für Angst. Auch die Website der Deutschen Angst-Hilfe bietet viele Informationen und Tipps zum Thema Angst, die dir in der Zeit bis zum Start der Therapie helfen können.
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Frage Nr. 36109 von 03.01.2023
Hallo Lilli,
ich bin 22 und war gerade für 8 Monate im Ausland. Ich hab es da so sehr geliebt und war das erste mal seid langer Zeit richtig glücklich und hatte das Gefühl, endlich wo angekommen zu sein. Jetzt bin ich seit ein paar Wochen wieder zu Hause und es geht mir super schlecht. Ich habe das Gefühl, wie den schlimmsten Liebeskummer meines Lebens. Ich bin traurig, weine die ganze Zeit und möchte einfach nur die Zeit zurück drehen. Ich fühle mich leer, habe Panikattacken und wirklich Angst depressiv zu werden. Ich hab Freunde und Familie daheim, Hobbies, Arbeit, eigentlich alles was man braucht um zufrieden zu sein. Aber ich bin es nicht. Ich habe versucht mit meine Freunden/Familie darüber zu reden aber sie verstehen es nicht. Ich weiß wirklich nicht was ich tun soll. Ich hab überlegt mir Hilfe zu holen, weiß aber nicht wohin ich gehen kann. Einen Therapieplatz schnell irgendwo zu bekommen, ist unmöglich. Könnt ihr mir da vielleicht weiterhelfen?
Unsere Antwort
Du scheinst gerade wirklich zu leiden. Es ist gut, dass du dir psychologische Unterstützung suchen möchtest. Ich weiß nicht, wo du lebst, aber ich vermute in Deutschland. Du hast recht, dass es dort zurzeit sehr schwierig sein kann, schnell einen Therapieplatz zu bekommen. Ich würde dich dennoch ermutigen, es zu versuchen. Eventuell hilft dir diese Website dabei weiter. Vielleicht könntest du auch in Erwägung ziehen, ein paar Stunden selbst zu zahlen, denn in Privatpraxen bekommt man in der Regel schneller einen Platz.
Darüber hinaus gibt es weitere Stellen, die psychologische Beratung kostenlos oder günstig anbieten. Zum Beispiel die AWO, die Diakonie oder die Caritas bieten sowas an. Am besten suchst du einfach mal im Internet nach solchen Stellen in deiner Nähe. Einige Arbeitgeber haben übrigens auch psychologische Beratungsangebote für ihre Mitarbeitenden – hast du da schon einmal nachgefragt?
Auch wir bei Lilli werden natürlich versuchen, dir weiterzuhelfen. Ich habe ein paar Rückfragen an dich. Du kannst uns gern wieder schreiben und sie beantworten. Ich habe mich gefragt: Was war im Ausland anders? Du schreibst, du hast zu Hause „eigentlich alles, was man braucht, um zufrieden zu sein“ – aber du bist es dennoch nicht. Im Ausland warst du es. Das spricht für mich dafür, dass da äußere Umstände eine große Rolle spielen. Denn wenn deine Unzufriedenheit rein aus deinem Inneren käme, dann wärst du auch woanders nicht glücklich. Daher lohnt es sich, mal genauer hinzuschauen: Was hattest du im Ausland im Gegensatz zu hier? Was hattest du nicht? Was hat dir das Gefühl des Angekommenseins gegeben? Welche Bedürfnisse wurden dort befriedigt und hier nicht?
Was mir auch auffällt: Du schreibst, deine Familie und Freunde verstehen dich nicht. Ist das neu, oder kennst du das von früher? Und hast du den Eindruck, sie versuchen wirklich, dich zu verstehen?
Zuletzt noch ein paar praktische Tipps. Was jetzt besonders wichtig ist, ist Selbstmitgefühl und Selbstfürsorge. Behandle dich selbst liebevoll. Geh davon aus, dass du gute Gründe hast, dich so zu fühlen. Versuch nicht, deine Gefühle zu verdrängen oder zu unterdrücken. Nimm sie stattdessen an, gib ihnen Raum und hör ihnen zu. Lies mal unseren Text über schwierige Gefühle. Und: Tu Dinge, die dir guttun. Nimm dir bewusst Zeit für Bewegung, Entspannung, soziale Kontakte, gutes Essen und ausreichend Schlaf. Bei Angst und Panikattacken ist die tiefe Atmung zudem ein wichtiges Werkzeug. Bitte lies auch mal diesen Text und diesen Text.
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Frage Nr. 36010 von 30.11.2022
Antwort auf: 35990
Ich kann nichts über mich erzählen. Ich kann nur über Probleme oder Oberflächlichkeiten reden. Es hat nie Tiefe. Habe auch das Gefühl, dass die meisten Menschen von mir abgeneigt sind, da ich quasi nichts bin, und nicht interessant bin, da ich nichts zum erzählen habe, und quasi nur über Probleme reden kann, da ich quasi nur an meinen Problemen arbeite. Ich bin auch sehr introvertiert.
Das einzigen Interessen die ich habe sind Sport, und die IT.
Also was ich mit "keiner Persönlichkeit" meine ist, dass es keine Tiefe bei mir gibt, sondern ich nur über Oberflächlichkeiten reden kann. Ich kann ein Kompliment geben, über das aussehen, dass wars auch dann. Ich achte auch sehr auf mein aussehen, und bekomme dafür auch Komplimente, doch ich bin nicht mehr als mein Aussehen, ich habe nicht mehr zu bieten.
Wenn mir jemand die Fragen stellen würde, erzähl etwas interessantes über dich, habe ich keine Antwort drauf. Ich weiß nicht wer ich bin, was meine Charakterzüge sind, was mich ausmacht, was mich besonders macht oder sonst was. Das meine ich mit, es hat keine Tiefe und ich habe keine Persönlichkeit. Ich bin von außen schön, doch von innen nichts.
Unsere Antwort
Ich glaube, du setzt du dich selbst unter Druck, auf eine bestimmte Art und Weise sein zu müssen. Und dabei akzeptierst du nicht, wie und wer du bist. Du hast zum Beispiel zwei Interessen genannt: Sport und IT. Du schreibst das so, als wäre das nichts wert. Dabei bist du nicht die einzige Person, die sich dafür interessiert, und du könntest damit auch für eine Frau interessant sein.
Du wertest nicht nur deine Interessen ab, sondern ganz grundsätzlich das, was in dir steckt. Du gehst dabei so weit, dass du schreibst, du seist von "von innen nichts". Gleichzeitig schreibst du aber, dass du Probleme hast. Das passt nicht zusammen: Die Probleme sind ja auch in dir. Das ist alles andere als nichts.
Mich würde interessieren, was für Probleme da in dir stecken. Vielleicht möchtest du uns das genauer beschreiben. Diese Probleme haben ja eine Geschichte, und in dieser Geschichte steckt auch ihre Logik. Du schreibst, dass du an deinen Problemen arbeitest. Das ist ja gut. Allerdings schreibst du nicht so, als bringe dich die Arbeit an deinen Problemen derzeit weiter. Vielleicht bräuchtest du da eine Kursänderung?
Was dich aus meiner Sicht weiterbringt: Statt dein Inneres abzuwerten, entwickle Interesse dafür. So wie du schreibst, ist klar, dass dein Selbstwertgefühl sehr niedrig ist. Das geschieht nicht aus heiterem Himmel. Was ist die Geschichte deines niedrigen Selbstwertgefühls? Was ist die Geschichte deiner Selbstabwertung? In der Regel beginnt das damit, dass uns jemand anderes abwertet – jemand uns nahestehendes, vielleicht ein Elternteil. Du könntest dich mit Interesse und offenen Augen dem zuwenden, was dich so beeinflusst hat. Lies dazu bitte diesen Text.
Es kann sein, dass es dir erstmal schwer fällt, dich mit dir selbst zu beschäftigen. Falls du noch nie fachliche Unterstützung hattest, empfehle ich dir eine psychologischen Beratung oder eine Therapie. Falls du schon Erfahrung hast oder gar derzeit in Therapie bist, könntest du dir überlegen, wie viel dir das derzeit bringt. Möglicherweise wäre ein Wechsel zu einer anderen Fachperson sinnvoll.
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Frage Nr. 35994 von 28.11.2022
Hallo bin M 25 und habe gemerkt, statt ganze Zeit nach Sex zu suchen sollte ich Eigenständig sein, mit mir selbst etwas anfangen können, und mit mir selbst zufrieden und glücklich sein. Durch den Sex versuche ich glaube ich ein Loch in mir zu stopfen, da ich nicht nicht viel mit mir selbst anzufangen weiß.
Wie weiß ich denn, was ich mit mir selbst anfangen könnte? Sollte ich verschiedene Dinge für mich probieren, die mich interessieren?
Ich sollte nicht mein Glück durch viele Sexualpartner definieren, sondern sollte mit mir selbst Glücklich werden, wie ein guter Freund?!
Meint ihr der Ansatz ist gut? Wenn ich daran denke mein Glück und Zufriedenheit nicht durch andere abhängig zu machen, finde ich irgendwie innere Ruhe und bin deutlich gelassener, und stelle mich gleichzeitig an erster Stelle.
Ich habe euren Artikel zur "Eigenständigkeit" gelesen: Habt ihr den Tipps wie ich den Selbstliebe und Selbstpflege praktisch umsetzen könnte? Wie kann ich mir das vorstellen?
Danke schon mal im voraus!
Unsere Antwort
Dein Ansatz klingt sehr sinnvoll. Du hast erkannt, dass Sex dir nicht das geben kann, was du suchst. Ich weiß nicht genau, was du meinst mit „ich kann nicht viel mit mir selbst anfangen“. Aber ich vermute, das heißt im Grunde, dass du dich selbst und deine Bedürfnisse noch nicht so gut kennst. Also geht es darum, dich kennenzulernen und für dich selbst zu sorgen.
Wie genau Selbstfürsorge aussieht, ist für jeden Menschen ein wenig anders. Es gibt aber ein paar grundlegende Sachen, die stimmen sollten: genug Schlaf, eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Bewegung, sinnvolle Tätigkeiten, und erfüllende soziale Kontakte. Denn eigenständig sein, heißt nicht, dass du gar keine anderen Menschen mehr brauchst. Wir sind soziale Wesen und brauchen einander. Was „sinnvolle“ Tätigkeiten sind, ist sehr individuell. Manche Menschen finden Sinn in ihrer Arbeit, andere in ihren Beziehungen, wieder andere in ihren Hobbys. Es geht hier nicht um einen großen, philosophischen „Sinn des Lebens“, sondern darum, was für dich ganz persönlich dein Leben lebenswert macht.
Dinge auszuprobieren, die dich interessieren, klingt nach einem guten ersten Schritt. Geh deinen Interessen nach, such dir neue Hobbys. Dadurch lernst du, was dir Spaß und Freude bereitet. Und du triffst dadurch auch auf neue Leute, was wiederum deinem Sozialleben hilft. Ich gebe dir mal noch einige weitere konkrete Tipps, die dir helfen können, dich selbst besser kennenzulernen.
1) Journaling: Schreib deine Gedanken und Gefühle auf. Schreiben ist eine sehr wertvolle Tätigkeit, die uns hilft, Emotionen zu erkennen und zu verarbeiten. Außerdem kannst du so deine Reise nach innen dokumentieren und hast immer vor Augen, wie weit du schon gekommen bist. Nimm dir vielleicht morgens und abends Zeit für einen kurzen Check-in mit dir selbst. Was fühlst du? An was denkst du? Was spürst du körperlich? Vielleicht hilft es dir, dafür jeweils eine kleine Achtsamkeitsmeditation zu machen. Anleitungen dafür findest du im Internet.
Es kann sein, dass dir für den Gefühlsteil momentan noch ein bisschen die Vokabeln fehlen. Dann empfehle ich dir sehr, mal eine Gefühlsliste im Internet zu suchen und sie beim Check-in zu nutzen. Das macht es leichter, passende Worte für deine Gefühle zu finden. Beim abendlichen Check-in kannst du noch hinzufügen, was am heutigen Tag gut war: Was hat dir Freude gemacht? Wann hast du dich kompetent, entspannt oder lebendig gefühlt? So bekommst du nach und nach ein Bild von den Dingen, die wichtig und wohltuend für dich sind.
2) Hör deinen Gefühlen zu: Durch das Journaling bekommst du einen besseren Draht zu deinen Gefühlen. Im nächsten Schritt kannst du schauen, was sie dir sagen wollen. Denn Gefühle sind Wegweiser. Sie zeigen dir, ob deine Bedürfnisse (Werte, Anliegen) erfüllt oder verletzt sind.
3) Mach Gedankenexperimente: Stell dir zum Beispiel vor, es ist dein 100. Geburtstag, und all deine geliebten Menschen sind bei dir. Was möchtest du sehen, wenn du auf dein Leben zurückblickst? Wofür willst du stehen? Was sollen die Menschen an dir schätzen? Solche Fragen führen dich näher ran an deine Werte und Ziele. Du fängst also an herauszufinden, was du brauchst, um glücklich und zufrieden zu sein. Vielleicht sind deine Ideen dazu noch sehr vage. Das ist in Ordnung. Mit der Zeit werden sich Dinge klarer herauskristallisieren, wenn du am Ball bleibst.
4) Probier genussvolle Selbstbefriedigung: Du willst weg von einem sexuellen Verhalten, dass Sex nur nutzt, um kurzfristig ein „Loch zu stopfen“. Da kann es auch sehr helfen, eine Sexualität zu entwickeln, die stattdessen auf Genuss und Lust ausgerichtet ist. Das lässt sich hervorragend in der Selbstbefriedigung üben. Dadurch entwickelst du zudem ein besseres Körpergefühl und mehr Selbstliebe. Tipps für diese Art der genussvollen Selbstbefriedigung findest du in diesem Text.
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Frage Nr. 35980 von 26.11.2022
Liebes Lilli-Team
Meine Mama ist am 13.11.2022 verstorben. Ich verspüre nichts. Keine Trauer, kein Schmerz, rein gar keine Emotion und fühle mich dadurch wie ein Monster. Unsere Beziehung war nicht einfach bis nicht vorhanden. Liebte ich sie nicht wenn ich nicht trauern kann? Was ist mit mir los? Ich bin weiblich und 34 Jahre alt.
Danke für die Antwort. Ich würde mich sehr freuen.
Unsere Antwort
Du bist kein Monster, sondern du machst deinen ganz persönlichen Trauerprozess durch. Ein Trauerprozess heisst nicht einfach, dass du traurig bist. Sondern zum Trauerprozess gehören alle möglichen Gefühle – bis hin zu Gefühlsleere.
Du meinst offenbar, dass du jetzt traurig sein müsstest oder deine Mutter vermissen müsstest. Mich erstaunt überhaupt nicht, dass das jetzt fehlt. Du schreibst ja selbst, dass eure Beziehung nicht einfach war. Auch wenn du schreibst, dass die Beziehung nahezu nicht vorhanden war – irgendeine Form von Beziehung hast du zu ihr, sonst würdest du dir jetzt keine Gedanken machen und uns nicht schreiben. Aber vermutlich war die Beziehung nicht die, die du dir gewünscht hättest zu deiner Mutter.
Du fragst dich, ob du sie nicht liebtest. Was heisst Liebe für dich? Wie kann die Liebe zu einer Person aussehen, wenn die Beziehung nicht einfach war? Was gab es denn in eurer Beziehung, das deine Liebesgefühle gefördert hätte? Was auch immer du heute für Gefühle gegenüber deiner Mutter hast oder nicht: Sie sind eine logische Folge aus 34 Jahren Beziehung. Wir sind nicht dazu verpflichtet, unsere Eltern zu lieben.
Ganz klar ist, vor 34 Jahren hast du mit ganz anderen Gefühlen angefangen. Die Bindung an die Mutter ist eine der frühesten Fähigkeiten des Menschen. Dann kam die Kindheit. Ich weiss nicht, was in der Kindheit passiert ist, aber deine Bindung an die Mutter ist da wahrscheinlich schon nachhaltig erschüttert worden. Und irgendwie bist du als Kind damit klar gekommen. Was du jetzt erlebst, ist eine logische Folge davon. Das macht dich nicht zum Monster, sondern es ist zutiefst menschlich.
Ich schreibe von Trauerprozess. Ein Prozess dauert. Es kann sein, dass die Gedanken rund um deine Mutter langsam verebben, und dass deine Mutter dich nicht mehr beschäftigt. Das wäre normal. Es kann aber auch sein, dass irgendwann intensivere Gefühle und Gedanken hochkommen. Diese deuten dann möglicherweise an, dass du etwas tun solltest, um die Beziehung mit deiner Mutter genauer anzuschauen und zu verarbeiten. Das wäre auch normal.
Schau mal, wie das weiter geht. Du kannst uns auch gern wieder schreiben. Gib dann einfach die Nummer dieser Frage an.
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Frage Nr. 35977 von 25.11.2022
Hallo
Ich habe ein problem, ich wurde mit 17 schwanger und bekam einen Sohn der jetzt inzwischen 1 jahr alt ist, Weil ich eine nicht so gute vergangenheit habe, ist bei mir halt auch die KESB mit einbezogen worden, und mein Sohn hat ein beistand, ich habe keine Lehre gemacht, aber mein schulabschluss in der schwangerschaft.
Ich wünsche mir seid ungefär 3 Monaten wieder ein Baby also Baby nummer 2, ich hab lange drüber nach gedacht und Bin mir sicher das ich will ein zweites Baby, aber das problem ist diese scheiss KESB, die würden mich sofort in ein mutterkindheim stecken, jetzt lebe ich mit meinem sohn bei meiner mutter, und auch finanziel wäre es ein rissen problem ohne lehrabschluss. Aber ich will drozdem ein 2 Baby, ich hab sogar schon ein termin bei meiner frauenärztin um die spirale raus zu nehmen damit ich schwanger werde. Ich Weiss nicht was ich tun soll.
Unsere Antwort
Am besten schiebst du deinen Wunsch auf ein 2. Kind noch ein wenig auf. Es wäre für dich, deinen Sohn, deine Mutter und auch für ein 2. Kind wirklich besser, wenn du eine Ausbildung abschliesst und finanziell etwas besser da stehst. Du weisst das wohl schon selbst. Sonst würdest du uns ja nicht fragen. Und du weisst auch, dass die KESB als Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde den Kinderschutz prüfen wird. Dann kann es sein, dass dein 2. Kind auch einen Beistand bekommt. Du möchtest deinen Kindern sicher keine schwierige Kindheit bieten. Möchtest du nicht selbst auch eine gute Gegenwart und eine gute Zukunft haben? Wenn du dir den Ärger mit der KESB ersparst und noch etwas wartest mit der nächsten Schwangerschaft, hast du vielleicht auch mehr Freude an deinen Kindern.
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Frage Nr. 35940 von 19.11.2022
Hallo,
ich bin weiblich und fast 21. Als ich 18 war hab ich mich von meinen damaligen Freund getrennt.
Schon während der Beziehung aber vorallem nach der Beziehung habe ich Angststörungen entwickelt.
Er wollte immer nur mit mir GV, auch wenn ich das gar nicht wollte… vielleicht liegt es daran?
Deswegen möchte ich mich nicht mehr mit Menschen treffen und hab auch eine Hypochondrie entwickelt.
Wenn ich mich mit Freundinnen treffe hab ich schnell keine Energie mehr und ich freu mich auch garnicht auf die Treffen. Ich hab immer Angst mich dann mit Corona anzustecken und dann meine Eltern ausversehen anstecke…
Habt ihr vielleicht noch weitere Tipps um Angst zu lösen? Eure Seite zum Thema Angst habe ich schon öfters durchgelesen und hilft mir auch schon.
Liebe Grüße und Danke für euer Fragefenster!
Unsere Antwort
Das klingt alles sehr anstrengend. Ständig Angst zu haben, ist sehr erschöpfend, was du sicherlich schon gemerkt hast. Es ist also gut, dass du nach Hilfe suchst, und auch, dass du schon unsere Tipps zur Angst kennst. Ich nehme an, du meinst diesen Text zur Selbstberuhigung. Vielleicht helfen dir auch andere Texte aus dem Kapitel Meine Stimmung, meine Gefühle.
Darüber hinaus würde ich dir aber sehr empfehlen, eine Psychotherapie zu beginnen. Du hast Anspruch auf eine Psychotherapie, wenn es dir so geht. Das wird von deiner Versicherung bezahlt. Du nutzt Begriffe wie Angststörung und Hypochondrie – das sind Diagnosen. Ich weiß nicht, wie du auf diese Begriffe gekommen bist, aber für sowas ist die Psychotherapie ja da.
Und ja, es ist gut möglich, dass deine frühere Beziehung etwas mit deiner Angst zu tun hat. Hierzu könntest du mal unseren Text zu Probleme mit mir und anderen nach Gewalterfahrungen lesen. Auch wenn das der Fall ist, ist es sehr sinnvoll, sich psychotherapeutisch unterstützen zu lassen.
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Frage Nr. 35925 von 15.11.2022
Angesichts der Kriege, Stigma, Überfall und Gewaltangriffe an Menschen bin ich sehr vorsichtig geworden. Ich erzähle ungern Infos über mein Vermögen, melde mich am Telefon nicht mit Namen o.ä, weil ich Angst habe vor der bösen Seite der Menschheit.
(Na gut, schaue auch gerne Aktenzeichen XY und so)
Ich frage mich, ob das normal und angemessen ist? Ich mache das nur, um mich keinem Risiko auszusetzen.
Ich mag es, kein Risiko einzugehen.
Unsere Antwort
Du fragst uns. Du fragst dich auch selbst, ob dein Verhalten normal ist. Also hast du Zweifel. Schränkst du dich in deiner Bewegungsfreiheit sehr ein? Leidest du unter deinem Misstrauen? Wenn das so ist, würden wir dir zu einer Psychotherapie raten, um dein konkretes Erleben zu besprechen und Wege zu erarbeiten, die dein Leiden verringern.
Kriege und Gewalt sind für alle Menschen Belastungen. Und sie können misstrauisch machen oder auch zu Rückzug und Hoffnungslosigkeit führen. Wenn du dir etwas mehr Handlungsfähigkeit erarbeitest, fühlst du dich mit grosser Wahrscheinlichkeit wohler. Darum schlagen wir dir psychologische Beratung oder eine Psychotherapie vor. Auf unserer Adress-Seite findest du Adressen, die dir bei der Suche helfen können.
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Frage Nr. 35821 von 31.10.2022
Hallo
Ich habe die Frage 35776 gestellt. Danke für die ausführliche Antwort! Nun, ich bin mir nicht ganz sicher, ob das mit der Angst auch in meinem Fall zutrifft, da meine "psychische Erkrankung" eine Essstörung, genauergesagt Anorexie ist. Und ich kann mir irgendwie nicht so ganz vorstellen, dass man aufgrund dessen von mir Amgst haben könnte. Wahrscheinlich trifft es zu, wenn sich Menschen zB als Schizophren zu bekennen geben, weil viele Leute noch immer ein sehr klischiertes Bild hiervon haben. Aber denkt ihr, bei mir ist es wirklich auch Angst, welche die Leute auf Distanz gehen lässt? Ich wüsste einfach nicht, was sie von einer Anorektikerin fürchten würden? ;D
LG und Dankeschön!
Unsere Antwort
Du hast natürlich recht: Mit manchen psychischen Krankheiten sind mehr negative Vorurteile und Mythen verbunden als mit anderen. Zu ihnen gehören die Psychosen. Aber auch die Anorexie kann Ängste erwecken. Menschen verstehen nicht, warum du nicht „einfach“ normal isst. Das kann auch zu Fremdheitsgefühlen und Distanz führen. Wir wünschen dir alles Gute für deinen Weg.
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Frage Nr. 35776 von 25.10.2022
Hi
Ich bin w20 und leide unter einer psychischen Erkrankung, welche ich momentan aber gut im Griff habe. Das Problem was ich damit habe ist aber, dass viele andere ein Problem damit haben. Lerne ich neue Leute kennen und es kommt irgendwann zum Punkt wo ich mich sozusagen "oute" weil ich nicht gerne Lügen erfinde, finden das die meisten Leute komisch und gehen auf Distanz. Das macht mich unglaublich traurig. Schliesslich hab ich mir diese Krankheit ja auch nicht selbstausgesucht. Ausserdem sind wir alle ganz normale Menschen, ich kenne so viele weitere Betroffene. Ich dachte immer, die Gesellschaft sei schon recht fortgeschritten, was das angeht aber jetzt wo ich selbst betroffen bin, merke ich, dass es noch längst!! nicht so ist, schaade eigentlich.
Wie kommt das, dass Menschen sich ändern, sobald sie das von mir wissen? Schliesslich ändere ICH mich ja nicht, zwischen demZeitpunkt wo sie es noch nicht wissen und dem wo sie es dann wissen. Und was könnte man tun um das Thema Psychische Gesund- beziehungsweise Krankheit zu entthabuisieren?
Liebe Grüsse :)
Unsere Antwort
Deine Wahrnehmung stimmt. Vor psychischen Krankheiten haben viele Menschen Angst. Die meisten haben gar keine Erfahrung und denken dann z.B., das Verhalten von Betroffenen sei unberechenbar. Die eigene Angst und das Unwissen machen misstrauisch. Darum integrieren sie dich nicht als Einen der Ihren, sondern behandeln dich wie fremd.
Dieses ist wirklich erstaunlich. Unsere Gesellschaft ist ja wirklich recht fortgeschritten. Es gibt viele Berichte und Aufklärungsmaterial. Aber: Was Angst macht, wird oft nicht wahrgenommen.
Du möchtest wissen, was du zur Entabuisierung beitragen kannst. Zunächst könntest du versuchen mit den Menschen in Kontakt zu bleiben, die komisch auf dein Leiden reagieren und sich distanziert verhalten. Du könntest ihnen sagen, dass dich ihr Verhalten kränkt und du dich ausgegrenzt fühlst. Dann könntest du erklären, dass psychische Krankheiten behandelbar sind. Du könntest sie nach ihren Befürchtungen fragen. Du könntest ihnen auch versichern, dass du für sie keine Gefahr bist. Dann könnten sie dich vielleicht zu deinen Erfahrungen befragen. Wichtig ist, dass du dich dabei selbst schützt. Vertraue anderen nur die Erfahrungen an, über die du leicht reden kannst. Beachte auch, dass nicht alle deine Erfahrungen wertschätzen und sorgfältig mit ihnen umgehen.
Darum könnte es auch gut sein, wenn du dich in der Literatur umschaust. Es gibt etliche Betroffene von psychischer Krankheit, die über ihren Krankheitsverlauf berichten. Vielleicht findest du in der Literatur ein positives Vorbild oder ein Beispiel dafür, wie du selbst über dein Leiden berichten kannst. Kurz: wie du dich mit deiner Krankheit nach innen und aussen vertrittst. Du wirst immer wieder Kränkungen verdauen müssen, Unverständnis antreffen und Zentral ist, dass du dein Selbstwertgefühl aufbaust und schützt. Ebenso wichtig ist, dass du dich nicht einschüchtern lässt.
So ein mutiger Weg ist für einen Menschen oft sehr belastend. Ebenso wie bei der Verarbeitung von Gewalterfahrungen gelingt der Umgang mit einer Krankheit besser mit Hilfe von aussen. Wir raten dir darum zur Suche nach Menschen, die dich bei deiner Selbstvertretung begleiten. Hilfreich ist vielleicht auch diese Broschüre der Psychiatrische Universitätsklinik Basel (UPK).
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Frage Nr. 35730 von 06.10.2022
Liebes Lilli-Team,
im Moment bin ich (weiblich, 20 Jahre alt) oft niedergeschlagen. Ich werde von jetzt auf gleich so wütend, jede Kleinigkeit bringt mich zum Überkochen und mir kommen sofort die Tränen. Ich merke langsam, wie sehr das an der Beziehung mit meinem Partner leidet. Ich liebe ihn sehr, eigentlich ist alles perfekt aber meine berufliche Situation macht mir zu schaffen. Ich habe Angst, mich zu überarbeiten, gehe teilweise 6 Tage Wochen oder 10 Stunden am Tag und habe nur Minusstunden, z.B weil man in der Zeit der Berufsschule nie die volle Stundenzahl eingetragen bekommt. Ich war immer bereit einzuspringen aber mein Körper sagt mir langsam er kann das alles nicht mehr, ich kann das nicht mehr und meine Beziehung wohl auch nicht lange. Ich befinde mich noch in der Ausbildung, weiß jetzt schon, dass ich anschließend dort nicht länger bleiben kann. Ich möchte diese Negativität und plötzlichen Ausbrüche mit Tränen gerne lassen, aber es überkommt mich immer wieder. Ich weiß nicht wie ich mich meinem Partner gegenüber verhalten soll, er weiß dass mich das fertig macht aber das kann auf Dauer nicht so weitergehen. Habt ihr einen Tipp?
Unsere Antwort
Du beschreibst eine Symptomatik, die der eines Burnouts ähnelt: Emotionale Wechselbäder, körperliche Erschöpfung, ablehnende Gefühle dem Arbeitsplatz gegenüber, Leistungseinbrüche. Du scheinst nicht zu 100% arbeitsfähig zu sein. Wir raten dir darum, dich an deinen Hausarzt zu wenden. Der kann dir eine medizinische Behandlung empfehlen. Auch eine kurzzeitige Krankschreibung könnte sinnvoll sein. Möglicherweise kann dein Hausarzt dir auch eine psychotherapeutische Behandlung vermitteln.
Du hast deine Überlastung bemerkt. Es wäre jetzt sehr sinnvoll, wenn du darauf reagieren würdest. Sonst geht es so weiter wie bisher: du fühlst dich überlastet; du sorgst dich, dass du die Leistung nicht bringst; du schwankst zwischen Angst und Wut; deine Sorgen wachsen und bringen auch das Gute und Nährende in deinem Leben in Gefahr. Das kann ein Teufelskreis werden. Deine Beziehung und deine Liebe zu deinem Partner brauchen deinen Schutz. Es kann nicht sein, dass eine unsoziale Berechnung deiner Arbeitszeit zur Gefahr für deine Beziehung wird. Wir raten dir zu einer Unterbrechung:
1. Kurzzeitige Krankschreibung, damit du zur Ruhe kommen kannst.
2. Überleg dir, ob du die Lehrstelle behalten oder wechseln wirst. Es gibt doch sicher Beauftragte für Auszubildende, mit denen du deine Situation besprechen kannst.
3. Bezieh deinen Partner mit ein. Er sollte dein Verhalten verstehen können. Wenn du emotional schwankst, kann er ja denken, du meinst die Beziehung. Und das möchtest du ja auf keinen Fall. Möglicherweise ist er auch nicht so labil. Dann fällt es ihm leichter, deine Situation ruhig und rational zu erfassen.
Setz dich für dich selbst ein. Je früher du das machst, desto mehr Kraft kannst du für deine Erholung einsetzen.
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Frage Nr. 35720 von 06.10.2022
Wieso verhalten sich Erwachsene als Littles?
(Siehe Funk Reportage)
Wieso machen die das?
Unsere Antwort
Du meinst diese Reportage: https://www.youtube.com/watch?v=3HWG-coezqo
Die Reportage gibt dir viele Antworten auf deine Frage: Es hat mit kindlichen Bedürfnissen zu tun, mit kindlichen Anteilen. Sei es, dass dahinter eine Sehnsucht steckt nach etwas, das nicht mehr ist, sei es, dass es die Sehnsucht ist nach etwas, das nie sein durfte, sei es etwas anderes: Bei jeder Person ist das etwas ganz Persönliches, darum fragt man am besten eine Person selbst, warum sie das gern macht.
Manche Menschen verbinden das mit sexueller Erregung, andere nicht. Das ist auch von Mensch zu Mensch verschieden. Beides ist normal. Sowohl emotionale als auch sexuelle Fantasien und Vorlieben haben sehr oft mit intensiven Erlebnissen zu tun in der Kindheit, die mit einer hohen emotionalen "Ladung" verbunden wurden. Diese wandern auf eine andere Weise in unser Gedächtnis als Erlebnisse, die nicht so emotional aufgeladen waren. Wenn diese Erinnerungen dann wachgerufen werden, fühlt sich das an, als würden die Zustände wieder durchlebt werden, sie fühlen sich an wie hier und jetzt. Ich denke, das spielt bei einigen Littles eine Rolle.
Ich denke aber, dass auch viele Erwachsene, die sich nicht als Littles bezeichnen, in ihren Liebesbeziehungen immer mal wieder sehr kindliche Rollen einnehmen, Babysprache und kindliches Verhalten annehmen. Rund um die Geborgeneit und die Nähe mit einem*einer Partner*in ist es naheliegend, dass das auch mit der Geborgenheit als Kind mit einem Elternteil assoziiert wird. Das Kosewort "Baby" zeigt das ja auch. Und es gibt noch viele weitere Koseworte, die eine kindliche Färbung haben. Der Reporter in der Reportage konnte das nicht nachvollziehen – ich denke, dass viele andere Menschen, die das sehen, es besser nachvollziehen können.
Grundsätzlich finde ich es gut, dass wir uns kindlicher Bedürfnisse oder Zustände bewusst werden. Manchmal drängen sie sich nämlich auf, ohne dass wir wissen, warum. Da fühlt man sich zum Beispiel im Stress oder in schwierigen Situationen plötzlich wie ein völlig verängstliches, verlassenes Kind und wird dadurch aus dem Gleichgewicht geworfen. Vielleicht interessiert dich dazu dieser Text.
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Frage Nr. 35699 von 02.10.2022
Liebes Lilli-Team,
Ich, trans M, habe mit starker Gender-Dysphorie zu kämpfen. Manchmal ist es so schlimm, dass ich am Morgen nicht aufstehen möchte. Haben Sie einige Tipps, die ich befolgen kann, damit es mir ein wenig besser geht?
Vielen Dank schon mal im Vorraus für Ihre Antwort.
Unsere Antwort
Das klingt nach einer schwierigen Situation. Die Dysphorie kann für trans Personen sehr belastend sein. Ich weiß nicht, ob du bereits eine professionelle psychologische Begleitung für deine Transition hast. Falls nicht, empfehle ich dir sehr, dir eine zu suchen.
Du könntest zudem verschiedene Dinge ausprobieren, zum Beispiel mit deinem Kleidungsstil zu experimentieren oder einen Binder auszuprobieren. Oder dich mit anderen Menschen aus der LGBT-Community zu vernetzen. Körperliche Bewegung ist ebenfalls eine gute Möglichkeit, die Stimmung aufzubessern. Außerdem hilft dir Bewegung dabei, ein besseres Körpergefühl zu entwickeln.
Mach dir eine Liste von Aktivitäten, bei denen du dich gut und bestärkt fühlst. Überleg dafür zum Beispiel, wann du dich männlich fühlst, was die Dysphorie lindert, welche Menschen dir guttun und was dir einfach Freude bereitet. Versuch, jeden Tag mindestens eine Sache von der Liste zu machen. Solche Listen sind besonders hilfreich für Momente, in denen man sich mies fühlt. Denn dann haben wir oft keine Kraft für solche Ideen und dann hilft es, auf eine Liste schauen zu können. Lies bitte auch auf jeden Fall mal diesen Text – dort findest du weitere Tipps.
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Frage Nr. 35689 von 29.09.2022
Ist Prostitution Ausbeutung?
Unsere Antwort
Das kann man so allgemein nicht sagen. Es gibt leider in der Tat Sexarbeiter*innen, die ihre Dienste nicht aus freien Stücken anbieten. Sie werden durch Menschenhandel und Gewalt dazu gezwungen. Oft dürfen sie das Geld, was sie verdienen, auch gar nicht selbst behalten. Das ist definitiv Ausbeutung. Das wäre es aber auch in jedem anderen Beruf. Wenn jemand gezwungen und ausgenutzt wird, dann ist es immer Ausbeutung. Andere Menschen werden durch Armut in die Sexarbeit gezwungen, weil sie keinen anderen Job finden und sonst nicht überleben könnten. Auch das sollte nicht passieren. Hier fehlt es an staatlicher Unterstützung, um solche Notlagen zu verhindern. Es gibt auch Menschen, die von Kriminellen in die Sexarbeit gezwungen werden. Mehr dazu erfährst du in diesem Text.
Es gibt aber auch Sexarbeiter*innen, die ihren Job freiwillig und gern tun. Sie entscheiden selbst, wie und mit wem sie arbeiten möchten. Dann ist das auch keine Ausbeutung. Du siehst also, man kann nicht sagen, dass Sexarbeit automatisch Ausbeutung ist.
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Frage Nr. 35665 von 23.09.2022
Hallo, ich bin auf diese Seite gestossen. Ich m. 26 habe sehr viele Probleme. Ich bin ziemlich krank, hatte mehrere Operationen. Trotzdem geht es mir gesundheitlich nicht wirklich besser. Muss immer wieder zu Spitalterminen und war auch schon in der Klinik. Ich habe dauernd Schmerzen und die Medikamente helfen nicht mehr. Die Ärzte sagen, mehr könne man nicht tun und ich müsse eben lernen damit zu leben. Ich habe Cannabis verlangt, aber sie verweigern es mir. Mich behindert das bei der Arbeit, ich bin total unkonzentriert, kann wegen den Schmerzen nicht schlafen und komme manchmal bis zu einer Stunde zu spät. Habe auch schon eine Kündigung bekommen. War schon mehrmals arbeitslos und beim RAV. Zwischendurch habe ich auch minijobs gemacht, um meine Rechnungen zahlen zu können. Ich möchte arbeiten gehen und irgendetwas aus meinem Leben machen, aber ich schaffe es fast nicht mehr, weil es mir so schlecht geht. Zuhause ist es auch ganz schwierig. Ich hab sogar Morddrohungen bekommen von einer bestimmten Person und es gab mehrere Polizeieinsätze. Es gibt auch immer Reklamationen wegen Ruhestörung. Aber niemand in der Familie interessiert das, alle schauen weg. Auch die Polizei kann nicht wirklich etwas tun zur Deeskalation und es gibt immer wieder Vorfälle und Eskalationen. In meiner Familie hassen mich quasi alle und ich werde ignoriert. Vor allem meine Eltern setzen mich enorm unter Druck. Sie können auch nicht so gut damit umgehen, dass ich schwul bin. Ich habe es auch schon mit Psychotherapie versucht, aber geholfen hat es nicht gross. Da wurde mir gesagt, ich müsse versuchen, Stress zu reduzieren. Ja wie denn, wenn zuhause ständig die Polizei kommen muss und die Cheffin mich anschreit, wenn ich zu spät komme? Ich habe fast keine Freunde mehr, die sind sehr auf Abstand gegangen. Am Wochenende weiss ich oft gar nicht, wie ich mich sinnvoll beschäftigen soll, es hat ja niemand Zeit. Ich fühle mich so unglaublich einsam und alleine. Ich hab kaum noch etwas, das mir Freude macht und ich denke oft an Suizid, weil ich nicht mehr so weiterleben will. Ich brauche einfach Hilfe und weiss nicht wo ich sie bekomme. Ich bin von allem so gelangweilt und habe es satt.
Unsere Antwort
Es gibt Lebenssituationen, in denen man eigentlich gar keine Besserung erwarten kann. Das scheint bei dir gerade der Fall zu sein. Wenn du ständig Schmerzen hast, wirst du dich nicht konzentrieren können. Wenn zu Haus der Stress einfach da ist, wirst du allein den Stress nicht reduzieren können. Das ist eigentlich logisch. Wenn deine Chefin deine Lebenssituation nicht erfassen kann, wird sie deine mangelnde Leistung kritisieren. Das ist auch logisch. Grundsätzlich hast du also recht. Nun stellt sich die Frage, wie du an eine Gruppe von Helfer:innen kommst, die dich beim Ausstieg aus deiner jetzigen Lebenssituation, bei der Stressreduktion und der Verbesserung deiner Schmerzzustände unterstützen. Erste Kraft in dieser Gruppe bist natürlich du. Das ist dir sicher klar. Du musst dich auf die Suche nach Helfer:innen begeben. Auch wenn du jetzt denkst: „das mache ich doch schon die ganze Zeit,“ ändert das nichts daran, dass es deinen Einsatz braucht. Bisher versuchst du, mit unmöglichen Bedingungen fertig zu werden. In einem gewalttätigen Umfeld wird es nicht friedlich. Da hilft Wünschen nicht. Du musst da raus. Mit einem gewalttätigen Umfeld wird man allein nicht fertig. Man braucht Alliierte. In dem gewalttätigen Umfeld kann man Stress nicht reduzieren. Da muss man raus. Du merkst: Es braucht dich! Du darfst nicht aufgeben! Du schreibst, dass du in ärztlicher Behandlung bist. Auch stationäre und ambulante psychische Behandlungen kennst du. Bei der RAV kennst du dich aus. Über die erlebten Polizeieinsätze bist du sicher auch schon in Kontakt mit Opferhilfeberatungsstellen gekommen. Alle diese Stellen könnten Teil deines Helfer:innen-Netzes sein. Dazu könnten noch Sozialdienste im Spital, in einer Klinik oder in deiner Firma Hilfsangebote haben. Such mal unter den dir bekannten Professionellen nach einer vertrauenswürdigen Person. Wer hat schon mal für irgendeines deiner Anliegen Verständnis gezeigt? Mit wem könntest du weitere Schritte planen?
Wenn man andere als Helfer:innen motivieren möchte, lohnt es sich, neben dem eigenen Leiden auch die Änderungswünsche zu beschreiben. Helfer:innen werden ebenso ohnmächtig wie du, wenn sie hören: „Ich bin in einer fatalen Situation und habe schon alles probiert. Nichts hilft.“ Erfolgversprechender ist es, wenn du zwar selbst nicht weiter weisst, aber „unbedingt woanders wohnen“ möchtest. Oder wenn dein Schmerzbehandler erfährt, dass du total unter Stress stehst und darum seine Behandlung gar nicht wirken kann. Vielleicht denkt er dann zusammen mit dir darüber nach, wie du deine Situation ändern kannst, damit der Stress sich senken kann. Oder wenn deine Chefin deinen Stress verstehen kann. Vielleicht sucht sie dann zusammen mit dir einen Weg, statt dich mit ihrer Kritik noch mehr unter Stress zu setzen.
Du kennst die Hilfestellen bereits. Es geht mehr darum, dass du sie nutzt. Dein Psychotherapeut z. B. muss verstehen, dass Stress-Reduktions-Übungen nur nützen, wenn die Lebenssituation das zulässt. Wenn nicht, geht es darum, die Lebenssituation und ihre Änderungsmöglichkeiten zu besprechen und gleichzeitig Stress-Reduktion zu üben.
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